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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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Ge­or­ge?“
    Das Te­le­fon klin­gel­te. Das Te­le­fon? Mir fiel ein, daß Lar­ry vor­ge­habt hat­te, von der Te­le­fon­zel­le auf der an­de­ren Sei­te des U-Bahn-Tun­nels ei­ne Lei­tung in sein Ver­steck zu zie­hen. Ich hör­te, wie er mit ver­stell­ter Stim­me ant­wor­te­te, be­weg­te den Kopf, öff­ne­te ein Au­ge und be­ob­ach­te­te ihn da­bei, wie er durch ei­ne Alu­mi­ni­um­fo­lie sprach, um den po­li­zei­li­chen Stimm­prü­fern zu ent­ge­hen, die al­le Ge­sprä­che über­wach­ten. „Geht’s dir gut, Ge­or­ge?“
    „Mhm.“ Ich setz­te mich hin, ließ den brül­len­den Schmerz in mei­ner ge­spann­ten Rücken­haut ab­klin­gen (es tat nicht so weh wie ein Son­nen­brand) und stand dann auf. Ei­lig zog ich mir die Ho­sen hoch und schlüpf­te lang­sam und vor­sich­tig in ein Hemd.
    „Klar, al­les in Ord­nung. Mir geht’s gut. Was war denn über­haupt los?“
    „Hast dich wohl mit Wee­ny ge­kloppt. Schät­ze, du hast ver­lo­ren. Hast eben Pech ge­habt. Bist wohl ge­stol­pert, und da ist’s pas­siert.“
    Da er nicht die gan­ze Wahr­heit sag­te und sich des­we­gen schäm­te, sah er weg, um mir nicht in die Au­gen se­hen zu müs­sen. „Tut mir leid. Ich war nicht da, sonst hät­te ich was un­ter­nom­men.“ Der Jun­ge war dün­ner ge­wor­den. Sein Ge­sicht und sein Haar sa­hen schmut­zig aus, denn die schwar­ze Far­be war zer­lau­fen. Er strahl­te Furcht­vi­bra­tio­nen aus. „Streck den Arm aus, Ge­or­ge. Dein Rücken sieht schlimm aus. Du brauchst ein An­ti­bio­ti­kum.“
    Ich streck­te einen Arm durch die Git­ter­stä­be und spür­te, wie die Na­del in ihn ein­drang. „Wel­chen Tag ha­ben wir heu­te, Lar­ry? Wenn es Mitt­woch ist, muß ich mich fein­ma­chen und bei der Ret­tungs­bri­ga­de mel­den.“ Ich hat­te einen ko­mi­schen Ge­schmack im Mund – das kam wohl von mei­nem Blut­kreis­lauf, in dem die grü­nen Tran­qui­li­zer steck­ten. Der Raum wirk­te grö­ßer und wär­mer.
    „Es ist nicht Mitt­woch.“ Lar­ry mus­ter­te mich auf­merk­sam aus halb zu­sam­men­ge­knif­fe­nen, grü­nen Au­gen. Er be­weg­te sich nicht und hat­te die trop­fen­de Sprit­ze noch in der Hand.
    „Es gibt über­haupt kei­nen Mitt­woch – bloß Diens­tag und Don­ners­tag.“
    Das hat­te sei­ne Stim­me schon mal ge­sagt, so oft, daß ich mich nicht er­in­nern konn­te, wie oft. Der Mitt­woch war ver­schwun­den. Wie lus­tig. Ich fing an zu la­chen. Als ich lach­te, ent­spann­te Lar­ry sich. Er be­weg­te sich und lä­chel­te. Dann leg­te er die Sprit­ze weg und gab mir einen Vier­tel­dol­lar. „Nimm, da­mit du aus dem Kä­fig raus­kommst, Ge­or­ge. Wir wer­den in der Stadt noch ein paar große Sa­chen ab­zie­hen, und zwar heu­te. Ich werd’ dich nicht noch ein­mal al­lein hier zu­rück­las­sen. Von jetzt an sind wir Kum­pels. Egal, was ich auch ma­che, du wirst mir da­bei hel­fen.“
     
    Ge­or­ge wur­de seit zehn Ta­gen ver­mißt.
    Ah­med ver­brach­te einen hal­b­en Tag mit den üb­li­chen Auf­ga­ben, die ein Agent der Ret­tungs­bri­ga­de zu er­le­di­gen hat, wenn er Schwie­rig­kei­ten von vorn­her­ein un­ter­bin­den will, und kehr­te dann ins Po­li­zei­prä­si­di­um zu­rück, um sei­ne Diens­te beim Auf­spü­ren der Lar­ry-Ru­ba­schow-Ban­de an­zu­bie­ten. Man hat­te ihn zwar an die Kri­mi­nal­po­li­zei über­stellt, aber wirk­li­che Hil­fe konn­te er noch nicht bie­ten. Er war­te­te dar­auf, daß Ge­or­ge sich von der Ban­de trenn­te. Erst dann woll­te er sie hoch­ge­hen las­sen.
    Aber wie lan­ge soll­te er noch war­ten? Die Ban­de war auf Draht, hat­te ei­ne Men­ge Glück und schlüpf­te durch al­le Net­ze. Sie hat­te ei­ne Rei­he un­er­klär­li­cher Dieb­stäh­le be­gan­gen, und Lar­ry hat­te über­all die Nach­richt hin­ter­las­sen, daß die Kom­mu­nen ihn da­für be­zah­len soll­ten, um sei­nen Schutz ge­gen ir­gend­wel­che Sa­bo­ta­ge­ak­tio­nen zu be­kom­men, Das Glück der Ban­de konn­te man sich nur da­durch er­klä­ren, daß Ge­or­ge sie mit sei­nen ESP-Fä­hig­kei­ten un­ter­stütz­te. Und mit je­dem ver­strei­chen­den Tag wur­de es wahr­schein­li­cher, daß Lar­ry ir­gend et­was bom­bar­die­ren oder ei­ne grö­ße­re Sa­bo­ta­gesa­che

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