Der ewige Gaertner
über den Fortgang Ihrer Ermittlungen mitgeteilt hat, eigentlich so verstanden«, widerspricht Justin, mehr in der betulich abwägenden Art eines Akademikers als in der eines trauernden Ehemanns, »dass Sie von einer Zufallstat ausgehen, nicht von einem vorsätzlichen Mord.«
»Woodrow redet doch nur Mist«, sagt Rob, die Stimme mit Rücksicht auf ihre Gastgeberin gesenkt.
Es steht noch kein Aufnahmegerät auf dem Tisch. Die bunten Notizbücher liegen unberührt in Lesleys Tasche. Es geschieht nichts, was die Angelegenheit beschleunigen oder ihr einen förmlichen Anstrich verleihen könnte. Gloria hat Tee serviert und sich nach einem längeren Vortrag über das kürzliche Ableben ihres Bullterriers nur widerstrebend zurückgezogen.
»Wir haben jetzt die Spuren eines zweiten Fahrzeugs gefunden, das fünf Meilen vom Tatort entfernt geparkt war«, erläutert Lesley. »Es war in einem ausgetrockneten Flussbett versteckt, südwestlich der Stelle, an der Tessa ermordet wurde. Wir haben einen Ölfleck entdeckt und die Überreste eines Feuers.«
Justin blinzelt, als wäre das Tageslicht ein wenig zu hell, dann neigt er höflich den Kopf, um zu zeigen, dass er zuhört.
»Außerdem frisch vergrabene Bierflaschen und Zigarettenstummel«, fährt Lesley ernst fort, als mache sie Justin für all dies verantwortlich. »Sobald Tessas Jeep vorbeikam, ist das Geisterauto aus seinem Versteck aufgetaucht und hat sich drangehängt. Dann hat es auf gleiche Höhe aufgeschlossen. Ein Vorderrad von Tessas Jeep wurde mit einem Jagdgewehr zerschossen. Für uns sieht das nicht nach einer Zufallstat aus.«
»Wir würden eher von einem Mordanschlag sprechen«, greift Rob den Faden auf. »Geplant von bezahlten Profis und ausgeführt auf Geheiß einer oder mehrerer unbekannter Personen. Wer immer ihnen den Wink gab, wusste sehr gut über Tessas Pläne Bescheid.«
»Und die Vergewaltigung?«, erkundigt sich Justin betont gleichgültig, den Blick starr auf seine gefalteten Hände gerichtet.
»Zur Vertuschung oder einfach so«, erwidert Rob trocken. »Entweder die Kerle haben den Kopf verloren oder es mit Überlegung getan.«
»Was uns zur Frage des Motivs zurückbringt, Justin«, sagt Lesley.
»Ihres Motivs«, betont Rob. »Es sei denn, Ihnen fällt was Besseres ein.«
Ihre Gesichter sind wie Kameras von zwei Seiten auf ihn gerichtet, aber Justin bleibt für ihre Blicke so unempfänglich wie für ihre Andeutungen. Vielleicht ist er sich – zurückgezogen in sein Inneres – weder des einen noch des anderen bewusst. Lesley greift mit einer Hand in ihre Tasche und tastet nach dem Aufnahmegerät, besinnt sich dann aber eines Besseren. Die Hand verharrt wie in flagranti ertappt, während sie den Rest ihres Körpers ganz Justin zudreht, diesem Formulierungskünstler, dieser Ein-Mann-Kommission.
»Aber ich kenne doch gar keine Killer«, wendet er mit leerem Blick ein, als wäre damit der entscheidende Fehler in ihrer Argumentation aufgedeckt. »Ich habe niemanden beauftragt und niemandem die Anweisung gegeben. Ich habe mit dem Mord an meiner Frau nicht das Geringste zu tun. Nicht in dem Sinne, auf den Sie abzielen. Ich habe ihren Tod nicht gewünscht, habe ihn nicht veranlasst.« Justin stockt, verliert kurz die Kontrolle über seine Stimme und fährt dann fort. »Ich beklage ihn über alle Maßen.«
Und diese Worte kommen mit solcher Entschiedenheit, dass die Beamten für einen Moment nicht wissen, was sie sagen sollen, und es vorziehen, Glorias Aquarelle von Singapur zu betrachten, die in einer Reihe über dem steinernen Kamin hängen, ein jedes mit einem Schild ausgezeichnet: »£199 UND ZWAR OHNE DIE VERDAMMTE MWST!« Überall sind der gleiche leer gefegte Himmel, eine Palme und eine Vogelschar zu sehen, und auf jedem Bild prangt der Name der Künstlerin in so auftrumpfenden Buchstaben, das man ihn bequem von der anderen Straßenseite aus lesen könnte. Zur Freude aller Sammler ist zusätzlich noch das jeweilige Entstehungsdatum angegeben.
Schließlich wirft Rob, mit der Arroganz, weniger der Selbstsicherheit seines Alters, den Kopf hoch und platzt heraus: »Sie hatten also nichts dagegen, dass Ihre Frau mit Bluhm geschlafen hat? Ich glaube, die meisten Männer wären in so einem Fall doch wohl ein wenig irritiert.« Er klappt den Mund wieder zu und erwartet, dass Justin das tut, was ein betrogener Ehemann nach Robs rechtschaffener Meinung nun tun müsste: weinen, erröten, wüten – gegen die eigene Unzulänglichkeit oder die
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