Der Esper und die Stadt
Herausforderungen und vergällen einem alle Eroberungen, die das Leben bietet. Und den Leuten, die mit ihren eigenen Händen arbeiten wollen, geben sie eine Rente, damit sie in die Wälder oder zum Surfen gehen, wenn sie nicht drinnen bleiben und Knöpfe drücken wollen. Die Leute, die in die Wälder oder zum Surfen gehen, nennen sie dann Nassauer und sorgen dafür, daß sie sterilisiert werden, damit sie keine Kinder haben können. Das ist Völkermord. Sie rotten die wirklichen Menschen aus. Die Nachkommen der Menschen werden nur noch von diesen zwanghaften Knopfdrückern abstammen. Sie werden völlig vergessen, was das Leben ist.“
Er drückte das gut aus. Ich fühlte mich unbehaglich, weil das, was er sagte, so wahr klang. Obwohl ich wußte, daß selbst der gerissenste Bursche einem Killer nicht widersprechen würde, versuchte ich es.
„Könnte ein Bursche, der wirklich Kinder haben will, sich denn nicht genug Geld verdienen, um für sich eine Zuchterlaubnis und für seine Frau eine Operation zu bekommen?“
„Es gibt ja nicht mehr viele Jobs. Die, die noch übriggeblieben sind, sind Knopfdrücker-Jobs, und da muß man schon zwanzig Jahre studieren, damit man lernt, auf die richtigen Knöpfe zu drücken. Sie haben vor, jeden zu sterilisieren, bis auf die Knopfdrücker.“
Dazu wußte ich nichts zu sagen. Was er sagte, ergab schon einen Sinn, deckte sich aber nicht mit meinen Erfahrungen. „Mich hat man nicht sterilisiert, Larry. Und ich hab wirklich nichts auf dem Kasten. Ich hab nicht mal ’ne richtige Schulbildung.“
„Wann haben sie dir die Schülerbeihilfe gestrichen?“
„Vor fast ’nem Jahr. Diese Woche werde ich zwanzig.“
„Also nix zu essen und kein Dach über dem Kopf. Was ist mit deiner Familie? Unterstützt sie dich?“
„Hab’ keine Familie. Bin’n Waisenkind. Ich hatte ’ne Masse Freunde, aber die haben alle auf Rente gemacht und sind weggebracht worden. Außer einem. Der hat ’n Job bekommen.“
„Du hast also noch keine Arbeitslosenunterstützung für Jugendliche beantragt?“
„Nein. Ich wollte in der Stadt bleiben. Wollte nicht, daß sie mich wegbringen. Ich dachte, ich könnte ’n Job kriegen.“
„Ich lach’ mich schief. Viel Glück dabei, George. Und was willst du als nächstes essen?“
„Manchmal helfe ich in Kommunen aus. Da krieg ich dann was. Im allgemeinen bin ich in den Kommunen der Bruderschaften gern gesehen.“
Ich wechselte unbehaglich meine Stellung und setzte mich hin. Was ich eben gesagt hatte, war fast eine Lüge. Ich hatte ja jetzt einen Job, aber über die Rettungsbrigade konnte ich nichts sagen. Möglicherweise hätte Larry mich für einen Cop gehalten und umgenietet. „Ich geh’ aber nicht schnorren.“
„Wie lange hast du’s mal ohne Essen ausgehalten?“
„Ungefähr zwei Wochen. Ich hab aber nicht viel Hunger. Ich war unheimlich fett. Ich bin aber gesund. Und arbeiten tu ich gern.“
Der Junge saß im Schneidersitz auf seinem Bett und lachte. „Gesund ist gut! Du bestehst doch nur aus Muskeln! Deine Muskeln reichen von einem Ohr zum anderen. Du versuchst also, das System zu schlagen! Und dabei hat man es geschaffen, um Muskelprotze wie dich auszurotten. Wenn du beim Sozialamt einen Antrag stellst, sterilisieren sie dich. Wenn du Arbeitslosengeld beantragst, sterilisieren sie dich. Wenn sie dich beim Betteln erwischen, sterilisieren sie dich auch. Früher oder später wird jeder Muskelprotz durch Geld korrumpiert. Dich wird es auch erwischen. Ich gehe jede Wette ein: Wenn du Hunger hast, dann denkst du an die Flasche Wein und das großartige Essen, das es gratis in der Sterilisationsklinik gibt. Und du glaubst vielleicht noch, daß du eine Million Dollar gewinnst, wenn die Operationstätowierung dir die
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