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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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seien und man sich freuen würde, wenn die geehrten Herren von den preiswerten Angeboten Gebrauch machen würden.
    Siebzehntausend Rebellen hatten den Aufstand mit ihrem Leben bezahlt. An den Kaffeeküchen war der Großwesir-Rebellentöter gescheitert. Jetzt war er Beglerbey, Generalstatthalter in Haleb, zweifellos ein hoher Posten für einen großen Mann; aber Großwesir war er gewesen.
    Für Osman, den Hinker aus Morea, war die Aufhebung des Kaffeeküchenverbotes ein glücklicher Beginn seines Großwesirats. Alles atmete auf; aber nidit, weil man nun wieder ins Kaffeehaus gehen könne - man hatte nie aufgehört, es zu tun -, sondern weil die Zeit der Unruhen vorüber sei und Handel und Gewerbe sich nun wieder entfalten können.
    Die Veränderungen im Kaffeeschankgewerbe selbst waren geringfügig. Für die meisten dieser kleinen Unternehmer bestanden sie darin, daß sie wieder in ihre alten Räume einzogen, die sie inzwischen mit anderen vertauscht hatten. Andere blieben, wo sie waren, und nur ganz wenige mußten wirklich neu eröffnen. Zu ihnen gehörte das Kaffeehaus am Arsenal. Es war keine Kaffeestube, es war das erste und einzige große Kaffeehaus in Konstantinopel, ein Säulenpalast mit Sälen, in die bei Hitze der Seewind hineinfächeln konnte. Es war ganz neu und ein Experiment, also etwas, das von allen gesetzten Leuten mit Mißtrauen betrachtet wurde. Die zwei würdigen Efendi und der junge Mann, die durch die Menge der Lewende und Barbaresken, mit einem Wort Hafenvolk, hindurchgegangen waren und nun den lärmerfüllten Palast verließen, gehörten trotz ihres unterschiedlichen Alters zu den gesetzten Leuten. Es war Ahmed Efendi mit einem etwas jüngeren Herrn und einem Jüngling seiner europäischen Begleitung, dessen Beschneidung im Gegensatz zu seiner eigenen nicht das geringste Aufsehen erregt hatte.
    Ja, es war Bonneval! Endlich, endlich hatte er die Erlaubnis erhalten, nach Konstantinopel zu kommen, und nun war er da. Eine Bleibe hatte er auch schon und ebenso ein Thein, ein Tagesgeld, mit dem sich auskommen ließ. Lamira brauchte ihn nicht mehr zu verkuppeln. Daß alle europäischen Gesandtschaften an ihre Höfe berichtet hatten, war ihm bekannt. Die Sensation war in Europa größer als in der Türkei. Dabei blieb es freilich vorerst noch. Obwohl die Nichtbeantwortung seiner Briefe an Villeneuve recht aufschlußreich gewesen war, hatte er im stillen doch damit gerechnet, daß ein oder der andere Gesandte, wenigstens der kleineren Staaten, etwas von sich hören lassen würde. Nichts dergleichen war geschehen. Man hielt sich vorsichtig zurück, man erwartete Instruktionen, wollte der Pforte nicht vorgreifen, der es überlassen bleiben müsse, ob sie von seinen Diensten Gebrauch machen wolle oder nicht. Später werde man dann sehen. Unter diesen Umständen hatte es ihn als erstes bescheidenes Anzeichen künftiger Erfolge gefreut, daß Hassan Efendi als Begleiter einer kleinen Traglast von Likören mit einem Kompliment, nicht etwa des schwedischen Gesandten, sondern des Königs von Schweden selbst bei ihm erschienen war. Natürlich hatten die guten Wünsche des Königs nichts Schriftliches begleitet, aber dennoch waren sie sehr glaubhaft. Bonneval kannte König Friedrich noch als Landgraf von Hessen-Kassel sehr gut, die beiden Herren hatten manche Flasche miteinander geleert und sich überhaupt stets trefflich verstanden. Auch der so ganz inoffizielle Hassan war ein munterer Mann, und Bonneval hatte keinen Grund gesehen, dessen Bitte, ihm einiges von Konstantinopel zeigen zu dürfen, nicht anzunehmen. In Venedig war es oft umgekehrt gewesen. Berühmte Durchreisende hatten es selten verabsäumt, ihm, dem berühmten Bonneval, ihre Aufwartung zu machen, wobei er ihnen dann ähnliche Freundschaftsdienste erwiesen hatte. Besonders gern erinnerte er sich des Herrn von Montesquien, mit dem er damals fast täglich zusammen gewesen war und der sich so sehr für seine technischen Experimente interessiert hatte. Wenigstens sei er jetzt kein Cicerone mehr, dachte Bonneval, als er sich Hassan zuwandte.
    „Ich kann es mir noch gar nicht vorstellen“, sagte er, „daß Dschanüm Pascha dieses große Kaffeehaus erbauen ließ.“
    „Deswegen ist er ja abgesetzt worden. Kennen Euer Gnaden seine Geschichte nicht? Er hat doch den Angriff auf das venezianische Korfu befehligt, den General Schulenburg dann abschlug. Diese Niederlage wurde Dschanüm verziehen. Er kam später als Gefangener in die Sieben Türme, wurde

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