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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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auf der Schul­ter. Er hat­te jeg­li­chen Wi­der­stand auf­ge­ge­ben. Selbst wenn es pott­schwarz hier drau­ßen war: Er hat­te mög­li­cher­wei­se be­grif­fen, daß er zwei oder drei Stock­wer­ke in die Tie­fe fal­len und auf dem Müll des al­ten Geh­wegs lan­den wür­de, wenn er sich rühr­te. Wir be­fan­den uns zwi­schen zwei Ge­bäu­den. Ich rutsch­te wei­ter und be­rühr­te Ah­meds Arm. Er zit­ter­te und roch nach zwei Ta­gen schweiß­trei­ben­der Angst. Ich ant­wor­te­te be­ru­hi­gend: „Nein, du denkst gut. Ich mei­ne nur, du gibst kei­ne Vi­bra­tio­nen ab. Du fühlst über­haupt nichts.“
    „Ich wür­de an dei­ner Stel­le nicht dar­auf wet­ten.“ Er lach­te kräch­zend und ver­such­te auf­zu­ste­hen. Als er sei­ne Ar­me durch das Loch in der Wand steck­te, mach­te er krat­zen­de Ge­räusche. Er stand un­be­weg­lich da, bis ich ge­gen sei­nen Un­ter­schen­kel stieß. Dann kroch er vor­wärts und half mir, den Kör­per des ge­fes­sel­ten Ara­ber­füh­rers durch das Loch und auf die Trep­pe zu hie­ven. Ich mar­schier­te drei Stock­wer­ke in die Tie­fe und hat­te da­bei die gan­ze Zeit His­ham auf der Schul­ter. Ah­med ging vor­aus. Am Fuß der Trep­pe lausch­te er. Dann öff­ne­te er die mit Ze­ment ver­klei­de­te Tür einen Spalt weit und ließ Licht her­ein.
    Da nie­mand die­sen Kor­ri­dor be­wach­te, lie­fen wir schnell in den an­de­ren Gang und zu dem al­ten Ab­fluß­rohr.
    Es er­in­ner­te mich an die Zeit, in der ich acht ge­we­sen und zu­sam­men­ge­schla­gen wor­den war, des­we­gen steck­te ich ei­ne Men­ge Herz in die Lau­fe­rei. Aber ich war im­mer noch über­rascht, als wir das Ab­fluß­rohr er­reich­ten, oh­ne daß sie uns schnapp­ten. Ich bil­de­te mir ein, ei­ne Men­ge Stim­men zu hö­ren, die hin­ter uns wa­ren. Viel­leicht wa­ren sie auch wirk­lich da. Ah­med war be­reits in dem Rohr. Ich klet­ter­te rück­wärts hin­ein und zog Ak­bar His­hams ge­fes­sel­ten Kör­per hin­ter mir her. Er soll­te un­se­re Gei­sel sein. Die Stim­men aus der Er­in­ne­rung blie­ben in mei­nen Oh­ren. Ich zuck­te un­ter ima­gi­nären Schlä­gen.
    Ak­bar His­ham krümm­te und dreh­te sich. Als ich ihn an den Schul­tern hin­ter mir her­zog, ver­such­te er den Kopf zu he­ben, da­mit er nicht ge­gen den Röh­ren­bo­den knall­te.
    Aus den ein­ge­bil­de­ten Stim­men wur­den ech­te. Es war nicht das schril­le Ge­schrei der Kin­der, die mich da­mals, als ich acht war, ein­ge­holt hat­ten. Vom En­de der Ka­na­li­sa­ti­on ka­men Ru­fe.
    Der His­to­ri­ker und Füh­rer von Ara­bisch-Jor­da­ni­en zuck­te und maß mich mit ei­nem ver­zwei­fel­ten Blick. Er kau­te auf sei­nem Kne­bel und woll­te of­fen­bar et­was Wich­ti­ges sa­gen. Mög­li­cher­wei­se droh­ten die Ver­fol­ger, auf uns zu schie­ßen oder Bom­ben zu wer­fen.
    Ich riß ihm das Band über den Kopf, das sei­nen Kne­bel hielt, und so­fort fing His­ham an, auf ara­bisch et­was zu ru­fen.
    Das Ge­brüll und die Echos der auf­ge­brach­ten Stim­men ver­stumm­ten so­fort. His­ham stand ih­nen im Weg; schie­ßen konn­ten sie al­so nicht auf uns. Ich zog ihn noch ein Stück­chen mit, aber da es ei­ne Ent­füh­rung ge­we­sen wä­re, wenn wir ihn mit nach drau­ßen ge­nom­men hät­ten, ließ ich ihn wie einen Stöp­sel in der Ka­na­li­sa­ti­on zu­rück und kroch rück­wärts dem Licht ent­ge­gen. Schließ­lich stieg ich die Lei­ter des Ein­stiegs­lochs hin­auf und lan­de­te in­mit­ten des Parks, der den Mit­tel­punkt der Stra­ße ein­nahm.
    Auf den öf­fent­li­chen Stra­ßen und zwi­schen den Men­schen, die sich hier be­weg­ten, wa­ren wir zwar laut Ge­setz si­cher, aber die Mau­ern von Ara­bisch-Jor­da­ni­en wa­ren auch noch da, und von den Fens­tern her brüll­te man uns et­was nach. Ah­med und ich rann­ten los. Wir duck­ten uns und lie­fen im Zick­zack, um even­tu­el­len La­ser­schüs­sen zu ent­ge­hen, bis wir die Stu­fen der Sub­way er­reicht hat­ten. Ich war im Nu un­ten, aber als ich mich um­sah, stell­te ich fest, daß Ah­med im­mer nur ei­ne Stu­fe nahm und sich da­bei am Ge län­der fest­hielt. Al­so lief ich – im­mer zwei Stu­fen neh­mend – zu­rück, deck­te ihm den Rücken und hielt nach Ara­bern

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