Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
machte sie mit Ulrich von Bek bekannt und erklärte in groben Umrissen, was vorgefallen war. Die ältere Frau trug fließendes Rot und Gold. Sie hieß uns willkommen und stellte sich als die Gewählte Sprecherin Phalizaarn vor. »Aber wahrscheinlich hat Euch noch niemand erklärt, aus welchem Grund wir Euch sprechen wollen, Prinz Flamadin.«
»Ich hatte den Eindruck, Lady Phalizaarn, daß Euch eigentlich an der Hilfe meiner Schwester Sharadim gelegen war.«
Sie war überrascht. Mit einer Handbewegung forderte sie uns auf, in einen Wintergarten voll der herrlichsten Blüten zu treten. »Wie habt Ihr davon erfahren?«
»Ich habe eine Art sechsten Sinn für solche Dinge, Mylady. Stimmt es denn?«
Sie verharrte neben einem purpurnen Rhododendron. Offenbar hatte ich sie in Verlegenheit gebracht. »Es ist wahr, Prinz Flamadin, daß einige von uns versucht haben - mit ungewöhnlichen Mitteln - , Eure Schwester herbeizurufen oder sie wenigstens um Hilfe zu bitten. Es war ihnen nicht verboten, aber ihre Handlungsweise wurde allgemein mißbilligt, auch vom Rat. Es schien eine ungehörige und barbarische Art, mit der Prinzessin Sharadim Verbindung aufzunehmen.«
»Also repräsentieren diese Frauen nicht das gesamte Volk der Alten.«
»Nur eine kleine Gruppe.« Die Gewählte Sprecherin warf Alisaard einen fragenden Blick zu, woraufhin jene die Augen niederschlug. Also hatte wohl auch Alisaard zu den Frauen gehört, die auf ›barbarische‹ Art den Beistand meiner Schwester suchten. Aber warum hatte sie mich dann vor Armiad gerettet? Warum hatte sie mich überhaupt aufsuchen wollen?
Ich hielt es für gerecht, Alisaard ein wenig in Schutz zu nehmen. »Ich muß Euch sagen, Madame, daß ich an derlei Beschwörungen gewöhnt bin.« Alisaard blickte erstaunt auf, und ich lächelte ihr zu. »Es ist nicht das erste Mal, daß ich über die Grenzen der Welt hinweg gerufen wurde. Was mich wundert, ist nur, warum ich den Ruf nach Sharadim vernommen habe.«
»Weil es nicht Sharadim ist, die wir suchten«, bemerkte Alisaard schlicht. »Ich muß zugeben, bis gestern noch hätte ich auf meiner Meinung beharrt, daß kein Mann über die geistige Verbindung zu den Alten verfügen könne, die nötig ist, wenn wir Erfolg haben wollen. Natürlich wußten wir von euch beiden. Wußten, daß ihr Zwillinge wart. Wir nahmen an, das Orakel hätte von Flamadin statt von Shara- dim gesprochen.«
»Es gab zahlreiche hitzige Debatten über diese Angelegenheit«, sagte Lady Phalizaarn freundlich. »In eben diesem Zimmer.«
»Vorgestern nacht«, fuhr Alisaard fort, »versuchten wir noch einmal, Sharadim zu rufen. Wir glaubten, es gäbe keinen besseren Platz dafür als den Ort des Treffens. Mittlerweile waren wir uns der Macht be- wußt, die uns durchströmte. Sie war stärker als je zuvor. Wir entzündeten unser Feuer, wir bildeten einen Kreis, wir konzentrierten uns. Und zum ersten Mal sahen wir das Gesicht der Person, die wir anriefen. Ihr könnt Euch sicherlich vorstellen, wessen Gesicht es war.«
»Ihr saht Prinz Flamadin«, sagte Lady Phalizaarn, wenig erfolgreich bemüht, den befriedigten Klang ihrer Stimme zu verdecken. »Und dann trat er euch noch in Fleisch und Blut gegenüber ...«
»Wir dachten daran, daß Ihr Steuerfrau Danifel beauftragt hattet, an Prinz Flamadin heranzutreten, sollte er am Großen Treffen teilnehmen. Also gingen wir zu ihr und gaben zu, daß wir im Irrtum gewesen waren. Gemeinsam, wie Ihr sehen könnt, machten wir uns auf, Prinz Fla- madin zu besuchen. Wir waren gezwungen, es heimlich zu tun, aufgrund der besonderen Gesetze des Großen Treffens, und wegen des Scheusals von Kapitän auf dem Schiff, wo Prinz Flamadin und sein Freund sich aufhielten. Zur Überraschung stellten wir bei unserem
Eintreffen fest, daß Prinz Flamadin und Graf von Bek gerade einen Fluchtversuch unternahmen. Also standen wir ihnen bei.«
»Alisaard«, tadelte Lady Phalizaarn sanft. »Dachtet Ihr daran, Prinz Flamadin nach Gheestenheem einzuladen. Habt Ihr ihm die Wahl gelassen?«
»In der herrschenden Aufregung habe ich es vergessen, Gewählte Sprecherin. Ich entschuldige mich. Wir rechneten damit, verfolgt zu werden.«
»Verfolgt?«
»Von den blutdurstigen Feinden, vor denen Alisaard uns rettete«, warf von Bek rasch ein. »Wir verdanken Euch unser Leben, Madame. Und natürlich hätten wir Eure Einladung angenommen, wäre sie ausgesprochen worden.«
Lady Phalizaarn lächelte. Auch sie war offenbar bezaubert von der altväterlichen,
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