Der Esper und die Stadt
trafen, erinnerten mich daran, daß auf meiner Seite auch allerhand los war. Etwas benebelt fuhr ich herum, faltete die Hände und schlug zweimal auf die verschwommenen Umrisse ein. Dann holte ich nochmals aus und drosch einen der Angreifer mit einem gezielten Schwinger nieder.
Mit einem tiefen Brummen und eine ziemliche Ladung Luft vor sich herschiebend, kam jetzt der Hubschrauber über eine Mauer geflogen und stürzte sich herab wie eine Eule, die ein Mäusenest ausgemacht hat. Er versprühte eine weiße Gaswolke.
Bevor die Wolke mich erreichen konnte, holte ich noch einmal tief Luft. Der neben mir stehende Carl Hodges sog einen Teil der weißen Wolke ein und fiel zu Boden, wie von einem Keulenschlag gefallt.
Immer noch die Luft anhaltend, spreizte ich seine Beine und peilte wachsam durch den Nebel, um nach Gestalten Ausschau zu halten, die noch standen oder sich bewegten. Die meisten der Halbstarken waren geflohen oder lagen flach auf dem Boden. Aber was waren das für Umrisse? Achtzehn Sekunden des Luftanhaltens. Es war nicht schwer. In der Regel schaffte ich zwei Minuten. Ich hielt also den Atem an und versuchte durch die weiße Wolken zu sehen, die mich umgaben. An den Geräuschen, die der Hubschrauber machte, merkte ich, daß er hin und her flog, immer größere Spiralen zog und überall Gas versprühte, um all jene Mäuse zu erwischen, die vom Zentrum des Geschehens zu dessen Rändern flohen.
Plötzlich waren die Umrisse neben mir. Ich fing mir einen doppelten Schlag ein und flog drei Meter zurück, bis ich mit dem Rücken auf dem sandigen Betonboden landete. Nachdem ich ein überraschtes Schnaufen ausgestoßen hatte, fiel mir ein, daß ich die Luft anhalten mußte. Ich kam schweigend wieder auf die Beine und machte einen Satz zurück.
Carl Hodges’ bewußtloser Körper war verschwunden. Vor mir im weißen Nebel sah ich eine Bewegung, hörte Füße über den harten Beton und trockenes Holz schleifen und machte mich an die Verfolgung der Geräusche. Halb fallend, halb die Zementstufen hinunterrutschend, kam ich über die Holztür nach unten und in einen Korridor. Vor mir nahm ich eine Bewegung wahr, dann hörte ich, wie jemand eine Schranktür schloß. Mit angehaltenem Atem tastete ich mich weiter, öffnete eine Tür und sah eine geborstene Mauer. Ich roch den feuchten Geruch von Zement und unterirdischer Gänge und war mit einem Satz über einen Haufen alter Kehrbesen hinweg an der Maueröffnung. Hier konnte man beruhigt atmen. Ich nahm einen tiefen Luftzug.
Plötzlich flammte ein ziemlich heller Scheinwerfer auf und leuchtete mir aus einer Entfernung von einem halben Meter mitten ins Gesicht. „Meine Kanone zielt genau auf dich“, sagte die Stimme des kleinen Blonden. „Dreh dich nach links um und geh in die Richtung, die ich dir angebe. Ich könnte dich auf der Stelle umlegen, und niemand würde dich je finden. Gib dir also Mühe, daß ich meine gute Laune behalte.“
„Wo ist Carl Hodges?“ fragte ich und setzte mich mit erhobenen Händen in Bewegung. Die Taschenlampe warf meinen Schatten voraus, bis er über enger werdende Mauern fiel.
„Wir gehen jetzt alle da runter. Ab nach links.“ Die Stimme kam mir irgendwie komisch vor.
Als ich mich umdrehte, sah ich, daß der kleine Bursche eine Gasmaske trug. Als ich ihn fragen wollte, wie er an sie herangekommen war, drang durch einen nachtschwarzen Spalt an der Decke weißer Nebel zu uns herab. Er roch feucht und schmeckte leicht nach Alkohol. Das richtige Mittel, um Aufrührer mattzusetzen.
„Bewegung“, sagte der Junge und fuchtelte mit seiner Kanone herum. Ich bog nach links ab und fragte mich, was eigentlich in einem Menschen vorging, der das Zeug eingeatmet hatte. Ein ereignisreicher Tag und
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