Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
Vom Netzwerk:
ir­gend­ei­ner Frau. Die Kraft der Te­le­pa­thie wird von Ge­füh­len und Be­dürf­nis­sen an­ge­trie­ben, und die Frau dort oben hat­te von bei­dem ge­nug. Aber kei­ner hät­te das mit mir an­stel­len kön­nen, wenn ich nicht so­wie­so hät­te hel­fen wol­len. Kei­ner.
    Von oben kam das me­lo­di­öse Ge­räusch ei­nes Zwei­klang­horns und wur­de im­mer lau­ter. Vor der Tür ver­stumm­te es. Je­mand häm­mer­te laut ge­gen die Tür. Ich fühl­te mich ganz gut, aber mir war im­mer noch schwin­de­lig, und ich hat­te Angst, mich zu be­we­gen.
    „Komm rein“, krächz­te ich. Die Leu­te rap­pel­ten an der Klin­ke. Ich stand auf und ließ sie her­ein. Dann stütz­te ich mich auf die Rück­leh­ne ei­nes Stuhls.
    Kran­ken­pfle­ger von der Ret­tungs­bri­ga­de in Blau und Weiß. „Sind Sie der Kran­ke?“
    „Nein, die Frau oben.“ Ich deu­te­te nach oben, und sie eil­ten mit ih­rer Aus­rüs­tung und ei­ner Trag­bah­re die Trep­pen­stu­fen hin­auf.
    Ob­wohl sie jetzt kei­nen Durst mehr litt und sie kein Be­dürf­nis mehr hat­te, ih­ren Geist auf ho­hen Tou­ren lau­fen zu las­sen, wa­ren wir im­mer noch ir­gend­wie mit­ein­an­der ver­bun­den, denn ich spür­te, wie die Spit­ze ei­ner Na­del in mei­ne Hüf­te drang. Das Ge­fühl der Schumm­rig­keit und Angst lös­te sich auf, die Welt nahm wie­der ih­re alt­be­kann­ten For­men an, und die Kü­che ver­lor die Ähn­lich­keit mit ei­ner staub­be­deck­ten Dach­kam­mer. Sie war jetzt nur noch ei­ne sau­be­re Kü­che, und der Son­nen­schein der gan­zen Welt drang durch das Fens­ter.
    Ich hol­te tief Luft, reck­te mich und spür­te, daß mei­ne Arm- und Bein­mus­keln wie­der Kraft ge­wan­nen. Ich ging in den zwei­ten Stock hin­auf und hielt die Lei­ter fest, als die Män­ner von der Ret­tungs­bri­ga­de den be­sin­nungs­lo­sen Kör­per ei­ner jun­gen Frau aus der Dach­kam­mer bar­gen.
    Sie hat­te lo­cki­ges Haar, ein schmut­zi­ges Ge­sicht und ma­ge­re Ar­me und Bei­ne. In der Mit­te war sie auf­ge­bläht wie ein schwan­ge­rer Kür­bis.
    Ich sah zu, wie der blau­wei­ße He­li­ko­pter der Ret­tungs­bri­ga­de sie weg­brach­te.
    „Willst du mit­kom­men und zu­se­hen, wie ich mei­nen Be­richt schrei­be?“ frag­te Ah­med.
    Als wir die Kü­che ver­lie­ßen, hielt ich nach der Tü­te mit den tür­ki­schen Ho­nig­bröt­chen Aus­schau, aber sie war weg. Ich muß­te sie ir­gend­wo ver­lo­ren ha­ben.
    Wir gin­gen ein paar Blocks wei­ter nach Sü­den und dann in das nächs­te Po­li­zei­re­vier. Ah­med setz­te sich hin­ter einen un­be­nutz­ten Schreib­tisch, um sei­ne For­mu­la­re aus­zu­fül­len. Im War­te­zim­mer fand ich einen Sta­pel Co­mic-Hef­te und nahm mir das Heft, auf des­sen Um­schlag am meis­ten los war. Mei­ne Hän­de zit­ter­ten ein biß­chen, aber ich war glück­lich und kam mir rich­tig wich­tig vor.
    Ah­med füll­te den Kopf des For­mu­lars aus, schrieb ein paar Zei­len und schal­te­te dann den Kal­ku­la­tor ein, der zu dem Schreib­tisch ge­hör­te. Er hielt in­ne, starr­te ein paar Lö­cher in die Luft, sah mich an und schrieb dann wei­ter. Er sah mich al­le paar Se­kun­den an, und ich frag­te mich, was er da über mich schrieb. Ich woll­te, daß er gu­te Sa­chen über mich schrieb, da­mit die Bos­se von der Ret­tungs­bri­ga­de es la­sen und mich ein­stell­ten.
    „Ich hab ’n gu­ten Rie­cher, was, Ah­med?“
    „Ja.“ Er schrieb et­was in einen Kas­ten, las die Er­klä­run­gen zur nächs­ten Fra­ge, kau­te am En­de sei­nes Schrei­bers her­um und starr­te an die De­cke.
    „Würd’ ich nicht einen gu­ten Auf­spü­rer ab­ge­ben?“ frag­te ich.
    „Wel­che No­te hast du in Va­ri­an­z­ana­ly­se auf der High School ge­kriegt?“
    „Hab’ ich nie ge­habt. Ich bin wahr­schein­lich auch in Al­ge­bra durch­ge­fal­len; schon in der Sechs B …“
    „Die Ret­tungs­bri­ga­de ver­langt, daß man For­mu­la­re aus­fül­len kann, die auch die Sta­tis­tik-Com­pu­ter le­sen kön­nen. Schau mal …“ Ich beug­te mich rü­ber, und er zeig­te mir ein Käst­chen, in das er al­ler­lei Zah­len und ein ko­mi­sches Zei­chen ge­schrie­ben hat­te, das aus­sah wie ein um­ge­fal­le­nes D. „Kannst du das le­sen, Ge­or­ge?“
    „Was

Weitere Kostenlose Bücher