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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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ster­ben. “
    Ob­wohl die Stim­me sehr ge­dämpft war, konn­te sie an­hand ih­rer ju­gend­li­chen Ton­la­ge und der in­tel­li­gen­ten Wort­wahl als die Lar­ry Ru­ba­schows iden­ti­fi­ziert wer­den. Die Ret­tungs­bri­ga­de rief Ah­med an, weck­te ihn auf, und er hör­te sich die Ton­band­auf­zeich­nun­gen an. An­schlie­ßend er­klang die Stim­me ei­nes Po­li­zis­ten, der Ah­med in­for­mier­te, daß ein Po­li­zei­hub­schrau­ber das er­wähn­te Ge­biet mit ei­nem In­fras­can­ner ab­ge­sucht, nach mensch­li­cher Kör­per­tem­pe­ra­tur Aus­schau ge­hal­ten und nichts als grö­ße­re Ka­nin­chen auf­ge­spürt ha­be. Dar­auf­hin sei er zu­rück­ge­kehrt. Man war zu dem Er­geb­nis ge­kom­men, daß der An­ruf Lar­rys nur ei­ner sei­ner Tricks sein kön­ne.
    Ah­med häng­te ein und dach­te nach. Lar­ry hat­te Ver­gnü­gen dar­an ge­habt, sich mit Ge­or­ge zu un­ter­hal­ten. Er wür­de wol­len, daß Ge­or­ge wei­ter­leb­te. Ein Bar­bi­tu­rat-Ko­ma war ei­ne har­te Sa­che. Wenn Ge­or­ge sich der Ban­de ent­ge­gen­ge­stellt hat­te, hat­ten sie ihn viel­leicht mit ei­nem Schlaf­mit­tel au­ßer Ge­fecht ge­setzt.
    Ah­med stieg mit ei­nem Po­li­zei­hub­schrau­ber auf und such­te sich – im­mer noch halb im Schlaf – einen Weg in je­ne fins­te­ren Zo­nen, die ei­ne Fa­ckel nicht zu durch­drin­gen ver­moch­te. Er schlug sich blind­lings durch ein bis zu sei­nen Schul­tern rei­chen­des, ver­filz­tes Dickicht aus um­ge­stürz­ten Bäu­men und wu­chern­den Schling­pflan­zen. Von der sich über ihm auf­tür­men­den Klip­pe fie­len Erd­bröck­chen auf ihn her­ab und be­schmutz­ten sein Haar. Ir­gend et­was war da ge­fal­len.
    Er bück­te sich, um einen lan­gen, eben­mä­ßi­gen Ge­gen­stand zu un­ter­su­chen, schlug mit dem Ge­sicht ge­gen einen Ast, er­tas­te­te mit den Hän­den einen glat­ten Stamm, ließ den Strahl sei­ner Ta­schen­lam­pe auf ein Ge­wirr von Zwei­gen fal­len, und als er die Hand da­nach aus­streck­te, fing sein Arm­band­sen­der an zu sum­men.
    Es be­rei­te­te Ah­med ei­ni­ge Schwie­rig­kei­ten, die Hand ans Ohr zu pres­sen, oh­ne daß ihm die Zwei­ge ins Ge­sicht schlu­gen.
    „Ah­med Kos­va­ka­tats“, mur­mel­te er als Ant­wort auf den An­ruf.
    „Be­richt von der Hos­pi­tal­lei­tung“, sag­te ei­ne gut­ge­laun­te, aber un­per­sön­li­che Stim­me. „Der Com­pu­ter für Fra­gen der all­ge­mei­nen Sta­tis­tik hing zwei Stun­den an ei­ner Dop­pe­li­den­ti­tät fest. Er spuck­te zwei Na­men und zwei Le­bens­läu­fe ei­nes DOA aus, der in ei­nem Ret­tungs­ein­satz zum Ge­ne­ral­hos­pi­tal an der 165. Stra­ße ge­bracht wur­de. Bei­de ha­ben Ge­or­ge San­fords Fin­ger­ab­drücke. Kei­nen Puls. Er ist in der Wie­der­be­le­bung.“
    Ein paar pa­ni­sche Mi­nu­ten spä­ter brach­te Ah­med den Po­li­zei­hub­schrau­ber da­zu, auf der Platt­form des Hos­pi­tal­da­ches ei­ne har­te Lan­dung zu bau­en. Bei den Sta­ti­ons­schwes­tern er­kun­dig­te er sich nach der Rich­tung, die er neh­men muß­te, igno­rier­te ih­re über­rasch­ten Bli­cke auf sei­ne zer­ris­se­nen und ver­dreck­ten Klei­der und er­schi­en im Ein­gang mei­nes Kran­ken­zim­mers.
    Ich war drin­nen, saß im Bett, war wie­der ener­gie­ge­la­den und sau­ber, fühl­te mich ge­sund und hielt Händ­chen mit ei­ner hüb­schen Schwes­ter. Des wei­te­ren wa­ren noch zwei gut­aus­se­hen­de Schwes­tern­schü­le­rin­nen und ei­ne Me­di­zin stu­die­ren­de Prak­ti­kan­tin an­we­send, die ich ernst­haft frag­te, was sie von Recht und Un­recht hiel­ten, warum es so wich­tig sei, sich dar­über im kla­ren zu sein, und er­zähl­te ih­nen mei­ne Aben­teu­er.
    Die Schwes­tern stan­den zwi­schen mir und der Tür, des­we­gen blo­ckier­ten sie mei­ne Sicht. Aber schließ­lich er­faß­te ich, daß da je­mand war, des­sen Er­in­ne­run­gen von fie­ber­haf­tem Su­chen und großer Angst spra­chen: ein Mann, der mit den Ner­ven her­un­ter und über­mü­det war. Er be­fand sich ganz in der Nä­he, und sei­ne ängst­li­chen Vi­bra­tio­nen ver­än­der­ten sich zu ei­nem war­men Fluß aus Er­leich­te­rung und Zorn. Un­sicht­bar – aber zu­hö­rend –

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