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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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Aus­druck an. Ich war­te­te dar­auf, daß er auf­gab. Hin­ter uns la­gen zahl­rei­che Jah­re, in de­nen ich al­les ge­tan hat­te, was er woll­te, und zwar auf der Stel­le. Ich hat­te mich so­gar im­mer ge­ehrt ge­fühlt, wenn er mir et­was auf­trug. Aber nun war mir das völ­lig egal.
    Ah­med ließ sei­ne Hand mit dem Arm­band­sen­der sin­ken und schal­te­te ihn mit ei­nem Seuf­zen ab.
    Wenn Ah­med wirk­lich mehr auf dem Kas­ten hat­te als Lar­ry, dann soll­te er mir lie­ber Er­klä­run­gen ge­ben statt Be­feh­le.
    „Ah­med, hast du Lar­ry wirk­lich für einen Ir­ren ge­hal­ten, als du zu­hör­test, was er sag­te?“
    „Nein.“
    „Warum tust du dann so, als sei er ver­rückt?“
    Ah­med woll­te mir ei­ne wü­ten­de Ant­wort ge­ben, aber dann hielt er sich zu­rück und sag­te die Wahr­heit. „Die Sa­chen, über die er spricht, sind ge­fähr­lich. Sie kön­nen die größ­ten Schwie­rig­kei­ten her­vor­ru­fen.“
    „Und warum?“ Ich ver­such­te ihn zum Wei­ter­re­den zu brin­gen. Ich woll­te was von den Ge­dan­ken mit­be­kom­men, die in sei­nem Lang­schä­del ab­lie­fen.
    „Weil es so et­was wie ei­ne na­tür­li­che Kampf­an­sa­ge ist, wenn je­mand be­haup­tet, ir­gend­ei­ne Grup­pe wol­le der dei­nen ans Le­der. Wer so was sagt, sucht nach ei­nem Ali­bi, um sich mit sei­nes­glei­chen zu­sam­men­zu­tun und an­de­re um­zu­brin­gen.“
    „Ich ha­be nicht vor, je­man­den um­zu­brin­gen.“
    Ich wur­de plötz­lich wü­tend, wisch­te mir die Fin­ger mit ei­ner Ser­vi­et­te ab und stand auf. Es war viel­leicht nicht Ah­meds Schuld, aber in letz­ter Zeit mach­te mich al­les wü­tend, was er sag­te. „Ich will nur ein paar Tat­sa­chen.“
    Ah­med klopf­te mit ei­ner Ga­bel auf den Tisch.
    „Setz dich hin, Ge­or­ge. Ich glau­be, ich kann es dir er­klä­ren. Da sie per Com­pu­ter aus­ge­sucht wer­den, sind die Leu­te dar­an ge­wöhnt. Freun­de und Nach­barn zu ha­ben, die glei­che In­ter­es­sen und An­sich­ten ver­tre­ten. Über das, was rich­tig ist, sind sie ei­ner Mei­nung. Sie sind nicht dar­an ge­wöhnt zu dif­fe­ren­zie­ren. An­de­re Le­bens­ein­stel­lun­gen sind für sie falsch.“
    Ich stand im­mer noch ne­ben dem Tisch. „Die Fil­me über die Ge­schich­te der De­mo­kra­tie sa­gen aus, daß die Ge­set­ze, die das Recht auf An­ders­ar­tig­keit und das Recht auf In­tim­sphä­re schüt­zen, erst in mo­der­nen Zei­ten ein­ge­führt wur­den. Da­mit es bes­ser und nicht schlech­ter wird.“
    „Wür­dest du bit­te zu­hö­ren? Daß die Din­ge schlech­ter wer­den, ha­be ich nicht ge­sagt. Aus­ge­wähl­te sind glück­li­cher. Noch vor kur­z­em hing man der Idee an, man müs­se al­les ver­mi­schen. Die Leu­te soll­ten zu­sam­men­le­ben und nach au­ßen hin al­le gleich er­schei­nen: Ge­schäfts­leu­te, Künst­ler, Pu­ri­ta­ner, Tän­ze­rin­nen, Schwar­ze und an­de­re eth­ni­sche Grup­pen. Leu­te, von de­nen je­der an­de­re An­sich­ten über das hat, was Ver­gnü­gen macht. Sie wa­ren ein­sam, denn sie muß­ten so tun, als ge­hör­ten sie dem Durch­schnitt an – und leb­ten da­bei in­mit­ten von Leu­ten, die sich nicht ver­stan­den.“
    „In un­se­rer UN-Bru­der­schaft wa­ren wir auch al­le durch­ein­an­der­ge­mischt“, wand­te ich ein. „Wir hat­ten ’ne gu­te Freund­schaft un­ter uns. Es war ei­ne pri­ma Ban­de.“
    Daß ich Wi­der­wor­te gab, war Ah­med neu. Er blick­te einen Mo­ment auf sei­ne Hand, die die Ga­bel hielt, preß­te die Lip­pen auf­ein­an­der und run­zel­te fins­ter sei­ne schwar­zen Brau­en. Dann hol­te er tief Luft und riß sich zu­sam­men. Als er wei­ter­re­de­te, tat er so, als wür­de er zu ei­nem völ­lig Frem­den spre­chen.
    „Ge­or­ge, wie wür­dest du einen schüch­ter­nen Bur­schen nen­nen, der In­ter­es­se an Phi­lo­so­phie und Re­li­gi­on ent­wi­ckelt, be­haup­tet, Je­sus Chris­tus be­fin­de sich in je­dem Men­schen, und dann sagt, al­le Sün­der der Welt hät­ten ei­ne sol­che Sün­den­last auf­ge­türmt, daß die, die jetzt le­ben, so schwer dar­an zu schlep­pen ha­ben, daß sie neu­ro­tisch ge­wor­den sind, des­we­gen nicht mehr um­keh­ren und freund­lich sein kön­nen und zu ei­nem Le­ben in der

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