Der ewige Gaertner
Ham mit gespielter Entrüstung. »Das Vorspiel sozusagen. Danach kamen die Namen der Direktoren sämtlicher Unternehmen, die zu dem Konzern Karel Vita Hudson gehören, mit Sitz in Vancouver, Seattle, Basel und jedem Ort, den du dir nur vorstellen kannst, von Oshkosh bis East Pinner. Und: ›Was ist dran an dem weit verbreiteten Gerücht über den bevorstehenden Zusammenbruch des alten und ehrwürdigen Hauses Bums, Birmingham und Bienenstich GmbH, oder wie sie noch gleich heißen, bekannt jedenfalls auch als ThreeBees, deren Vorsitzender auf Lebenszeit und Herr des Universums ein gewisser Sir Kenneth K. Curtiss ist?‹ Und ob sie sonst noch Fragen hatte, möchtest du wissen? Ja, verdammt, das hatte sie. Ich hab ihr gesagt, sie sollte sich das Zeug aus dem Internet holen, aber sie meinte, auf die meisten Informationen, die sie interessierten, hätte sie keinen Zugriff oder wie man das nennt, wenn sich jemand von Otto Normalverbraucher nicht über die Schulter gucken lassen will. Also sag ich zu ihr: ›Tess, mein Mädchen‹, sag ich, ›dafür brauch ich doch Wochen . Wenn nicht Monate!‹ Hat sie was darauf gegeben? Zur Hölle, nein. Aber schließlich war es Tess. Ich wär ohne Fallschirm aus ’nem Ballon gesprungen, wenn sie es mir befohlen hätte.«
»Und was ist dabei herausgekommen?«
Ham glühte bereits vor unschuldigem Stolz. »KVH Vancouver und Basel halten einundfünfzig Prozent Anteile an den piekfeinen Biotechnologiefirmen auf der Isle of Man, Lordingsbums und Pharma-was-weiß-ich. ThreeBees in Nairobi haben die alleinigen Import- und Vertriebsrechte für besagtes Molekül und seine Derivate auf dem gesamten afrikanischen Kontinent.«
»Ham, du bist unglaublich!«
»Lorpharma und Pharmabeer sind im Besitz ein und derselben Dreierbande. Oder waren es vielmehr, bis sie ihre einundfünfzig Prozent verkauft haben. Ein Kerl, zwei Bräute. Der Kerl heißt Lorbeer. Lor plus Beer plus Pharma ergibt Lorpharma und Pharmabeer. Die Bräute sind beides Ärztinnen. Unter der Anschrift eines Schweizer Gnoms, der in einem Briefkasten in Liechtenstein wohnt.«
»Namen?«
»Lara Soundso. Hab’s in meinen Unterlagen. Ach ja, Lara Emrich.«
»Und die andere?«
»Hab ich vergessen. Nee, halt. Kovacs. Vorname unbekannt. War Lara, in die ich mich verknallt hab. Früher mal mein Lieblingslied. Aus Doktor Schiwago . Tessas auch damals. Scheiße .« In der folgenden Pause schnäuzte Ham sich ausgiebig, und Justin wartete geduldig.
»Und was hast du mit diesen kostbaren Informationen gemacht, nachdem du auf sie gestoßen warst, Ham?«, erkundigte Justin sich behutsam.
»Hab ihr den ganzen Kram per Telefon nach Nairobi durchgegeben. War völlig aus dem Häuschen, die Gute. Hat mich ihren Helden genannt –« Ham brach ab, erschrocken über Justins Miene. »Nicht euer Telefon, du Idiot. Bei irgendeiner Freundin von ihr auf dem Land. ›Du gehst in eine Telefonzelle, Ham, und rufst mich sofort unter folgender Nummer zurück. Hast du was zu schreiben?‹ Spielte schon immer gerne den Boss, die Kleine. War aber verdammt vorsichtig, was Telefone anging. In meinen Augen ein bisschen paranoid. Aber gut, manche Paranoiker haben wirklich Feinde, stimmt’s?«
»Tessa ja«, bestätigte Justin, und Ham warf ihm einen schrägen Blick zu, der mit jedem Augenblick intensiver wurde.
»Du meinst doch nicht, dass es das war, was passiert ist, oder?«, fragte Ham mit gedämpfter Stimme.
»Inwiefern?«
»Ist meine alte Tess diesen Pharmabrüdern in die Quere gekommen?«
»Denkbar wäre es.«
»Aber ich meine, Herrgott noch mal, Mensch, du willst doch damit nicht etwa sagen, sie hätten sie zum Schweigen gebracht? Ich mein, klar, ich weiß, das sind keine Pfadfinder.«
»Ich bin mir sicher, sie sind alle glühende Philantropen. Bis hinunter zum kleinsten Millionär.«
Ein langes Schweigen folgte. Am Ende war es Ham, der es brach.
»Gottogott. Tja. Da ist behutsames Vorgehen angesagt, wie?«
»Genau.«
»Ich hab sie in die Scheiße geritten durch diesen Anruf.«
»Nein, Ham. Du hast dir für sie ein Bein ausgerissen, und sie hat dich geliebt.«
»Tja. Oh Mann. Kann ich irgendwas tun?«
»Ja. Besorg mir eine Schachtel. Ein stabiler Pappkarton würde reichen. Hast du so was?«
Froh, eine Aufgabe zu haben, stürmte Ham los und kehrte nach einigem Gefluche mit einem Plastikkorb zurück. Justin kauerte vor der Gladstone-Tasche nieder, löste die Verschlüsse und packte, während er Ham mit seinem Rücken die Sicht versperrte, den
Weitere Kostenlose Bücher