Der Esper und die Stadt
bist du, da in deinem Kopf?“
„Oben, auf einer Insel im Sonnenschein“, sagte ich traurig und betrachtete meine Vorstellung aus Sand und Möwen. „Es ist zu spät, Ahmed, wir sind tot.“ Wieder kamen Leute und stellten sich hinter uns vor dem Aufzugschacht an. Das Geräusch der sinkenden Kabine drang aus weiter Ferne an unser Ohr. Die Leute kamen durch den Park aus der Richtung der Zugstation, und mir fiel ein, daß auch dort allerlei Menschen hinter den Gittern gestanden hatten und darauf warteten, von hier wegzukommen. Vielleicht waren einige von ihnen ungeduldig geworden und wollten an die frische Luft. Die Menge hinter uns wurde immer dichter und fing an zu drängeln. Vor uns öffnete sich die Tür der Liftkabine.
„Steig ein, George“, sagte Ahmed und berührte mich am Ellbogen. „Wir fahren hinauf.“
„Danke.“ Ich stieg ein. Wir wurden gegen die Rückwand des Käfigs gedrückt, dann schloß sich die Tür. Die Geschwindigkeit drückte einem auf den Magen. Über die Köpfe der vor uns stehenden Menschen hinweg sah ich das sich ausweitende Bild der unterseeischen Stadt, der kleinen Gebäude und des in der Mitte liegenden Parks, der von mattem, künstlichem Licht aus grünen und blauen Scheinwerfern erhellt wurde. Die Lampen hingen zwischen Bäumen und Ranken und erzeugten einen Effekt, der an Seetang und Unterwasserwellen erinnerte. Die Pfade und Wege waren von Perlenschnüren goldener Natriumlichter beleuchtet. Auf der anderen Seite des Parks lag die Bahnstation, gelb beleuchtete Quadrate aus weichem, gelbem Licht, umgeben von metallenen Gitterzäunen. Viele Leute standen da herum. Zu viele. Eine dichtgedrängte Masse. Und auf den Wegen, die zum Aufzugschacht führten, wimmelte es ebenfalls von Menschen.
Die Liftkabine erreichte die Kuppelspitze und verschwand in einem dunklen Schacht. Einen Moment lang fuhren wir durch die Finsternis, dann spürten wir, wie der Aufzug verzögerte und anhielt. Die Leute, die uns umgaben, drängten sich hinaus, schoben sich eilig durch eine Glastür, liefen eine Treppe hinunter und verließen die oberste Ebene.
Ich sah mich um. Da waren der Himmel und der Ozean, wie ich es mir erträumt hatte, aber der Himmel war wolkenverhangen und die See grau. Mir war, als sähe ich das alles durch dicke Glasscheiben. Die einer Insel nachempfundene Aussichtsplattform bestand aus einer Reihe großer Glasstufen, und der Aufzug hatte uns auf die oberste gebracht. Wir befanden uns wirklich in einer gläsernen Zelle, durch die man in alle Richtungen sehen konnte. Die dicken Glaswände erlaubten einen Ausblick auf den Horizont, die unter Glas liegenden Räume weiter unten und die kleinen Motorboote, die den Rand der künstlichen Insel umkreisten.
„Na, was sagt dein Riecher?“ sagte Ahmed. „Was spürst du?“ Ahmed war hellwach. Er schaute sich wachsam um und legte sein Gewicht gleichmäßig auf die Fußballen, um sofort bereit zu sein, sich auf den verrückten Bombenleger zu stürzen, sollte ich ihn lokalisieren.
„Die Luft ist mies“, sagte ich. „Ich kann sie nicht atmen.“ Ich atmete geräuschvoll durch den Mund. Mir war zum Heulen zumute. Auf diese Art zu entkommen, hatte ich mir nie erträumt. Die Ahnung des Untergangs blieb nicht nur, sondern wurde noch schlimmer.
„Es ist die gleiche Luft und der gleiche Druck wie unten in der Kuppel“, sagte Ahmed ungeduldig. „Man beläßt den Druck deswegen so hoch, damit die Leute hierherkommen können, ohne eine Luftschleuse passieren zu müssen. Hier können sie sich umsehen, ein paar Bilder schießen und wieder zurückkehren. Sicher schmeckt die Luft hier lausig. Ignoriere sie einfach.“
„Soll das heißen, daß die Luft hier unter dem gleichen Druck steht und
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