Der Esper und die Stadt
strauchelte erneut, diesmal schwerer, und ich hielt ihn fest, bis er wieder stehen konnte. Sein Arm war schweißnaß. „Manchmal hast du wirklich gute Ideen, George“, sagte er.
„Ich empfange keine Vibrationen von dir, Ahmed, also habe ich dich ohne sie gefunden“, sagte ich in sein linkes Ohr. „Denken kann ich.“
Ich brachte ihn zu der Telefonzelle. Zum Glück gab es in ihr eine Bank, auf der man sitzen konnte. Ahmed ließ sich auf die Bank fallen, nahm den Kopfhörer und das Mikro an sich und stülpte sich alles über den Kopf.
„Okay, George, manchmal bist du wirklich ein Glückspilz. Aber übe keinen Druck aus, und halte dich nicht für so gut wie einen Polizisten mit einer Marke.“ Er grinste mich mit Zähnen an, die seit zwei Tagen nicht mehr geputzt worden waren, und drückte die Telefonnummern mit einer Hand, die wie eine Stimmgabel zitterte.
Ich hätte ihm eine reinhauen oder heulen können. Ich verstehe, warum die Araber in dieser Runde immer in dieses hysterische Gelächter ausgebrochen waren. Wenn man nichts tun kann, das einen weiterbringt, kann man nur noch lachen oder ausnippen. Ebensowenig wie die Araber konnte ich ihn dazu bringen, das zu sagen, was ich gerne hören wollte.
Wenn man einen Burschen nicht dazu bringen kann, das zu sagen, was er sagen soll, muß man ihn entweder umbringen, ihn sitzen oder den Boß spielen lassen. Und Ahmed war immer der Boß gewesen.
„Die Leitung ist besetzt. Du rufst das Med Center an und bringst mich dort hin, nachdem ich mit dem Hauptquartier gesprochen habe“, wiederholte er.
„Jawohl, Boß“, sagte ich.
Er sah mich von oben bis unten an und grinste wieder dieses knochige, großzahnige Totenkopf-Grinsen. In einem schrillen Sopran imitierte er das, was er hörte. „Captain Frankel spricht gerade auf einer anderen Leitung. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht. Sie wird aufgezeichnet, sobald Sie diesen Ton hören: Piiieeep!“ Ich lehnte mich gegen die Zellenwand und suchte in beiden Richtungen nach Arabern, aber alles, was ich sah, waren Polizisten und gewöhnliche Fußgänger.
„Ahmed der Wissenschaftler“, sagte ich. „Hoho! Ahmed der Zigeuner. Wo sind deine Ohrringe und die Kristallkugel?“
Mit einem überlegenen Lächeln sagte er: „Toleranz, George, Toleranz. Ich bin ein Opfer meiner Erbmasse; wir sind alle Opfer unserer Erbmasse. Verarsche ich dich etwa, weil du blöd bist?“
Am liebsten hätte ich ihm eines in seine grinsende Visage gehauen, aber das konnte ich nicht. Er war krank – und abgesehen davon mag ich den Burschen.
4
„Ann, Ahmed ist wieder da. Er ist in Ordnung, nur etwas schlapp und müde. Er liegt im Bellevue-Hospital.“ Die Telefonzelle war zu klein und zu eng.
„Von wo aus rufst du an?“ Ann hat eine hübsche und klare Stimme; ich muß mir immer wieder sagen, daß sie Ahmeds Mädchen ist.
„Aus dem Hospital, ich bin in der Aufnahme.“ Ich sah, wie Ahmed sich auf eine fahrbare, automatische Liege legte. Sie fuhr in die Diagnosemaschine hinein und kam drei Sekunden später wieder heraus. Auf der Liege stand nun eine Zimmernummer. Auch seine Behandlung stand fest. Er war untersucht worden.
„Ich komme gleich rüber“, sagte Ann und hängte ein.
Ich wählte eine andere Nummer. „Judd Oslow, bitte.“
Diesmal war er nicht beschäftigt. Ich bekam eine Verbindung. „Mr. Oslow, ich habe Ahmed gefunden. Er ist drüben im Bellevue. Morgen ist er wieder in Ordnung. Sobald die Diagnosemaschine ihn läßt und er sein Zimmer hat, wird er Sie anrufen. Er weiß was über den Vermißten.“
Oslow stieß einen überraschten Ruf aus. „Sehr gut! Das ist wirklich eine Überraschung, George! Um elf habe ich Ihnen den Auftrag gegeben, und um vier haben Sie ihn erledigt. Das ist
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