Der Esper und die Stadt
Gelächter. Sie haben das ganze Bildungssystem in der Hand, bringen den Kindern bei, daß sie stillzusitzen haben, mit Symbolen arbeiten sollen und nicht miteinander reden dürfen – wie Autisten. Für gesunde Menschen gibt es heutzutage keinen Job mehr. Man muß mit Maschinen arbeiten, still an einem Schreibtisch sitzen und darf mit niemandem reden, außer per Telefon. Man redet mit Maschinen und geht allein nach Hause, wie ein Autist, wie sie alle. Man sitzt allein oder mit anderen herum, redet nicht, schaltet eine Maschine ein und sieht sich imaginäre Menschen an. Werde Mitglied in der Anachron-Kommune – lebe in einer imaginären Welt! Irre!“
„Aber so sieht die Zivilisation nun mal aus“, sagte Ahmed. „Ich muß sie doch nicht etwa bekämpfen, oder? Niemand da, der gerettet werden muß?“
„Niemand“, murmelte ich. „Alle.“
„Er hat doch wohl nicht gesagt, daß die Technokraten-Partei einen Spezialplan hat, um uns Untermenschen noch alle in dieser Woche auszulöschen, oder?“
„Nein.“
„Dann gibt es auch keine gewaltsame, ungesetzliche Verschwörung, die seinen gewaltsamen Sabotageakt rechtfertigen würde. Wenn die Autisten uns dadurch hinters Licht führen, indem sie uns faul gemacht haben, sind wir selbst daran schuld, wenn wir uns wie Einfaltspinsel vorkommen.“
Sein Tonfall wurde schärfer. „Wie sahen Larrys Pläne aus?“
Langsam nahm ich Larrys Stimmung auf. Er versuchte einer gefühllosen, geknebelten Person etwas beizubringen. Das Fühlen. Das Verstehen von Gefühlen. „Er hat nicht gesagt, was er tun will, Ahmed. Er sagte, daß Katastrophen gut sind, weil sie die Leute aus ihrem Dämmerschlaf wecken. Die Leute sterben nur dann, wenn sie bereits tot und zu steif zum Wegrennen sind. Er bringt jemandem was über Dichtung bei. Ich weiß nicht, wo.“
„Ich glaube, ich verstehe ihn besser als du, George. Ich wette, er hat einen Anschlag auf den Zentralcomputer vor. Ich habe der Kriminalpolizei gerade von meiner Vermutung erzählt. Ich habe es getan, als hätte ich einen Tip von jemandem bekommen, der es wissen muß. Könnte er noch einmal in das Gebäude reinkommen?“
„Ja.“ Ich hatte plötzlich eine klare Erinnerung. Ich sah mich, wie ich für Larry und seine Bande einen Plan zeichnete. Und die Alarmanlagen. „Ja. Er kann da rein.“
„Was hat er vor?“
Diesmal war es leicht, mich auf Larry einzustimmen. Ich fing dieses warme, zufriedene Gefühl auf. „Er ist schon drin. Du hast recht. Er glaubt, die Anlage wüßte alles und könnte ihm helfen – als wäre sie ein Mensch. Die gleichen Gefühle hat er in bezug auf mich. Er glaubt, daß die Techniker vorsätzlich dafür gesorgt haben, daß die Anlage nicht sprechen kann wie ein Mensch, damit sie weiter in ihrer verrückten und abstrakten Sprache reden können, die keine Gefühle hat. Er schafft eine Kreuzverbindung zwischen den literarischen und übersetzerischen Dienstleistungssystemen und der sozial-wissenschaftlichen Datenbank und bittet den Computer, ihm in verständlicher Sprache zu erklären, warum er die Gesellschaft haßt und was er in Wirklichkeit will. Und er soll in Gedichtform antworten!“
„Ich rechne mit einer Explosion! Ist Larry bewaffnet? Hat er ein Schießeisen?“
„Er hat eins. Und er kann das Gebäude dazu bewegen, auf seiner Seite zu kämpfen, Ahmed.“ Ich stimmte mich kurz auf den Geistesinhalt der Konstrukteure ein, die das Sicherheitssystem des Gebäudes entworfen hatten, um meine Erinnerung an das, was ich Larry erzählt hatte, aufzufrischen. Dann erklärte ich Ahmed, daß das Gebäude Sicherheitstüren hatte und mit Eisenrolläden ausgerüstet war, um gegen Aufruhr, Bomben und Großbrände gefeit
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