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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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Ge­zänk und gin­gen hin­aus. Wir ka­men in einen kal­ten, sal­zi­gen Wind und hör­ten, wie die Wel­len der grau­en See ge­gen die Be­ton­pfei­ler klatsch­ten.
    Über den An­le­ge­plät­zen er­klang ein schwe­res Sur­ren, das die Luft förm­lich zu prü­geln schi­en.
    Ah­med schau­te auf. Ei­ne Strick­lei­ter fiel her­ab und blieb vor uns in der Luft hän­gen. Ah­med griff in die Sei­le und zog sich hin­auf. Die Lei­ter kam wei­ter her­ab. Er stell­te einen Fuß auf die un­ters­te Spros­se und klet­ter­te auf­wärts.
    Ich stand da, at­me­te gie­rig die sü­ße und un­ver­fälscht schme­cken­de Luft und sog sie wie Le­bens­ener­gie in mei­ne Lun­gen. Die Pa­nik­wol­ken wa­ren aus mei­nem Be­wußt­sein ver­schwun­den, und ich hör­te die Freu­den­schreie der Seemö­wen, die hin­ter den klei­nen Boo­ten her­jag­ten und Sand­wichs zu er­beu­ten ver­such­ten. Die Leu­te ver­sam­mel­ten sich an den An­le­ge­stel­len und fin­gen an, sich wie­der in nor­ma­lem Ton­fall zu un­ter­hal­ten.
    Vor mir bau­mel­te die Strick­lei­ter hin und her. Die Sei­le schlu­gen mir ge­gen den Kopf; ich wisch­te sie bei­sei­te. Was war ge­sche­hen? Was war aus dem Un­heil ge­wor­den, dem ich ge­ra­de ent­kom­men war? Ich ver­such­te mich an die Au­gen­bli­cke zu er­in­nern, in de­nen ich mich ge­fan­gen ge­fühlt hat­te, und ver­such­te zu ver­ste­hen, was sie her­vor­ge­ru­fen hat­te.
    „Komm schon, Ge­or­ge!“ rief ei­ne Stim­me über mir.
    Ich lang­te nach oben und klet­ter­te hin­auf. Ich sah einen Him­mel vol­ler bro­deln­der, sil­ber­grau­er Wol­ken; ein weiß­blau­er Po­li­zei­hub­schrau­ber schweb­te über mir, des­sen krei­sen­de Ro­to­ren mir feucht­kal­te Luft ent­ge­gen­schleu­der­ten. Sie er­zeug­ten einen Druck, ge­gen den es ei­ne Freu­de war an­zu­kämp­fen. Am En­de ver­steif­te sich die Strick­lei­ter zu ei­nem Stu­fen­ge­bil­de aus Me­tall. Ich stieg in ei­ne aus­ge­leg­te Ka­bi­ne, die von Glas­wän­den um­ge­ben war. Es han­del­te sich um einen großen Be­ob­ach­tungs­hub­schrau­ber.
    Ah­med saß im Schnei­der­sitz auf dem Bo­den. Er war ziem­lich auf­ge­regt und hielt sei­nen Arm­band­sen­der vor den Mund. „Okay, Ge­or­ge, stimm dich ein. Was wird die Aus­sichts­platt­form in die Luft ja­gen? Wer, was, wo? Die Küs­ten­wa­che war­tet auf In­for­ma­tio­nen.“
    In­dem ich mir die glei­chen nie­der­drücken­den Ge­füh­le in Er­in­ne­rung zu­rück­rief, die ich auf der Aus­sichts­platt­form und im In­nern der Jer­sey-Kup­pel und ih­rer schlech­ten Luft ge­habt hat­te, sah ich nach un­ten und wuß­te, wie sich die Leu­te dort un­ten fühl­ten.
    Je­der der glä­ser­nen Räu­me der vier­stu­fi­gen Aus­sichts­platt­form war voll mit Men­schen, die an den Tü­ren war­te­ten. Ich sah, wie der Zen­tral­lift an­kam, sei­ne Tü­ren öff­ne­te und er­neut ei­ne Men­schen­men­ge aus­spuck­te, die war­ten muß­te und am ers­ten Tür­knauf rüt­teln wür­de. Ver­zweif­lung. Es dräng­te sie hin­aus.
    Und mit ei­nem Ge­fühl großen Be­dau­erns wuß­te ich, wer die Sa­bo­teu­re wa­ren: All die­se Jun­gen mit ih­ren Schrau­ben­zie­hern, all die­se hilfs­be­rei­ten Leu­te, de­ren tech­ni­sches Ver­ständ­nis aus­reich­te, um Auf­zü­ge zu be­schleu­ni­gen; all die­se hilfs­be­rei­ten Leu­te, die et­was von Me­cha­nik ver­stan­den und für einen Frem­den in Not die Tür ei­ner gro­schen­fres­sen­den, öf­fent­li­chen Toi­let­te knack­ten. Sie wür­den sehr hilf­reich sein: Sie wür­den die Luft­schleu­sen knacken und hin­ter sich of­fen­las­sen – für die, die nach ih­nen ka­men. Und dort, wo sie ein­mal ge­we­sen wa­ren, wür­de es kei­nen Wi­der­stand mehr ge­ben, der die fünf­und­sech­zig Pfund Druck pro Qua­drat­zoll da­von ab­hielt, aus der un­ter Druck ste­hen­den Stadt zu ent­wei­chen und hin­ter dem auf­stei­gen­den Lift her nach oben zu ge­lan­gen.
    Und ich hat­te vor­ge­ge­ben, an einen ver­rück­ten Bom­ben­le­ger zu glau­ben. Wie konn­te ich der Po­li­zei und der Küs­ten wa­che klar­ma­chen, daß es die Kup­pel­be­woh­ner mit ih­rem Flucht­be­dürf­nis wa­ren, die ihr ei­ge­nes Luft­schleu­sen­sys­tem

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