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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Inhalt der Tasche dahinein.
    »Und wenn du jetzt so gut wärst, mir einen Stapel deiner langweiligsten Akten über das Anwesen der Manzinis zu geben. Alten Kram. Den du aufbewahrst, aber nie anguckst. Nur so viel, dass diese Tasche voll wird.«
    Also besorgte Ham ihm auch die Akten: so alt und eselsohrig, wie Justin sie offenbar haben wollte. Er half Justin, sie in die leere Tasche zu packen. Beobachtete, wie der die Tasche zumachte und verschloss, wie er dann, mit der Tasche in der Hand, die Sackgasse hinunterging und ein Taxi nahm. Als Justin seinen Blicken entschwand, seufzte Ham »Heilige Mutter!«, und es war ihm ernst mit dieser Anrufung der Jungfrau Maria.
    * **
    »Guten Morgen , Mr Quayle, Sir. Darf ich kurz Ihre Tasche haben, Sir? Ich muss sie durchleuchten, wenn’s recht ist. Die neuen Vorschriften. Das gab’s zu unserer Zeit noch nicht, wie? Oder zu Zeiten Ihres Herrn Vaters. Danke, Sir. Und hier haben Sie Ihren Schein, alles im grünen Bereich, wie man so sagt.« Mit gesenkter Stimme: »Es tut mir so Leid, Sir. Wir sind alle tief betroffen.«
    »Guten Morgen, Sir! Schön, dass Sie wieder bei uns sind.« Und weiter mit ebenfalls gesenkter Stimme: »Unser Mitgefühl, Sir. Auch von meiner Frau.«
    »Unser allerherzlichstes Beileid, Mr Quayle.« Die nächste Stimme atmet Justin Bierdunst ins Ohr. »Miss Landsbury bittet Sie, gleich nach oben zu kommen, Sir. Willkommen zu Hause.«
    Doch das Außenministerium war kein Zuhause mehr. Die groteske Eingangshalle, erbaut, um indischen Prinzen Angst einzujagen, vermittelte nur mehr prahlerische Machtlosigkeit. Und die Porträts der hochmütigen Freibeuter mit ihren Perücken schenkten ihm kein vertrautes Lächeln mehr.
    »Justin. Ich bin Alison. Wir sind uns noch nicht begegnet. Wie überaus schrecklich, sich unter solchen Umständen kennen zu lernen. Wie geht es Ihnen?« Alison Landsbury erschien ganz bewusst beherrscht in der fast vier Meter hohen Tür zu ihrem Büro und umfasste mit beiden Händen seine Rechte, um diese nach einem kräftigen Druck wieder loszulassen. »Wir sind alle ganz furchtbar traurig, Justin. Wirklich entsetzt . Und Sie sind so tapfer. Dass Sie nach so kurzer Zeit zu uns kommen. Sind Sie überhaupt in der Lage zu einem vernünftigen Gespräch? Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie Sie das schaffen!«
    »Ich hätte gern gewusst, ob es etwas Neues über Arnold gibt.«
    »Arnold? Ah, der mysteriöse Dr. Bluhm. Nein, leider nicht. Wir müssen auf das Schlimmste gefasst sein«, sagte sie, ohne jede Andeutung, was das ihrer Ansicht nach wohl sein könnte. »Immerhin ist er kein britischer Staatsbürger, nicht wahr?« Sie schlug einen fröhlicheren Ton an. »Die guten Belgier müssen sich schon selbst um ihre Leute kümmern.«
    Ihr Zimmer war zwei Stockwerke hoch, hatte vergoldete Friese, schwarze Heizkörper aus Kriegszeiten und einen Balkon mit Aussicht auf höchst private Gärten. Es gab zwei Sessel, und Alison Landsbury hatte ihre Strickjacke über die Rückenlehne des einen gelegt, damit sich niemand aus Versehen in ihren setzte. In einer Thermoskanne stand Kaffee bereit, so dass ihr Rendezvous nicht unterbrochen zu werden brauchte. Der dicken Luft nach zu urteilen hatten erst kurz zuvor andere Personen den Raum verlassen. Vier Jahre Ministerin in Brüssel, drei Jahre Verteidigungsexpertin in Washington, zitierte Justin im Geiste das Who’s Who. Danach drei Jahre in London als Mitglied des parlamentarischen Geheimdienstausschusses. Vor sechs Monaten zur Leiterin der Personalabteilung ernannt. Unser einziger Kontakt bisher: ein Brief, der mir nahe legt, meiner Frau die Flügel zu stutzen – einfach ignoriert. Ein Fax mit der Anordnung, mein eigenes Haus nicht zu betreten – kam zu spät. Justin fragte sich, in was für einem Haus Alison leben mochte, und er gestand ihr eine Luxuswohnung in einem der herrschaftlichen Backsteinbauten hinter Harrod’s zu, günstig gelegen zu ihrem Bridge-Club am Wochenende. Sie war sechsundfünfzig, drahtig und trug Tessas wegen Schwarz. Am Mittelfinger der linken Hand steckte der Siegelring eines Mannes. Justin vermutete, dass er ihrem Vater gehört hatte. Ein Foto an der Wand zeigte sie beim Abschlag in Moor Park. Auf einem anderen – das ihr in Justins Augen nicht unbedingt zur Ehre gereichte – schüttelte sie Helmut Kohl die Hand. Bald wird ein Frauen-College nach dir benannt, und du heißt Dame Alison, dachte er.
    »Ich habe mir den ganzen Morgen überlegt, was ich Ihnen alles nicht sagen werde«,

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