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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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kommt, und antwortete mit welligen Fotos von Kakaobohnen.
    Gleichgültigkeit heuchelnd, ging Justin erst einmal an dem Haus vorbei, bog links um die Ecke, schlenderte den Bürgersteig entlang und studierte die Namensschilder von Heilpraktikern und Psychologen. In einem zivilisierten Land kann man nie wissen . Ein Polizeiauto fuhr langsam vorbei, die Reifen schmatzten auf dem nassen Asphalt. Die Insassen, darunter eine Frau, musterten ihn ausdruckslos. Auf der anderen Straßenseite standen zwei alte Männer mit schwarzen Regenmänteln und schwarzen Filzhüten, als warteten sie auf eine Beerdigung. In dem Fenster hinter ihnen waren die Vorhänge zugezogen. Drei Frauen auf Fahrrädern kamen bergab auf Justin zugerollt. Graffiti an den Wänden traten für die Sache der Palästinenser ein. Er kehrte zu dem bemalten Schloss zurück und blieb vor der Eingangstür stehen. Ein grünes Flusspferd war darauf abgebildet. Ein kleineres grünes Flusspferd klebte auf dem Klingelschild. Von oben schaute ein reich verziertes Erkerfenster auf ihn hinab, das wie ein Schiffsbug aussah. Am Abend zuvor hatte er hier seinen Brief eingeworfen. Ob mich dabei jemand beobachtet hat? Die gestresste Lehrerin gestikulierte hinter dem Fenster, er solle die andere Tür benutzen, aber die war verriegelt. Tut mir furchtbar Leid, gestikulierte er zurück.
    »Warum ist die Tür nicht offen?«, fauchte sie ihn an, nachdem sie die Riegel zurückgeschoben und die Tür aufgezogen hatte.
    Justin bat noch einmal um Entschuldigung, trat behutsam zwischen die Kinder und sagte »hallo« und »guten Tag«, aber seine Wachsamkeit setzte seiner sonst grenzenlosen Höflichkeit deutliche Grenzen. Er ging an Fahrrädern und einem Kinderwagen vorbei, stieg eine Treppe hoch und gelangte in eine Diele, die er misstrauisch beäugte. Die Einrichtung schien auf das Allernotwendigste beschränkt: ein Trinkwasserspender, ein Kopiergerät, leere Regale, Stapel von Nachschlagewerken und Pappkartons auf dem Fußboden. Durch eine offene Tür sah er eine junge Frau mit Hornbrille und Rollkragenpullover vor einem Bildschirm sitzen.
    »Mein Name ist Atkinson«, stellte er sich ihr auf Englisch vor. »Peter Atkinson. Ich habe hier bei Hippo einen Termin mit Birgit.«
    »Warum haben Sie nicht angerufen?«
    »Ich bin gestern Abend erst spät in die Stadt gekommen. Da fand ich es besser, mich schriftlich anzukündigen. Hat sie jetzt Zeit für mich?«
    »Das weiß ich nicht. Fragen Sie sie selbst.«
    Er folgte ihr durch einen kurzen Gang zu einer Flügeltür, deren eine Hälfte sie aufstieß.
    »Dein Journalist ist hier«, erklärte sie mit einer Betonung, als wäre Journalist gleichbedeutend mit heimlicher Liebhaber, dann schritt sie in ihr Büro zurück.
    Birgit war eine kleine, lebhafte Frau mit rosigen Wangen, blonden Haaren und der Haltung einer vergnügten Faustkämpferin. Ihr Lächeln war lebhaft und unwiderstehlich. Doch ihr karg eingerichtetes Zimmer machte einen genauso entsagungsvollen Eindruck wie die Diele.
    »Um zehn haben wir eine Besprechung«, verkündete sie ein wenig atemlos, als sie seine Hand ergriff. Sie sprach das Englisch ihrer E-Mails. Er hatte nichts dagegen. Mr Atkinson brauchte sich nicht verdächtig zu machen, indem er deutsch mit ihr redete.
    »Möchten Sie Tee?«
    »Nein, danke.«
    Sie zog zwei Stühle an einen niedrigen Tisch und nahm auf einem Platz. »Wenn es um den Einbruch geht – dazu können wir wirklich nichts sagen«, erklärte sie.
    »Was für ein Einbruch?«
    »Nicht so wichtig. Es ist nicht viel weggekommen. Vielleicht hatten wir vorher zu viel Kram. Jetzt jedenfalls nicht mehr.«
    »Wann war das?«
    Sie zuckte die Schultern. »Schon länger her. Vorige Woche.«
    Justin zog ein Notizbuch aus der Tasche und legte es wie Lesley aufgeschlagen auf die Knie. »Es geht um die Arbeit, die Sie hier leisten«, sagte er. »Meine Zeitung plant eine Artikelserie über Pharmakonzerne und die Dritte Welt. Die Serie soll Großhändler der Gesundheit heißen. Es geht darum, dass die Länder der Dritten Welt als Verbraucher keine Macht haben. Dass es auf der einen Seite die großen Krankheiten gibt, auf der anderen die großen Profite.« Er hatte sich darauf vorbereitet, wie ein Journalist zu reden, war sich nun aber nicht sicher, ob ihm das gelang. »›Die Armen können nicht zahlen, also müssen sie sterben. Wie lange kann das noch so weitergehen? Offenbar haben wir die Mittel, aber nicht den Willen.‹ So was in der Richtung.«
    Zu seiner Überraschung

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