Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
von Bek. »Oder sprecht Ihr nur sinnbildlich?«
»Es gibt sie«, antwortete ihm der Meister der Schriften ernst. »Unzählige von ihnen. Sie streben nach der Herrschaft über das Multiver- sum und wollen sich, um dieses Ziel zu erreichen, Dummheit und Boshaftigkeit der Menschen zunutze machen. Die Lords der Ordnung andererseits versuchen den Idealismus der Menschheit gegen das Chaos einzusetzen und ihre eigenen Pläne voranzutreiben. Gleichzeitig versucht das Kosmische Gleichgewicht, sie beide in der Waage zu halten. Soviel ist bekannt bei denjenigen, die um die Existenz des Multi- versums wissen und die, wenigstens in gewissem Ausmaß, zwischen den Reichen umherreisen.«
»Wißt Ihr von einer Legende um ein Schwert?« fragte von Bek. »Und ein Geschöpf, das darin gefangen sein soll?«
»Der Drache im Schwert. Ja, natürlich habe ich von dem Drachenschwert gehört. Es ist eine furchtbare Waffe. Vom Chaos geschmiedet, sagt man, um das Chaos zu vernichten. Die Lords des Chaos würden viel darum geben, es in ihren Besitz zu bringen .«
»Könnte das der Preis des Erzherzogs sein?« schlug von Bek vor.
Ich war beeindruckt, wie rasch er sich in die Logik fand, nach der wir zur Zeit lebten.
»Wahrhaftig«, sagte der Meister der Schriften mit vor Bestürzung weit geöffneten Augen. »Es wäre möglich!«
»Das ist der Grund, warum sie es haben will. Und weshalb sie so erfreut war, von uns darüber zu hören!« Alisaard ballte ihre elfenbeinerne Faust. »Oh, was für Närrinnen wir gewesen sind, ihr so viel zu verraten! Wir hätten uns gleich denken können, daß die Person, die wir suchten, nicht so viele Fragen gestellt haben würde.«
»Ihr habt so intensiv mit ihr Verbindung aufnehmen können?« Ich war überrascht.
»Wir sagten ihr alles, was wir wußten.«
»Und zweifellos hatte sie auch noch eigene Informationen, die sie den Euren hinzufügen konnte«, bemerkte Ottro. »Aber gewiß sucht Ihr das Drachenschwert nicht, um mit dem Chaos einen Handel abzuschließen?«
»Wir brauchen es, um uns mit dem Rest unseres Volkes in einer fernen Welt zu vereinen. Das Volk der Alten hat mit dem Chaos nichts zu tun.«
»Gibt es noch etwas, das ich wissen sollte?« fragte der Meister der
Schriften. »Bei der Anhörung müssen wir beweisen, daß Sharadim böse Absichten hat. Gelingt das nicht, fällt die Abstimmung zu unseren Ungunsten aus, müssen wir andere Wege ersinnen, sie aufzuhalten.«
»Sicherlich werden unsere Beweise den Hof überzeugen«, meinte Alisaard.
Von Bek sah sie an, als beneidete er sie um ihre Unschuld. »Ich bin erst vor kurzem aus einer Welt gekommen«, erklärte er, »deren Herrscher Meister darin sind, Lügen in Wahrheit zu verwandeln, und die Wahrheit wie die abscheulichste Lüge erscheinen zu lassen. Es geht ganz leicht. Wir können nicht erwarten, daß man uns glaubt, nur weil wir wissen, daß wir nicht lügen.«
»Das Problem ist«, fügte der Meister der Schriften hinzu, »daß so viele in Sharadim ein Vorbild sehen wollen. Oft kämpfen Menschen am erbittertsten um die Erhaltung einer Illusion. Und immer wieder wird man die zum Schweigen bringen, die diese Illusion gefährden.«
Wir sprachen noch weiter über die Angelegenheit, bis der Meister der Schriften uns darauf aufmerksam machte, daß es Zeit für unser Treffen mit Sharadim war. Alisaard, von Bek, Landesprinz Ottro und ich verließen das Zimmer und wurden durch die jetzt verlassene Halle geführt, immer noch bestreut mit Rosenblüten, eine kurze Treppenflucht hinauf in eine Reihe aneinandergrenzender Räume, von denen einige als eine Art Vogelhaus eingerichtet waren, und schließlich in ein rundes Zimmer, dessen Fenster auf Blumengärten und steife Hecken und Rasenflächen hinausschauten, den inneren Hof des Palastes. Hier erwartete uns Prinzessin Sharadim. Zu ihrer Rechten stand ein langgesichtiger Bursche, mit dünnem, ungepflegtem hellem Haar. Er trug einen Waffenrock in Orange, und Wams und Beinkleider in Gelb. Zu ihrer Linken lehnte ein massiges, untersetztes Stück Mensch an ihrem Stuhl, mit ewig unruhigen Augen und den langsam mahlenden Kiefern einer widerkäuenden Geiß; er war in einen malvenfarbenen Rock mit dunkelblauem Unterzeug gekleidet. Bei dem letzten handelte es sich um einen Jüngling von so dekadenter Erscheinung, daß ich kaum meinen Augen trauen mochte. Er war beinahe ein Zerrbild dieses Typus, mit dicken, feuchten Lippen, hängenden Augenlidern, bleicher, fleckiger, ungesunder Haut, zuckenden Muskeln und
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