Der Esper und die Stadt
und verschwand.
Ich stand noch immer geduckt da. Dann wurde es wieder klar um mich, und meine Hände entkrampften sich. Irgendwo am Ende des Korridors hörte ich, wie Larry über einen Besen stolperte. Es klapperte, dann fiel etwas um. Larry krachte gegen eine Mauer, dann verschwand er aus meiner Hörweite. Ich hätte ihm folgen können, aber dann fiel mir ein, daß ich ihn gemocht hatte. Die Sachen, die er dachte, hatten mir gefallen. Er dachte irgendwie mit einem warmen Leuchten, und wenn er redete, kam mir die Welt plötzlich viel klarer und leichter zu bewegen vor.
Ich hätte hinter dem Killer herlaufen sollen, aber ich stand einfach nur da …
„Ausgezeichnete Selbstkontrolle, George. Herzlichen Glückwunsch“, sagte Ahmeds Stimme gelassen von der Decke her. Er ließ sich durch ein großes Loch zu mir hinab, hing an seinen langen Armen und ließ sich dann katzenhaft und lautlos fallen. Er war groß und drahtig und überall schmutzig und mit Spinnweben bedeckt. Als er grinste, leuchteten seine Zähne hell in der Dunkelheit seines Gesichts. „Du hast gerade einen Orden verspielt“, sagte er, „und zwar den, der an tote Helden verliehen wird. Ich hatte schon gedacht, du würdest versuchen ihn umzubringen.“
Er betätigte den Rufer seines Armbandsenders, steckte sich einen Stöpsel ins Ohr und meldete sich. „Einer ist abgehauen. Er ist vom Zentrum aus durch einen Kellergang nach Westen unterwegs, trägt eine Gasmaske und eine Infrabrille. Er ist bewaffnet und gefährlich. Und er ist der Obermotz; also gebt euch Mühe, Jungs.“
Ich nahm auf dem Rand der Liege Platz und schwitzte. „Manchmal werde ich einfach zu wütend. Ich hätte beinahe versucht, ihn umzubringen. Dabei ist vielleicht richtig, was er sagte.“
Ahmed zog den Stöpsel aus seinem Ohr. „Ich habe hauptsächlich dir zugehört, alter Junge. Es war ’ne ziemlich interessante philosophische Diskussion, die du da angeleiert hast. Und dabei mußte ich fortwährend niesen. Wieso führst du heute die philosophischen Gespräche, und ich werde zusammengeschlagen? Heute läuft wirklich alles verkehrt rum.“
„Du bist der Gescheite, Ahmed“, sagte ich langsam und nahm hin, daß ich die ganze Zeit unter seinem Schutz gestanden hatte. „Danke, daß du aufgepaßt hast.“ Ich sah auf meine Hände und war immer noch unentschieden. „Wieso klang alles nur so richtig, was der Bursche sagte?“
„Finde ich nicht.“ Ahmed unternahm den Versuch, sich die Spinnweben von den Ärmeln zu streifen. „Was du sagtest, hatte einen Sinn.“
„Aber Larry sagte, daß die Techs alle anderen auslöschen.“
„Vielleicht tun sie das, aber sie bringen keinen um. Das tut dieser Bursche.“
Ich legte die Handflächen gegeneinander, spürte, daß sie schweißnaß waren und trocknete sie an meinem Hemd ab. „Ich hätte den Jungen beinahe umgebracht. Aber das, was er sagte, hörte sich richtig an. Er sprach über die Sachen, wie sie sind und wie sie noch kommen werden, wie das Schicksal auch. Es ist legal, Leute zu sterilisieren, aber sie töten …“
„Töten ist unphilosophisch“, sagte Ahmed. „Du bist übermüdet, George. Nimm’s nicht so schwer. Wir hatten einen langen Tag.“
Ich hörte das Heulen einer Polizeisirene und einen entfernten Schuß. Ahmed steckte sich wieder den Stöpsel ins Ohr. „Sie haben gerade jemanden mit einer Brille erwischt. Das Gas wirkte bei ihm nicht. Sie mußten ihn mit einem Nadler anhalten. Vielleicht war’s Larry. Laß uns versuchen hier rauszukommen.“
Wir warfen einen dicken Haufen Decken in den Korridor hinaus. Als niemand schoß, gingen wir vorsichtig hinaus, tasteten uns durch den langen, finsteren Gang und suchten nach einem Ausgang.
„Du glaubst also“, sagte Ahmed, „daß
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