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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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am Rand. Unsicher, ob er einen Schatten hatte vorbeihuschen sehen, verharrte er reglos. Er dachte, seltsamerweise, an Justin. Er dachte, wenn Curtiss Recht hatte und Justin mit einem falschen Pass kurz nacheinander in Italien, Deutschland und Kanada gewesen war, dann war das ein Justin, den er nicht kannte, auch wenn er in den letzten Wochen geargwöhnt hatte, dass es einen solchen Justin geben könnte: den Einzelgänger, der sich nur von sich selbst etwas vorschreiben ließ; den leidenschaftlichen Justin, der entschlossen in den Kampf zog, um aufzudecken, was er in einem früheren Leben vielleicht zu decken geholfen hätte. Und wenn das der neue Justin war, und wenn das die Aufgabe war, die er sich gestellt hatte, wo konnte er besser mit der Suche beginnen als hier am See, in der Residenz von Sir Kenneth Curtiss, dem Importeur und Großhändler, der » sein « Medikament Dypraxa in Afrika vertrieb?
    Donohue machte einen Schritt auf sein Auto zu, hielt aber, als er ganz in der Nähe ein Geräusch vernahm, mitten in der Bewegung inne und stellte den Fuß so leise wie möglich auf den Asphalt zurück. Was spielen wir, Justin? Bäumchen Wechsel dich? Oder bist du bloß einer von diesen Stummelaffen? Wieder ein Geräusch, diesmal ganz deutlich hinter ihm. Mensch oder Tier? Donohue hob zur Abwehr den rechten Ellbogen, bezwang den Wunsch, Justins Namen zu flüstern, und fuhr herum: Einen Meter vor ihm im Mondlicht stand Doug Crick und ließ die leeren Hände demonstrativ sinken. Er war blond und ziemlich groß, so groß wie Donohue, aber nur halb so alt, und auf seinem breiten, blassen Gesicht lag ein gewinnendes, wenn auch etwas weibisches Lächeln.
    »Hallo, Doug«, sagte Donohue. »Alles klar?«
    »Oh ja, Sir, danke, und ich hoffe, bei Ihnen auch.«
    »Kann ich irgendwas für Sie tun?«
    Sie sprachen beide sehr leise.
    »Ja, Sir. Fahren Sie zur Hauptstraße, dann Richtung Nairobi und weiter bis an die Abzweigung zum Hell’s-Gate-Nationalpark; der hat seit einer Stunde geschlossen. Die Straße ist unbefestigt, keine Lichter. Dort treffen wir uns in zehn Minuten.«
    Donohue fuhr an schwarzen Grevilleabäumen vorbei zum Torhaus hinunter und hielt an; der Wachposten leuchtete ihm mit der Taschenlampe ins Gesicht und dann ins Auto, für den Fall, dass er die Leopardenläufer gestohlen hatte. Den Karatefilm hatte ein stümperhaft gemachter Porno abgelöst. Donohue fuhr langsam auf die Hauptstraße, wobei er auf Tiere und Menschen gleichermaßen achtete. Verhüllte Gestalten kauerten oder lagen auf den Randstreifen. Vereinzelte Eingeborene, die mit langen Stöcken an der Straße entlanggingen, hoben träge die Hand, wenn er sich näherte, oder sprangen ihm provozierend vor die Scheinwerfer. Er fuhr weiter, bis er das elegante Hinweisschild zum Nationalpark erblickte. Schließlich blieb er stehen, schaltete die Scheinwerfer aus und wartete. Hinter ihm hielt ein Wagen. Donohue entriegelte die Beifahrertür und schob sie einen Spalt weit auf, bis die Innenbeleuchtung anging. Keine Wolke mehr am Himmel, kein Mond zu sehen. Die Sterne schienen doppelt hell durch die Windschutzscheibe. Donohue erkannte Stier und Zwillinge, und dann auch noch den Krebs. Doug glitt neben ihn und schlug die Tür zu, so dass sie im Stockdunkeln saßen.
    »Der Chef weiß nicht mehr ein noch aus, Sir. So habe ich ihn noch nie erlebt – wirklich noch nie«, sagte Crick und schnaufte heftig, um seiner Verzweiflung Ausdruck zu verleihen.
    »Ich kann es mir vorstellen, Doug.«
    »Offen gesagt, ich glaube, er dreht allmählich durch.«
    »Überarbeitet, nehme ich an«, erwiderte Donohue verständnisvoll.
    »Ich habe den ganzen Tag in der Telefonzentrale gesessen und Anrufe zu ihm durchgestellt. Die Londoner Banken, Basel, dann wieder die Banken, dann Finanzierungsgesellschaften, von denen er noch nie gehört hat und die ihm einen Monatskredit zu vierzig Prozent anbieten, dann diverse Politiker, die er allesamt für Ratten hält. Da muss man einfach mithören, das geht gar nicht anders.«
    Eine ausgemergelte Frau mit einem Kind auf dem Arm klopfte zaghaft an die Windschutzscheibe. Donohue kurbelte sein Fenster herunter und gab ihr einen Zwanzig-Shilling-Schein.
    »Er hat Hypotheken auf seine Häuser in Paris, Rom und London aufgenommen, und sein Haus am Sutton Place in New York ist als Nächstes dran. Er sucht nach einem Käufer für seine alberne Fußballmannschaft, aber wer sich für die interessiert, muss schon taub und blind zugleich sein. Er hat seinen

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