Der Esper und die Stadt
ebenso schlecht ist wie am Fuß der Kuppel?“
„Du hast's erfaßt. Den Leuten erscheint es als vernünftig, und deswegen hat man es gemacht.“
„Deswegen sind die Glaswände hier so dick, damit sie nicht brechen und den Druck herauslassen können“, sagte ich und hatte das Gefühl, in einem gläsernen Sarg zu stehen. Ich sah durch die dicke Glaswand hinaus nach unten, durch das gläserne Dach des Aussichtsraums, der eine Stufe tiefer lag. Ich sah Stühle und Zeitschriften wie in einem Wartezimmer, und die Leute, die mit uns hier hinaufgekommen waren, standen in einer Schlange vor einer Glastür. Der Mann, der ganz vorne stand, versuchte sie zu öffnen. Aber die Tür war verschlossen. „Was haben die vor?“
„Sie warten darauf, daß der Luftdruck in diesem Raum sinkt und sich an den im Treppenhaus und dem nächsten Zimmer angleicht. Im Moment hält der Luftdruck die Tür noch geschlossen. Sobald er runtergegangen ist, geht die Tür nach innen auf.“ Ahmed machte einen gelangweilten Eindruck.
„Wir müssen hier raus.“ Ich ging zu der Innentür hinüber. Hinter ihr lag eine Treppe, die in den nächsten Raum führte. Ich zog an ihrem Knauf, aber sie öffnete sich nicht. „Luftdruck?“
„Ja. Warte, der Aufzug kommt wieder hoch. Er scheint die Luft zusammenzupressen und nach oben zu drücken.“ Die dicke Luft ließ Ahmeds Stimme ein wenig schrill und weit entfernt klingen.
Ich zerrte an dem Türknauf und spürte, wie die Luft dichter wurde und anfing, gegen meine Trommelfelle zu drücken. „Wir haben schon genug Druck hier. Jetzt reicht’s mir aber mit dieser Luft. Was ich brauche, ist richtige Luft. Ich will hier raus.“
Die Lifttür öffnete sich. Eine Gruppe von Leuten – einige hatten Koffer, andere Angelgeräte bei sich – drängte sich heraus, quirlte durcheinander und bildete eine Schlange. Sie drängelten und beschwerten sich über das Drängeln der anderen, aber ihr Tonfall war weit weniger zuvorkommend, als man es von Beamten erwartete.
Die Lifttür schloß sich. Die Kabine sank außer Sicht, und der Luftdruck begann zu fallen, als würde die Luft dem kolbenähnlichen Gefährt folgen. Ich schluckte; meine Trommelfelle klingelten und knackten. Ich ergriff wieder den Türknauf. Die Tür schwang mit einem Zischen auf, und ich hielt sie offen. Die Menge eilte die Stufen hinab, und die Leute, die an mir vorbeigingen, bedankten sich höflich. Mit jedem Dankeswort empfing ich das Angstgefühl der Vorübergehenden. Ich musterte das Gesicht einer Frau, das eines Teenagers, das eines jungen Mädchens und das eines gutaussehenden Mannes in den mittleren Jahren und suchte in ihnen nach etwas anderem als Angst. Aber ich fand nichts als Furcht und den mich an Mäuse erinnernden Instinkt, aus einer Falle zu entkommen. Die Leute fürchteten sich vor der Angst, deswegen waren sie auch so still. Sie fürchteten sich davor, den anderen einzugestehen, daß ein Gefühl sie dazu trieb, vor einem drohenden Unheil, das bis jetzt nur in ihrer Vorstellung bestand, zu fliehen.
„Hmm“, sagte ich, als auch der letzte die Treppe hinuntergegangen war. „Laß uns gehen, Ahmed, vielleicht haben sie recht.“ Ich winkte meinen Freund durch die Tür und eilte hinter ihm her in den tiefer liegenden, gläsernen Raum, der mit Tischen und Zeitschriften bestückt war, um die Wartezeiten zu erleichtern. Ich hörte, daß sich hinter mir die Tür wieder schloß. Dann erklang erneut das Surren des Aufzugs, der eine neue Menschenladung nach oben brachte.
Ich lehnte die Stirn gegen die dicke Glaswand und sah auf die kleinen Docks und die vielen elektrisch angetriebenen Boote hinaus. Sie umschwärmten die Insel und dümpelten unter dicken grauen Wolken in der aufgewühlten See.
„Was bringt uns das?“ fragte Ahmed.
„Die
Weitere Kostenlose Bücher