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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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vorbeikam, wurde er nicht langsamer, sondern fuhr geradewegs weiter zum Hochkommissariat. Der Seelachs würde bis morgen warten müssen.

EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    S andy Woodrow«, verkündete Gloria verspielt, aber streng, stemmte die Hände in die Hüften und baute sich in ihrem flauschigen neuen Morgenmantel vor ihm auf. » Ich finde, du solltest endlich Flagge zeigen.«
    Sie war früh aufgestanden, und während er sich rasierte, hatte sie ihr Haar gebürstet. Sie hatte die Jungen mit dem Fahrer zur Schule geschickt und Sandy zum Frühstück Eier und Speck gemacht, was ihm der Arzt verboten hatte, aber hin und wieder durfte eine Frau ihren Mann schon mal verwöhnen. Jetzt spielte sie die Klassensprecherin, die sie einmal gewesen war, und sprach mit ihrer hohen Mädchenstimme, doch ihr Mann, der sich wie jeden Morgen durch einen Stapel kenianischer Zeitungen wühlte, bekam von alldem nichts mit.
    »Die Flagge wird am Montag wieder hochgezogen, Schatz«, antwortete er zerstreut und kaute auf einem Stück Speck herum. »Mildred hat mit der Protokollabteilung gesprochen. Für Tessa hatten wir sie länger auf Halbmast als für einen aus dem Königshaus.«
    »Ich rede nicht von der Flagge, Dummkopf.« Gloria schob die Zeitungen aus seiner Reichweite und legte sie hübsch ordentlich auf einen Beistelltisch unter ihre Aquarelle. »Sitzt du bequem? Also, hör zu. Ich rede davon, dass ich eine absolut umwerfende Party geben will, um uns alle etwas aufzuheitern, dich eingeschlossen. Es wird allmählich Zeit , Sandy. Wirklich. Zeit, dass wir alle uns sagen: ›Gut. Das ist jetzt passiert. Schreckliche Sache. Aber das Leben muss weitergehen.‹ Tessa würde das ganz genauso empfinden. Entscheidende Frage, Darling. Gibt’s neue Informationen? Wann kommen die Porters zurück?« Die Porters , wie die Sandys und die Elenas – so vertraulich reden wir über Leute, wenn wir uns besonders wohl fühlen.
    Woodrow schob ein rechteckiges Stück Spiegelei auf seine gebratene Brotscheibe. »›Mr und Mrs Porter Coleridge haben verlängerten Heimaturlaub genommen, um ihre Tochter Rosie in ihrer neuen Schule einzugewöhnen‹«, zitierte er einen imaginären Sprecher. »Keine neuen Informationen, auch nicht für Insider. Werden’s schon früh genug erfahren.«
    Aber so gelassen Woodrow sich gab, die Sache beschäftigte ihn doch sehr. Was zum Teufel trieb Coleridge eigentlich? Warum diese Funkstille? Gut, er war auf Heimaturlaub. Wie schön für ihn. Aber auch im Urlaub haben Gesandtschaftsleiter Telefone, Internet-Anschlüsse und Adressen. Sie bekommen Entzugserscheinungen, rufen unter den fadenscheinigsten Vorwänden ihre Stellvertreter und Sekretärinnen an, erkundigen sich nach ihren Dienstboten, Gärten und Hunden und wollen wissen, wie der Laden so läuft ohne sie. Und es verdrießt sie, wenn man andeutet, dass der Laden ohne sie eher besser läuft. Aber von Coleridge seit seiner abrupten Abreise kein Ton. Und wenn Woodrow in London anrief und behauptete, er müsse ihm ein paar unschuldige Fragen stellen – und ihn dabei ganz beiläufig nach seinen Plänen und Wünschen auszufragen trachtete –, lief er jedes Mal gegen eine Wand. Coleridge sei »zur Zeit im Kabinett«, teilte ihm ein Grünschnabel aus der Afrika-Abteilung mit. Er nehme an einer »ministeriellen Arbeitsgruppe« teil, sagte ein Satrap aus dem Büro des Staatssekretärs.
    Auch als Woodrow endlich Bernard Pellegrin über das abhörsichere Telefon auf Coleridges Schreibtisch erreichte, gab der sich genauso ausweichend wie alle anderen. »Da hat die Personalabteilung mal wieder Mist gebaut«, erklärte er vage. »Der Premierminister will ein Briefing, also will auch der Minister eins, und dann wollen sie alle eins. Jeder will ein Stück von Afrika. Sonst irgendwas Neues?«
    »Aber kommt Porter nun zurück oder nicht, Bernard? Ich finde diese Situation sehr unangenehm. Für uns alle hier.«
    »Ich weiß es wirklich nicht, lieber Freund.« Kurze Pause. »Sind Sie allein?«
    »Ja.«
    »Diese Schwuchtel Mildred hat nicht zufällig das Ohr am Schlüsselloch?«
    Woodrow warf einen Blick auf die geschlossene Vorzimmertür und senkte die Stimme. »Nein.«
    »Erinnern Sie sich an den Packen Papier, den Sie mir vor kurzem geschickt haben? Gut zwanzig Seiten? Verfasser eine Frau?«
    Woodrows Magen zog sich zusammen. Abhörsichere Geräte mögen ja gegen Außenstehende helfen, aber helfen sie auch gegen die eigenen Leute?
    »Was ist damit?«
    »Meiner Meinung nach wäre es das

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