Der Esper und die Stadt
wahnsinnigen Geheule, dann rumste und krachte es. Ein paar Leute steckten die Köpfe aus dem Fenster, um rauszukriegen, wo das Geschrei herkam.
Das Gepolter verstummte. Die kreischend hervorgestoßenen Obszönitäten und Flüche aus dem Inneren der Wohnung wurden nach und nach leiser, bis die beiden Polizisten einen sich wehrenden Wahnsinnigen auf die Straße zerrten. Fußgänger hielten an, um zuzusehen.
„Diese Ausdrücke“, sagte eine Frau, die sich aus dem Fenster der Wohnung über mir beugte. „Warum geben sie ihm denn kein Beruhigungsmittel?“
Die Polizisten versuchten geduldig, seine Arme in die Stellung zu kriegen, die es ihnen ermöglichte, ihm Handschellen anzulegen. Der Bursche trat um sich, biß und fluchte.
„Verstehe das Böse“, hatte der Guru mir erzählt. Ich stützte mich ab und stimmte mich in die Flüche und das Zähnefletschen ein. Es war eine Überraschung, aber was für eine. Der Irre hatte einen ungeheuren Spaß. Er brauchte sich nun nicht mehr zu verstellen und vorzugeben, normal zu sein. Er war ganz entspannt, ließ alles raus, ließ es hochgehen. Gegen die Polizisten ankämpfend, was ihm ziemliche Mühe machte, wurde er langsam vom Gebäude weg in den Hubschrauber gezogen. Er erfreute sich an dem Kampf, sein Geheule war für ihn ein Kriegsschrei.
„Gebt ihm ein Beruhigungsmittel“, rief die Frau nach unten.
„Das haben wir schon“, erwiderte einer der Polizisten über den Lärm hinweg. „Vielleicht benimmt er sich immer so, wenn er einen Tranquilizer kriegt.“
Plötzlich hörte das wütende Schreien auf. Das Beruhigungsmittel zeigte Wirkung. Sie hievten den passiven Mann in den Kopter, wie einen Invaliden. Ich ging auf sie zu. „Ich habe gerufen. Ich soll mitkommen.“
„In Ordnung, steig ein.“ Sie machten Platz für mich. Auf einem Sitz in der Nähe, den man aufgeblasen und festgezurrt hatte, summte der Irre während des Starts vor sich hin.
Der Hubschrauber trug uns über den Hudson River, damit wir nicht in die Luftlöcher der Auf- und Abwinde über dem Gebäude kamen, und wir kreuzten über dem grünen Parkstreifen des Ufers, während der Irre vor sich hin summte, den Ausblick genoß und die Helikopterpolizisten über Funk neue Anweisungen bekamen.
Wir wurden langsamer und schwebten über einer Ansammlung brauner Ziegeltürme, wo wir auf einen Dachlandeplatz runtergingen, auf dessen Boden N OTAMBULANZ -E INGANG stand. Der Hubschrauber setzte auf und stand; ein beweglicher Teil des Daches zog ihn seitwärts auf eine Aufzugsplattform zu, die nach unten glitt und uns ins Herz der Neurologisch-Psychiatrischen Abteilung der Klinik brachte. Geschäftige Männer in weißen und grünen Kitteln nahmen den Patienten mit; die Rezeption nahm seine Brieftasche und den Bericht der Polizisten entgegen. Man bat mich, meinen Namen zu buchstabieren, und trug ihn in die Spalte ein, in der „Eingewiesen von“ stand. Dann brauchte man mich nicht mehr. Ich sah einen Lift, an dem B ESUCHER -E XPRESS - AUFZUG P ARTERRE -A USGANG stand.
Beschäftigte Leute eilten vorbei, drückten mich beiseite und rollten überall dort fahrbare Betten vorbei, wo ich mich hinstellen und zusehen wollte. Ich nahm den Expreßaufzug zum Parterre und war neidisch auf die Ärzte. Die Jobs, die sie hatten, schienen wichtig und arbeitsreich zu sein.
Ich stand gerade in der Eingangshalle der untersten Etage, als mir einfiel, daß Chief Judd Oslow angeordnet hatte, ich sollte mich in Zimmer 106 bei einer Sekretärin melden, um die Formulare auszufüllen. Es ging mir gegen den Strich, Formulare auszufüllen. Es war beinahe acht Uhr morgens. Ich ging ernst durch einen Korridor, bis ich Zimmer 106 fand und hineingehen wollte. Die Tür war zu. Als
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