Der Eunuch
Güter.“
„Die kriegt sie schon zurück.“
„Und bis dahin zahlst du.“
Jesche war zu gescheit, um dem Vater von seiner Leidenschaft für Paula zu sprechen.
„ Iich werde immer bezahlen“, gab er lieber zu. „Sollen die Leute was zu reden haben, nur nicht über Knickerei. Werde mich grade an unserm Kredit versündigen! Wir sind keine Schnorrer mehr. Ein Oppenheimer zahlt sein’ Sach’, wie es Brauch ist.“
Inzwischen saß die Goite vor ihrem Spiegel und saß immer noch im Hemd. Die Puderquaste hatte sie sinken lassen, und so war es noch gar nicht abzusehen, wann sie angezogen sei und vor den Kavalier würde treten können, der draußen auf sie wartete. Dabei sah der Hofherr gar nicht so aus, daß eine Dame vor ihm hätte erschrecken müssen, aber . . .
Eigentlich konnte Paula Zay mit ihrer gesellschaftlichen Laufbahn in Wien sehr zufrieden sein. Man hatte bedauert, daß ihr böses Schicksal sie mit einem Hochverräter und Rebellen ehelich verbunden habe, und man hatte sie belobt, daß ihr Pflichtgefühl als gute Untertanin sie auf den rechten Weg zurückgeführt habe. Die Akte der Baronin Zay war mit mancherlei Nachhilfe aus einer simplen Polizeiakte eine Staatsakte, dann gar eine Hofakte geworden und schließlich zur Kenntnis der Majestäten gelangt. Karl VI. hatte sich bewogen gefühlt, der Baronin Zay eine wenn auch nicht gerade üppige Rente auf die Hofkasse anzuweisen, die im Zustande chronischer Zahlungsunfähigkeit ihrerseits die Anweisung an das Bankhaus Oppenheimer weitergab. Man hätte sagen können, daß der Kaiser auf diese Weise des Juden Mätresse aushielt — allerdings in einem Maße, der ihrem wirklichen Bedarf wenig entsprach — und daß der Jude den kaiserlichen Anteil auslegen mußte. Bei der nächsten Übernahme irgendeines Monopols würde man die Auslage verrechnen.
Soweit war alles in Ordnung, und vom Standpunkt der Gesellschaft' hätte dieser Tag die Krönung von Paulas Karriere sein müssen. Welche Dame außer der Batthany konnte sich schon rühmen, daß Seine durchlauchtigste Hoheit einen seiner Kammerherren an sie abgeschickt habe, um sie in einer Hofkarosse zu ihm in die Himmelpfortgasse zu geleiten? Das war nämlich bei Paula der Fall, und mit dem Kavalier hätte sie es spielend aufgenommen. Aber sie war immer noch gescheiter als eitel, und so war ihr das plötzliche Interesse des alten Herrn an ihrer quicken Person verdächtig. Ein verstohlener Blick aus dem Fenster hatte sie über die glanzvollen Lakaien bei der Karosse belehrt — alles prächtige, kräftige Kerle. Sie brauchen auch nicht geradezu Polizeileute zu sein, sagte sich Paula; aber eine Festnahme ergab sich schnell, wenn der Prinz die betreffende Person verhaftet zu sehen wünsche. Sie hatte recht. Es gab Beispiele. Dagegen half nicht einmal ein gutes Gewissen, und Paula hatte alles andere als das.
Schließlich war sie dennoch fertig. Die Mahnung des Kammerherrn, daß der Prinz absolute Pünktlichkeit erwarte, hatte sehr dazu beigetragen.
Im Empfangssaal des Prinzenpalais war sie durchaus nicht allein, und alle Besucher wollten natürlich zum Prinzen selbst und nur zu ihm. Wenn sie Glück hatten, kamen sie zum Generaladjutanten. Andere wurden von einer Hofcharge empfangen, vom Hofjagdmeister etwa oder dem Stallmeister Seiner Hoheit. Ausnahmen, wie die Gräfin Batthany, die eben noch durch ein Spalier gekrümmter Rücken, ohne zu fragen oder gefragt zu werden, ihrem Ziel zugerauscht war, hatten für Paula nidits zu bedeuten. Sie sei keine Ausnahme, sagte sie sich, worin sie sich jedoch irrte.
„Seine Hoheit lassen Frau Baronin bitten“, hörte sie ihren Kammerherrn sagen und vernahm noch, wie er einen ihr Unbekannten ebenfalls aufrief: „Herr von Talmann, der Prinz erwartet Sie.“
Paula gehörte demnach zu den wenigen, die der Prinz selbst empfing. Aber viel lieber wäre sie beim Koch gelandet als beim Prinzen. Dieser vertrackte Druck in der Magengrube, der keinem ehrlichen Angstzustand fehlt, ließ den Gang ihrer hübschen Beine höchst unsicher werden.
Im kleinen Konferenzsaal fand sie fast dieselben Personen vor, wie sie damals bei Juliennes Ankunft versammelt gewesen waren. Nur Herr von Talmann war ebenfalls ein Neuling in diesem erlauchten Raum. Der Prinz befand sich mit seiner Freundin und Baron Andlaw bereits im Raum. Andlaw stellte die Baronin Zay und Herrn von Talmann einander vor; aber ein Mitglied der ,conference“, wie der Prinz die Besprechung nannte, fehlte noch: Julienne.
„Man
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