Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
edleren Teile verspeisen, während der Rest von Euch auf kleiner Flamme schmort.«
Von Bek hob eine Braue. »Alles wäre Eurer eigenen Küche vorzuziehen, Kapitänbaron.«
Armiad runzelte die Brauen, aber die Anspielung war an ihn verschwendet. Dann stierte er uns böse an, was ihm allmählich zur lieben Gewohnheit wurde, und verschwand.
Wenige Augenblicke später hörten wir, wie bei unseren Türen die äußeren Riegel vorgeschoben wurden. Uns blieb immer noch der Balkon, aber das bedeutete eine lange, schwierige Kletterpartie zu den unteren Decks, ohne die Gewißheit, daß Armiad uns diesen Fluchtweg nicht absichtlich offengelassen hatte, um uns in eine Falle zu locken. Es blieb uns nichts anders übrig, als sorgfältig zu planen und zu überlegen, ob es nicht noch eine weniger offensichtliche Möglichkeit zu entkommen gab. Wahrscheinlich ließ man uns diese Nacht in Ruhe, aber
sicher war das auch nicht.
»Ich bezweifle, daß er so gerissen ist, wie Sie glauben«, bemerkte von Bek. Er war schon auf der Suche nach etwas, das sich als Seil verwenden ließ.
Ich für mein Teil mußte überlegen. Ich saß auf dem Bett, half ihm mechanisch, die Laken zusammenzuknoten, und dachte an die Ereignisse diese Vormittags.
»Die Geisterfrauen erkannten mich«, sagte ich.
Von Bek war belustigt. »Wie auch alle anderen. Aber Sie scheinen hier nicht eben viele Anhänger zu haben! Ihre Weigerung, den Traditionen entsprechend zu handeln, scheint für viele hier ein größeres Verbrechen zu sein als Ihr Versuch, Ihre Schwester zu töten! Ich kenne diese Art Logik. Mein eigenes Volk macht sich nur zu oft derselben Haltung schuldig. Welche Chancen glauben Sie zu haben, selbst wenn es Ihnen gelingt, dieses Schiff zu verlassen? Sämtliche Anwesenden, mit der möglichen Ausnahme der Bärenprinzen und der Geisterfrauen, werden hinter Ihnen her sein. Wohin können wir fliehen, mein Freund?«
»Ich muß zugeben, daß mir genau dieses Problem auch durch den Kopf gegangen ist.« Ich lächelte ihn an. »Ich hatte gehofft, Sie wüßten eine Lösung.«
»Zuerst müssen wir alle möglichen Fluchtwege prüfen«, sagte er. »Dann warten wir bis zum Einbruch der Nacht. Vorher können wir gar nichts tun.«
»Ich fürchte, es hat sich nicht eben zu Ihrem Vorteil ausgewirkt«, meinte ich entschuldigend, »sich mir anzuschließen.«
Er lachte. »Ich glaube nicht, daß mir sehr viele andere Möglichkeiten zur Verfügung standen, oder wie sehen Sie das, mein Freund?«
Von Bek hatte eine Art, mich aufzumuntern, für die ich ihm unsäglich dankbar war. Sobald wir das Für und Wider aller vorhandenen Fluchtwege erwogen hatten (es gab keinen, der besonders vielversprechend schien), legte ich mich auf mein Bett und versuchte zu ergründen, warum die Geisterfrauen mich so neugierig gemustert hatten. Hatten sie mich, welche Ironie des Schicksals, mit meiner Zwillingsschwester Sharadim verwechselt?
Schließlich wurde es Nacht. Wir hatten uns für unseren ursprünglichen Fluchtweg entschlossen: Über den Balkon zum nächstgelegenen Mast und von dort die Wanten hinunter. Waffen besaßen wir keine, da von Bek seine Pistole in Bellandas Obhut gegeben hatte. Wir konnten nur darauf hoffen, unseren Verfolgern zu entkommen, selbst wenn sie uns entdeckten.
So standen wir also in der kalten Nachtluft, sahen in der Ferne mehrere hundert Feuer und hörten den Lärm der Abgesandten der verschiedensten Rassen und Kulturen, manche nicht einmal menschlich, wie sie dieses seltsame Große Treffen feierten.
Aus irgendeinem hölzernen Möbelstück hatte von Bek eine Art Enterhaken gebastelt, den wir in die Takelage schleudern wollten, in der Hoffnung, daß er irgendwo Halt fand. Flüsternd gab er mir die Anweisung, mich bereitzuhalten, unser notdürftiges Seil auszulassen, sobald er es sagte, dann schwang er das Ding in die Luft. Ich hörte es auftreffen, einen Moment lang halten und dann herabfallen. Noch vier oder fünf Würfe, und es schien sich tatsächlich irgendwo verhakt zu haben. Ich ließ das Seil durch die Hände laufen, bis von Bek abwinkte. Er band das letzte Ende an die Balkonbrüstung.
»Jetzt«, murmelte er, »müssen wir auf unser Glück vertrauen. Soll ich zuerst?«
Ich schüttelte den Kopf. Da die Lage, in der wir uns befanden, eine Folge meiner ›Besessenheit‹ war, fühlte ich mich verpflichtet, wenigstens das Hauptrisiko auf mich zu nehmen. Ich kletterte über das Geländer, packte das Seil und hangelte mich Hand über Hand auf das verworrene
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