Der Esper und die Stadt
stand Ahmed im Eingang, runzelte die Stirn, ließ mich meine Geschichte beenden und wartete ab, bis eine der Schwestern mir stammelnd versicherte, daß ich ein guter Kerl sei und niemand einen guten Menschen dafür verurteilen würde, wenn er etwas Richtiges getan hatte.
Eines der Mädchen küßte mich auf die Stirn. Ein anderes tätschelte meine Hand. Schließlich entdeckte ich Ahmeds Spiegelbild in einem reflektierenden Aluminiumbecher. Ahmed sieht eigentlich ziemlich gut aus, aber als die Mädchen mich anlächelten, verfinsterte sich sein Äußeres noch mehr. Sein glattes, aufrecht wirkendes Gesicht wurde zu einem dunkelroten Ballon; die dichten, schwarzen Augenbrauen schienen seinen Mund zu verdrängen, und seine Lippen waren ein einziger, weißer Strich.
Die Mädchen erkannten erst jetzt, daß dort ein äußerst unfreundlich aussehender Besucher stand, und wandten sich um, damit sie ihn ansehen konnten. Dabei ging eine zur Seite. Ahmeds Blick fiel auf mich.
„Oh … hallo, Ahmed“, sagte ich unbehaglich.
„Sieh dich als Rettungsfall an“, schnauzte Ahmed. Er zog einen Haufen zerknüllter Papiere aus der Tasche und suchte das richtige Formular heraus.
„Hier unterschreiben!“ Er gab den Schein weiter. Die Mädchen reichten ihn mir.
„Wieso bin ich ein Rettungsfall?“ Ich nahm das Formular an mich und sah mich nach etwas zum Schreiben um.
„Du wirst als Rettungsfall behandelt, damit du nicht verhaftet wirst, du Trottel.“ Über eine weitere Schwester ließ Ahmed mir einen Schreibstift zukommen. „Als irgendwas mußt du ja klassifiziert werden, du Eimerschwenker, wenn du nicht willst, daß sie dir eine Gehirnwäsche verpassen.“
Kleinlaut unterschrieb ich.
Ahmed nahm das Formular wieder an sich. „Offiziell stehst du nun als Zeuge gegen Larrys Überfallkommando und Larry Rubaschow, der dich offenbar entführt hat, unter unserem Schutz“, schnappte er. „Der Polizei gegenüber machst du keinerlei Aussagen. Falls sie versuchen sollten, dich zu verhaften, sagst du, daß du bereits in Schutzhaft genommen wurdest, und zeigst ihnen dies.“ Er riß den Durchschlag des von mir unterschriebenen Formularsatzes ab und reichte ihn mir. „Verlier1 es nicht, friß es nicht auf und wisch’ dir unter keinen Umständen den Hintern damit ab. Halt’ es nur griffbereit!“
Er marschierte hinaus. Die Zimmertür fiel ganz sanft ins Schloß, obwohl er sie zuwarf. Wenn man Hospitaltüren zuknallen könnte, würde das die Patienten stören.
„Warum war er denn so wütend?“ fragte eine der hübschen Schwesternschülerinnen.
„Darüber möchte ich nicht gerne sprechen“, sagte ich und starrte hinter ihm her. „Mann, war der wütend!“
Die Schwestern waren gegangen, hatten das Licht ausgemacht, und ich versuchte zu schlafen. Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Ich lag da, versuchte mich zu erinnern, wo ich soviel Gewicht verloren hatte und was in der ganzen Woche geschehen war. Ich erinnerte mich an die Gitterstäbe des Eingangs zur U-Bahn. Es war wie in einem Käfig gewesen. Und dann diese Tür, die nur nach innen aufging und sich nur drehte, wenn man einen Vierteldollar einwarf.
Ich erinnerte mich daran, daß Larry mir keinen Vierteldollar hatte geben wollen. „Unser Eid gilt nicht mehr, George. Deine Zeit ist abgelaufen. Du bist jetzt kein Mitglied unserer Bande mehr. Du bist nur ein fremder Bulle, den wir festgesetzt haben. Solange du nicht mitmachst, bist du keiner von uns.“
Ich hatte tagelang weder etwas gegessen noch getrunken. Auf der anderen Seite der Gitterstäbe betrat Nicholi ihren an meinem Tunnelende liegenden Schlafraum und zog sich aus, um in den Schlafsack zu steigen. Sie war zierlich und niedlich und hatte
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