Der Esper und die Stadt
warum die Dinge sich ereignen, aber solange jeder einen guten Bericht über sie schreibt – mit einer lesbaren Statistik –, können wir die Maschinen damit füttern, und die sagen uns dann ganz genau, was passiert. Und damit können wir arbeiten, weil wir dann Fakten haben – und das ist die reale Welt. Ich weiß, daß du Leute aufspüren kannst. Aber deine Gründe interessieren niemanden. Wissenschaftliche Theorien darüber interessieren auch keinen!“
Er war ganz rot im Gesicht und brüllte, als hätte ich was gegen seine Religion oder so was gesagt. „Ich wünschte, wir könnten ein paar Theorien über manches kriegen. Aber wenn die Statistik sagt, daß irgendwo etwas Komisches passiert und das gleiche komische Ding dann anderswo geschieht, dann müssen wir nicht rauskriegen, wie diese Sachen zusammenhängen. Wir dürfen dann nichts anderes tun, als auf die zweite Sache vorbereitet sein, nachdem die erste passiert ist. Klar?“
Ich hatte keine Ahnung, wovon er redete. Zwar hatten auch die Lehrer solche Sachen zu mir gesagt, aber Ahmed schien die Sache so an die Nieren zu gehen, daß er sie auch noch laut herausschreien mußte. Und dabei war er mein Freund.
„Ahmed“, sagte ich, „Würde ich nicht ein guter Aufspürer sein?“
„Du würdest sogar ein großartiger Aufspürer sein, du Depp!“ Er warf einen Blick auf seinen Bericht. „Wahrscheinlich sogar der beste, den wir je hatten! Aber du kannst nicht zur Rettungsbrigade. Die Vorschriften verlangen nämlich, daß man anstelle von Stroh ein Gehirn im Schädel haben muß. Ich helfe dir, anderswo einen Job zu finden. Bleib’ in der Nähe. Sobald ich mit dem Bericht fertig bin, leihe ich dir fünfzig Mäuse. Lies irgendwas.“
Ich kam mir klein und häßlich vor, aber ich mußte mich zusammennehmen, denn dies war meine letzte Chance, einen richtigen Job zu kriegen. Und außerdem war an dem, was ich zu tun versuchte, etwas Richtiges. Die Rettungsbrigade brauchte mich. Und auch die verlorengegangenen Leute würden mich brauchen.
„Ahmed“, sagte ich und versuchte mich klar auszudrücken, „ich sollte in deiner Abteilung sein. Du müßtest doch einen Weg finden, um mich da reinzukriegen.“
Es ist nicht einfach zu erkennen, wenn ein starker und selbstbewußter Bursche eine Veränderung durchmacht. Im allgemeinen weiß Ahmed, was er tut. Er fragt sich nie etwas. Er starrte auf seinen Bericht, hielt die Luft an und dachte angestrengt nach. Dann stand er auf, verließ den Schreibtisch und schritt auf und ab. „Was, zum Teufel, ist mit mir los? Bei mir ist ’ne Schraube locker. Die Schreibtischarbeit verschafft mir noch ’ne matschige Birne.“ Er schnappte sich den auf dem Schreibtisch liegenden Bericht. „Na, komm. Attacke auf die Vorschriften. Jetzt geht's gegen das Rathaus.“
„Wir können Ihren Freund nicht einstellen.“ Der Chef der Rettungsbrigade schüttelte den Kopf. „Er würde die Prüfungen nicht bestehen. Sie haben’s selbst gesagt.“
„Die Vorschriften verlangen, daß George eine schriftliche Prüfung ablegt.“ Ahmed beugte sich über den Schreibtisch und begleitete jedes Wort mit einem festen Hieb auf dessen Oberfläche. „Die Vorschriften sind aber einen Dreck wert; sie wurden von unfähigen Bürokraten erlassen, die verhindern wollen, daß niemand einen Job bekommt, der nicht genauso verkalkt ist wie sie! Vorschriften sind eine Waffe, die man immer dann einsetzt, wenn man es mit Leuten zu tun hat, die man nicht kennt und um die man sich einen Dreck schert. George kennen wir aber – und wir wissen, daß wir ihn haben wollen. Wie also können wir die Prüfer beschummeln?“
Der Chef streckte abwehrend eine Hand aus. „Immer langsam, Ahmed! Ich schätze Enthusiasmus, aber vielleicht können wir George auf legalem
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