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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Klaps.
    „Also Krieg?“ flüsterte sie. „Richtiger Krieg. . .“
    „So richtig, daß wir Süditalien und vielleicht sonst noch einige Kleinigkeiten verlieren werden. Aber dann, wenn alle erst ihre
    Knochen haben, dann ist es die höchste Zeit, mit dem Balkan Ernst zu machen. Dann muß es sofort geschehen und muß es schnell geschehen.“
    „Muß es überhaupt geschehen“, fragte sie, „ich meine, das mit dem Polenkrieg?“
    Eine kleine Pause entstand, bis er wieder den Kopf hob, um ihr in die Augen zu blicken.
    „Möchten Sie Leszinsky als König in Polen sehen? Leszinsky ist Habsburgs erklärter Feind und der ebenso erklärte Freund aller unserer Gegner. Was meinen Sie, würde Fürst Rakoczy tun, wenn sein Freund Leszinsky nach Warschau zurückkehrte? Und dann die Türkei. Bonneval ist Leszinskys Intimissimus, meine Liebe.“
    „Immer noch Bonneval! Ich denke, der ist längst abgetan?“
    „Eine Kurzsichtigkeit, Eleonore. Bonneval wird erst abgetan sein, wenn er tot ist. Der Kaiser hätte ihn zu seinem Generalleutnant und Reichsfeldmarschall machen oder ihn hinrichten lassen sollen.“
    „Das erste hätte die Absetzung des Prinzen Eugen bedeutet“, warf sie ein. „Reden wir also nicht von solchen Unmöglichkeiten.“
    „Doch! meine Liebe. Reden wir sehr davon. Die Rechnung hätte dann so ausgesehen. Bonneval steht als Feldherr und Staatsmann dem Prinzen kaum nach - fortgejagt, wird er ein unerbittlicher und sehr gefährlicher Feind. Und sehen Sie, meine Freundin, das ist der Unterschied zwischen Bonneval und mir: Ich wäre nie zu den Türken gegangen. Daraus folgt? Es war ein schlechtes Geschäft, was der Kaiser damals machte. Aber ich konnte mich nicht einmischen. — Nun, ich weiß, was Sie denken. Also ja! Ich wollte midi nicht einmischen. Manchmal muß ich freilich denken, daß es nicht immer ein Glück sei, zu siegen. Vielleicht hätte ich über meinen Sturz Ihre Freundschaft nicht verloren, und dann wäre mir wohler als jetzt.“
    „Ihr Männer seid gräßlich gefühlsselig“, sagte sie, und das war alles. „Wir sprachen von Bonneval. Iich weiß, daß er alle meine Pläne gefährden kann; aber das ist auch das einzige, was ich weiß. Alles andere ist nur ein Hoffen, zum Beispiel, daß Indolenz und böser Wille der türkischen Generäle ihn schon bremsen werden. Von den vielen Aga und Baschi selbst weiß ich überhaupt nichts. Drüben ist so vieles
    Geheimnis, was sich bei uns vor allen Leuten abspielt. Eine der wichtigsten Machtquellen ist doch nun einmal das Bett, und bei uns ist es etwas Selbstverständliches, wenn hochgeborene Ehemänner in großen Staatsstellen sich wie Unsinnige gebärden, wenn irgendeine Nebenbuhlerin die hochgräfliche oder fürstliche Ehefrau aus dem Bett des Herrschers vertreiben möchte, das der Ehemann bereits mit seiner eigenen Gemahlin bediente.“
    „Aber das ist doch keine Schande, Prinz!“ rief die Batthany und dachte an Eugens Mutter Olympia Mancini, die lange genug Ludwigs XIV. Favoritin gewesen war.
    Olympias Sohn lachte.
    „Ein Mißverständnis, liebe Lori. Überlassen wir die Moral dem Volk. Ich wollte nur sagen, daß wir von denen da drüben gar nichts wissen, während ihnen über uns alles bekannt ist. Es gibt ganz einfache, klare Vorgänge, über deren Hintergründe, wenn sie sich bei uns ereignet hätten, jeder Lakai unterrichtet wäre. Von Konstantinopel aber kennen wir höchstens die Begebenheiten, aber keineswegs deren Ursache.“
    „Zum Beispiel?“
    „Plötzlich wird der Großwesir zum Statthalter von Haleb degradiert, und der Oberstkämmerer Ibrahim, genannt Kabakulak, was ,das Grobohr' bedeutet, tritt an seine Stelle. Gerade zur rechten Zeit, könnte man meinen. Acht Wochen später bricht nämlich erneut der Aufstand aus, der dieses Mal nach fünfmonatiger Dauer mit siebzehntausend Toten auf seiten der Rebellen endet. Daß es gleichzeitig auch mit dem Grobohr aus ist, läßt sich verstehen. Man trennt sich vom rauhen Besen, der seine Schuldigkeit tat, und mit ihm vom Odium der Grausamkeit. Kabakulak geht als Negropontes Statthalter in die Verbannung, und aus Morea wird Osman der Hinker berufen. - Was sind das für Leute? Einen Adel, eine herrschende Klasse als Zuchtprodukt haben sie nicht. Keiner von den Hohen und Höchsten des Reiches schämt sich, wenn das Volk an seinen Namen das väterliche Gewerbe hängt - das ist noch byzantinisches Erbe. Da gibt es den ,Schustersohn', den ,Dickmilchverkäufersohn', den ,Doktorsohn' . . . überdies

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