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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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Kin­der viel­leicht zu Hau­se und aßen zu Mit­tag. Au­ßer­dem lief dann ei­ne Fern­seh­se­rie – La­wrence von Ara­bi­en –, die sie sich mög­li­cher­wei­se an­se­hen woll­ten. Und wenn sie es nicht woll­ten, wür­den viel­leicht ih­re El­tern dar­auf be­ste­hen, daß sie es sich an­sa­hen. Na­tür­lich wür­den die Ara­ber ger­ne ei­ne Se­rie se­hen, die ihr Volk glo­ri­fi­zier­te.
    Um ein Uhr stieg ich vol­ler Zu­ver­sicht in das Loch hin­ab. Es war leer. Ich brach­te den Ab­fluß­ka­nal schnell hin­ter mich. Ob­wohl er jetzt viel klei­ner wirk­te, war er sau­ber und glänz­te, weil man ihn so oft be­nutzt hat­te. Ich eil­te laut­los durch die Kel­ler­räu­me und sah vie­le Ecken, die mir be­kannt vor­ka­men. Al­les war jetzt viel sau­be­rer und we­ni­ger stau­big. Of­fen­bar hiel­ten sich nun mehr Leu­te hier auf als frü­her. Die ara­bi­schen Kin­der hat­ten einen Kel­ler wie­der in Ord­nung ge­bracht, sei­ne De­cke mit Bal­ken ab­ge­stützt und den Raum mit Lam­pen ver­se­hen. Muß­te wohl ihr Ge­heim­ver­steck sein. An den Wän­den hin­gen Flag­gen und ein Krumm­schwert.
    Viel­leicht hat­ten sie am Ein­gang so­gar ei­ne Alarm­an­la­ge auf­ge­stellt, die sie warn­te, wenn je­mand hier ein­drang. Ich peil­te um die Ecke und such­te nach ei­ner al­ten Ge­heim­tür, die sie viel­leicht noch nicht ge­fun­den hat­ten, aber dann kam die gan­ze Kin­der­ban­de auch schon auf mich zu­ge­rannt. Sie wa­ren bar­fuß, hat­ten aber Knüp­pel, Mes­ser und Stei­ne bei sich.
    Sie schri­en und blie­ben ste­hen. Ich schrie und ging wei­ter, weil die Bie­gung des nächs­ten Tun­nels vor mir lag. Ein paar von ih­ren An­füh­rern ka­men auf mich zu und um­zin­gel­ten mich. Ei­ner von ih­nen schlug mir mit ei­nem schmut­zi­gen Knüp­pel, in dem ein Na­gel steck­te, auf die Schul­ter. Ich war mir nie­mals si­cher ge­we­sen, aber nun fiel mir ein, daß ich der Jun­ge ge­we­sen war, den sie da­mals ge­schnappt hat­ten. Bei ei­ner Sa­che, die übel aus­geht, ver­ges­se ich im­mer sehr schnell, wel­che Rol­le ich ge­spielt ha­be, weil ich auch die Ge­füh­le der an­de­ren spü­re und lie­ber bei den Sie­gern bin. Als die Ara­b­er­kin­der mich schnapp­ten, war ich acht Jah­re alt. Ich hat­te zwar mei­ne Au­gen schüt­zen kön­nen, aber mei­ne Na­se er­in­ner­te sich noch ge­nau dar­an, wie es ist, wenn sie ein­ge­schla­gen wird. Und eben­so wuß­ten mei­ne an­de­ren Kör­per­tei­le, daß man sie grün und blau ge­schla­gen hat­te. Die­se Er­in­ne­rung war ei­ne schmerz­haf­te Sa­che. Ich ge­riet der­ma­ßen in Pa­nik, daß ich plötz­lich wie­der die glei­chen Kin­der auf mich zu­ren­nen sah. Die Welt ge­riet ins Schwan­ken. Ich pack­te mir den Jun­gen, der mich mit dem Knüp­pel ge­trof­fen hat­te und warf ihn ge­gen die an­de­ren. Sie fie­len um wie Ke­gel­fi­gu­ren. Dann zog ich den Knüp­pel mit dem Na­gel aus mei­ner Schul­ter. Der Na­gel war ros­tig.
    „Ver­rück­te Ara­ber!“ schrie ich, so daß die Wän­de mei­ne Wor­te als Echo zu­rück­war­fen. „Könnt ihr euch nicht wie Men­schen auf­füh­ren?“ Ich nahm den Knüp­pel, duck­te mich und ging brül­lend auf sie los. Da zer­streu­ten sie sich und ver­schwan­den wie ein Ru­del ver­ängs­tig­ter Rat­ten quie­kend in den Gän­gen.
    Ich hat­te nicht viel Zeit. Bald wür­den sie mit ih­ren großen Brü­dern zu­rück­kom­men. Auch die er­wach­se­nen Ara­ber stan­den auf Fol­tern. Ich lief brül­lend durch einen Sei­ten­gang, da­mit sie dach­ten, ich wür­de je­man­den ver­fol­gen, und nicht auf die Idee ka­men, daß ich türm­te. Ir­gend­wo war hier noch ein an­de­rer Trep­pen­auf­gang. Wir hat­ten ihn zu­ge­macht und die Tür mit Ze­ment ver­putzt, so daß sie aus­sah wie fes­tes Ge­stein. Die zwölf Jah­re zwi­schen acht und zwan­zig sind ein Le­ben, aber nicht für ei­ne Holz­tür. Sie war noch im­mer da.
    Ich lang­te nach dem Stein, der den Tür­knauf ver­deck­te, zog die Tür auf und glitt durch den Spalt, ehe er auch nur drei­ßig Zen­ti­me­ter breit war. Auch auf der Rück­sei­te der Tür gab es einen Knauf. Ich zog dar­an, riß die Tür ins Schloß und ver­sperr­te sie mit ei­nem Rie­gel. Hof­fent­lich wa­ren die Kin­der

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