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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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ran­gen fünf auf­ge­kratz­te Män­ner mit ei­nem sechs­ten und ent­waff­ne­ten ihn. Sie kämpf­ten mit frei­em Ober­kör­per, wa­ren braun­ge­brannt und mus­ku­lös und hat­ten Mes­ser an den Gür­teln, die in Schei­den steck­ten. Der sechs­te Mann war brei­ter und stär­ker ge­baut als sie und hat­te ein grob­flä­chi­ges Ge­sicht.
    Auf der an­de­ren Sei­te des Raums saß Ah­med hin­ter ei­nem klei­nen Tisch, mit dem Rücken zur Wand. Er sah sich den Kampf aus­drucks­los an. Sei­ne dunklen Au­gen ver­eng­ten sich; sein Ge­sicht war schmut­zig und un­ra­siert. Auf sei­nem Kinn fing ein schwar­zer Bart an zu sprie­ßen und teil­te sein Ge­sicht in zwei Hälf­ten. Er sah groß, ma­ger, mü­de und häß­lich aus.
    Es ver­setz­te mir einen Schlag, ihn so häß­lich zu se­hen. Ir­gend­was muß­te mit ihm nicht stim­men. Ich sah nach, ob er Hand­schel­len trug oder dort, wo er saß, fest­ge­bun­den war, aber der klei­ne Kar­ten­tisch reich­te über sei­nen Schoß, und au­ßer­dem stand mir ein an­de­rer im Weg. Ich konn­te sei­ne Bei­ne nicht se­hen. Sei­ne Hän­de ver­teil­ten lang­sam Sand auf der Tisch­plat­te. Er schüt­tel­te den Tisch. Der Sand be­gann zu Mus­tern zu zer­flie­ßen. Of­fen­sicht­lich hat­te er ih­nen aus dem Sand nach der Ror­schach-Me­tho­de die Zu­kunft ge­weis­sagt. Ich hat­te das in sei­nem Po­li­zei­buch über ge­plan­te Ver­hör­me­tho­den ge­se­hen.
    In­zwi­schen war es den Kämp­fen­den ge­lun­gen dem sich weh­ren­den Mann ei­ne be­mer­kens­wer­te An­samm­lung von Klein­la­sern und an­de­ren töd­li­chen klei­nen Ge­gen­stän­de ab­zu­neh­men. Sie nann­ten ihn Se­lim und re­de­ten grin­send und spöt­tisch auf ihn ein.
    Se­lim hör­te nun mit der Ge­gen­wehr auf und sprach Ara­bisch. Er ver­such­te die an­de­ren da­zu zu über­re­den, Ah­med um­zu­brin­gen. Ich ver­stand zwar kein Ara­bisch, aber sei­ne Ges­ten wa­ren mir klar.
    Ah­med sag­te: „Nur wer schul­dig ist, hat Angst vor Zeu­gen.“
    „Lüg­ner!“ Se­lim, der jetzt wie­der Eng­lisch sprach, knurr­te die an­de­ren an. „Kin­der und Frau­en – und jetzt auch noch die Nar­ren – glau­ben sei­nen Lü­gen. Er gibt nur vor, ein Wahr­sa­ger zu sein, weil er sei­nen Tod auf­schie­ben will. Das ist al­les. Wir hät­ten ihn schon um­brin­gen sol­len, als wir ihn beim Spio­nie­ren er­wi­sch­ten.“
    Ei­ner sei­ner Freun­de zuck­te die Ach­seln, die an­de­ren lach­ten. „Aber His­ham will auch noch et­was über sei­ne Zu­kunft wis­sen, wenn er zu­rück­kommt. Wenn die Frau­en und Kin­der ihm er­zäh­len, daß wir einen Wahr­sa­ger um­ge­bracht ha­ben, wird er an­neh­men daß wir ir­gend­wel­che Ge­heim­nis­se vor ihm ver­ber­gen.“
    Die an­de­ren lach­ten wie­der, dies­mal aber ner­vö­ser. Na­tür­lich ver­bar­gen sie al­le ir­gend­wel­che Ge­heim­nis­se.
    Ei­nem rief Se­lim zu: „Ich be­feh­le es dir!“ Dann zeig­te er auf Ah­med und wie­der­hol­te sei­ne Wor­te auf ara­bisch. Der jun­ge Krie­ger, den er zu kom­man­die­ren ver­such­te, setz­te sich auf einen Kaf­fee­tisch und bot ihm ein kur­z­es Mes­ser an, was be­deu­te­te, Se­lim sol­le es sel­ber tun. Plötz­lich nahm Se­lim das Mes­ser und dreh­te sich zu Ah­med um.
    Die an­de­ren lach­ten und setz­ten sich hin, um zu­zu­se­hen.
    Ich warf einen Blick auf Ah­med. Sei­ne Hän­de schweb­ten leicht über der Tisch­plat­te, aber er saß im­mer noch da. War er ir­gend­wo an­ge­bun­den oder frei? Konn­te er mir ge­gen die Leu­te hel­fen?
    Ich stemm­te mich ge­gen die Sperr­holzwand und sah, daß sie sich wölb­te. Der Licht­schein nahm zu, ich be­kam einen bes­se­ren Über­blick. Der schwer­fäl­li­ge Se­lim ging dro­hend auf Ah­med zu und bahn­te sich ei­ne Gas­se durch die ver­streu­ten Bän­ke und Kaf­fee­ti­sche, auf de­nen noch Tas­sen, Kar­ten und an­de­re Spie­le la­gen. Kurz vor Ah­med blieb er ste­hen, duck­te sich, als wol­le er an­grei­fen, und mach­te dann ei­ne krei­sen­de Be­we­gung nach links. Ah­med blieb sit­zen. Ich sah, daß er an­ge­bun­den war. Sei­ne Hän­de hin­gen in der Schwe­be und wa­ren vor­be­rei­tet. Er brauch­te nur et­was Sand zu pa­cken und in die Au­gen des An­grei­fers zu

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