Der ewige Krieg 02 - Am Ende des Krieges
potentielle Reisen zu den Planeten der Taurier geht.«
»Was hat das mit Kultur zu tun?«, erkundigte sich Marygay.
»Wie bitte?«
»Er ist der Kulturattache«, sagte sie. »Was hat das mit unserem Plan zu tun, die Zeitfähre auszuleihen?«
»›Kultur‹ umfasst auch Tourismus. Und Stehlen ist nicht das Gleiche wie Ausleihen.«
»Auf unserer Route liegen keine Taurier-Planeten«, erklärte ich. »Wir haben die Absicht, die galaktische Ebene auf direktem Weg zu verlassen und ohne Schnörkel wieder zurückzukehren. Das Schiff wird, genau genommen, ein gleichschenkeliges Dreieck beschreiben.«
»Sie hätten für dieses Vorhaben den Amtsweg einhalten sollen.«
»Klar. Angefangen bei Ihnen – dem Sheriff!« Er bedeckte den Handrücken mit der verräterischen Narbe.
»Sie könnten bei irgendeinem von uns anfangen. Wir haben ein Gruppen-Bewusstsein.«
»Aber die Gruppe hat nicht irgendeinen geschickt. Sondern den einzigen Menschen in der Stadt, der Waffen besitzt und regelmäßig mit Hanteln trainiert.«
»Ihr seid beide Soldaten.« Er öffnete die Weste und deutete auf eine große Pistole. »Ihr könntet Widerstand leisten?«
»Wogegen denn?«, fragte Marygay.
»Dass ich euch mitnehme. Ihr seid verhaftet.«
*
Das kriminelle Element in Paxton ist zu schwach ausgeprägt, um den Bau eines richtigen Gefängnisses zu rechtfertigen, aber im Notfall tut es jedes Gebäude, das man von außen zusperren kann. Ich befand mich in einem weißen, fensterlosen Raum, ausgestattet mit einer Matratze auf dem Fußboden und einer Toilette. Neben der Toilette befand sich ein Klapp-Waschbecken und an der Wand gegenüber ein Klapp-Schreibtisch. Allerdings kein Stuhl. Der Klapp-Schreibtisch hatte eine Tastatur, die nicht funktionierte.
Das Ganze roch wie eine Kneipe – nach verschüttetem Alkohol. Wahrscheinlich das Desinfektionsmittel, das sie aus irgendeinem Grund verwendeten.
Ich wusste von einem Besuch im Vorjahr, dass der Bau nur zwei Zellen besaß; das bedeutete, dass Marygay und ich eine Verhaftungswelle darstellten. (Schwerverbrecher verbrachten allerdings nicht eine Nacht hier, sondern wurden unverzüglich nach Wimberly in ein echtes Gefängnis überführt.)
Ich verbrachte eine Weile damit, über meine Schwächen und Fehler nachzudenken, und schaffte es dann trotz der taghellen Beleuchtung, ein paar Stunden zu schlafen.
Als der Sheriff die Tür öffnete, konnte ich hinter ihm Sonnenschein erkennen; es war also zehn oder elf. Er reichte mir einen weißen Karton, der Seife, eine Zahnbürste und sonstige Toilettenartikel enthielt. »Die Dusche befindet sich gleich gegenüber. Wenn Sie fertig sind, können wir gemeinsam Tee trinken.« Dann drehte er sich um und ging.
Es gab zwei Duschkabinen. Eine davon war bereits durch Marygay besetzt. Ich hob meine Stimme. »Hat er dir irgendwelche Erklärungen gegeben?«
»Nein. Er sperrte nur die Tür auf und lud mich zum Tee ein. Warum dachten wir eigentlich nie daran, die Kinder einzuweihen?«
»Jetzt ist es zu spät.« Ich duschte und rasierte mich und dann gingen wir gemeinsam in das Amtszimmer des Sheriffs.
Seine Pistole hing an einem Haken hinter ihm. Er hatte den Papierkram auf seinem Schreibtisch hastig in eine Ecke geschoben und eine Teekanne mit Tassen, Keksen, Marmelade und Honig auf die frei geräumte Fläche gestellt.
Wir nahmen Platz und er schenkte uns Tee ein. Er wirkte müde. »Ich war die ganze Nacht mit dem Baum zusammen.« Da es in Centrus mittlerweile hell war, hatte er sich allem Anschein nach mit hunderten oder tausenden Mitgliedern des Menschen beraten. »Ich konnte einen vorläufigen Konsens erzielen.«
»Das hat die ganze Nacht gedauert?«, fragte ich. »Euer Gruppen-Bewusstsein braucht reichlich lange zum Verknüpfen der Synapsen.« Damit zog ich auch meine Mensch-Kollegen an der Universität auf. (Tatsächlich ließen sich anhand der Physik die Grenzen des neuen Menschen gut demonstrieren: Ein Einzelner konnte sich zwar in die Gehirne meiner Kollegen einklinken, aber wenn er oder sie sich vorher nie mit Physik befasst hatte, verstand er bestenfalls die Grundgedanken.)
»Genau genommen verstrich ein Großteil der Zeit damit, die Berater zu erreichen. Außer Ihrer… Angelegenheit gab es eine weitere wichtige Entscheidung zu treffen, die in einem gewissen Zusammenhang mit Ihrem Problem steht. ›Je mehr Blätter, desto mehr Baum.‹«
Die Grünbeeren-Marmelade hatte einen angenehm säuerlichen Geschmack – einer der wenigen Lichtblicke bei meiner
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