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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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Da­bei mur­mel­te er: „Hau’ ab, du bist tot. Hau’ ab.“
    Er schau­te auf und sah mich. Er sah ge­nau die Mons­ter­ge­stalt, die er sich aus­ge­malt hat­te, ein großes, form­lo­ses Ding, das ein we­nig ge­bückt da­stand und die Ar­me her­un­ter­bau­meln ließ, wäh­rend sein gel­ber Ar­beits­an­zug mit hell­ro­ten Blut­fle­cken be­deckt war. Blut­ro­te Fuß­ab­drücke zeig­ten den Weg, den ich ge­nom­men hat­te. Ich wirk­te auf ihn wie ein Mons­ter aus ei­nem Co­mic Strip.
    Wee­ny ver­such­te das, was er sah, da­durch un­gül­tig zu ma­chen, in­dem er sei­nen Au­gen ein­fach nicht trau­te. Den­noch ver­ging die Vi­si­on nicht. Es gab hier ge­nü­gend Platz. Wee­ny dach­te dar­an, mich da­durch aus­zu­trick­sen, in­dem er hin­ter ei­ner der drei Säu­len ver­schwand. Ich duck­te mich und ging nach links. Wie­der hin­ter­ließ ich ro­te Fuß­ab­drücke.
    Wee­ny hielt nach ei­ner Mög­lich­keit Aus­schau, rechts an mir vor­bei­zu­kom­men. Mit ei­nem stil­len Ge­läch­ter wand­te ich mich nach rechts, wie er es er­war­tet hat­te. (Wie er es ge­wollt hat­te?)
    Nicht nach­den­ken. Vor Ent­set­zen schlot­ternd jag­te Wee­ny ge­ra­de­wegs durch die Mit­te auf die Frei­heit zu und ver­such­te im letz­ten Mo­ment ei­ne Fin­te. Ich traf ihn mit der Faust ge­nau ge­gen die Schlä­fe.
    Der Mo­ment der Pa­nik war nur kurz ge­we­sen. Der schlak­si­ge, pick­li­ge Jun­ge lag mit ver­dreh­ten Glie­dern – als be­fän­de er sich noch auf dem Sprung – auf dem Bo­den, und sei­ne Po­se drück­te im­mer noch Ent­set­zen aus. Aber er dach­te nicht mehr. In Wee­nys Kopf war al­les dun­kel.
    Ich trat über den leb­lo­sen Kör­per hin­weg und ver­such­te ir­gend­wo hin­zu­ge­hen. Aber wo­hin? Wel­len der Fins­ter­nis hüll­ten mich ein und ver­dun­kel­ten die Um­ge­bung. In mei­nem Mund schmeck­te es stark nach Che­mi­ka­li­en. Es war wie ein bit­te­res Par­füm, wie die­se grü­nen Pil­len. Warum war ich hier? Wo war ich hier über­haupt?
    War ich hier, um je­man­den zu ret­ten? Es war nicht ein­fach, auf den Bei­nen zu blei­ben. Jetzt, wo nie­mand mehr da war, auf den ich mich kon­zen­trie­ren muß­te, und Wee­nys Ge­dan­ken und Ängs­te ver­stummt wa­ren, zeig­te die Über­do­sis des Se­da­ti­vums schließ­lich ih­re Wir­kung. Ver­sa­gen der Atem­re­fle­xe; Aus­set­zen des Her­zens … Mir war kalt, und ich war mü­de. Am liebs­ten hät­te ich mich hin­ge­legt. Der Bo­den er­schi­en mir wie ein Bett, und ein Pa­ket, das da her­um­lag, kam mir wie ein Kis­sen vor. Ich beug­te mich zu ihm hin­ab, und es schrie Ge­fahr ! Konn­te ein Pa­ket ge­fähr­lich sein? Im gan­zen Raum wa­ren Pa­ke­te und Ein­kaufs­beu­tel ver­streut. Sie stan­den an den großen, frei­lie­gen­den Rohr­lei­tun­gen. Ich starr­te sie an, und sie strahl­ten ein we­nig von Wee­nys Er­in­ne­run­gen aus. In all den Pa­ke­ten be­fand sich Spreng­stoff. Und ei­ni­ge der Bom­ben tick­ten.
    Ich tau­mel­te auf einen Alarm­mel­der zu, schlug mit der Faust die Schei­be ein und drück­te den He­bel her­un­ter.
    Ei­ni­ge Stock­wer­ke hö­her flamm­te in der Wach­sta­ti­on ein Mo­ni­tor auf, und ei­ne Alarm­glo­cke fing mit be­harr­li­cher Be­stän­dig­keit an zu läu­ten. Zwei War­tungs­in­ge­nieu­re sa­hen von ih­rem Spiel auf. Auf Schirm 22 blink­te ein ro­tes Licht. Das Bild zeig­te einen Mann in ei­nem stan­dar­di­sier­ten, gel­ben Ar­beits­an­zug, der ge­ra­de den He­bel zog. Wäh­rend sie ihm zu­sa­hen, fiel er um.

 
9
     
    Der Ret­tungs­wa­gen schweb­te zum Not­fall­tor des Hos­pi­tals hin­auf und lie­fer­te ein Op­fer ab, das auf ei­ner Le­bens­er­hal­tungs­bah­re lag. Dann nahm die Mann­schaft ei­ne Er­satz­bah­re an Bord und mach­te sich auf den Weg, um ei­nem an­de­ren Not­ruf nach­zu­ge­hen. Das Op­fer wur­de in den Wie­der­be­le­bungs­raum ge­bracht, wo man mit Hil­fe ei­ner Bal­lon­wes­te die Luft aus dem Ober­kör­per drück­te und mit­tels ei­ner Sau­er­stoff­mas­ke Fri­schluft zu­führ­te. Ein elek­tri­scher Schritt­ma­cher brach­te das Herz wie­der zum Schla­gen. Die Kran­ken­haus­tech­ni­ker ban­da­gier­ten ei­ne blu­ten­de Wun­de, be­gan­nen mit ei­ner

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