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Der ewige Krieg 02 - Am Ende des Krieges

Der ewige Krieg 02 - Am Ende des Krieges

Titel: Der ewige Krieg 02 - Am Ende des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Haldeman
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kopierte ich etwas vom Bildschirm.
    *
    Im Unterrichtsraum roch man die Ausdünstungen von drei Vormittagsklassen. Ich machte einen Fensterflügel auf und nahm vorne am Pult Platz. Alle zwölf Studenten waren anwesend.
    Ein hübsches Mädchen in der ersten Reihe hob die Hand. »Wie sieht ein Gefängnis von innen aus, Herr Professor?«
    »Nach so vielen Schuljahren müsstest du das eigentlich wissen, Pratha.« Die anderen kicherten. »Es ist ganz einfach ein Raum ohne Fenster.« Ich nahm meine Unterlagen und wischte mir mit dem Ärmel über die Stirn.
    »Hatten Sie Angst, Herr Professor?« Modea, meine beste Studentin.
    »Natürlich. Der Mensch ist für uns schwer zu durchschauen. Er hätte mich lebenslänglich einsperren und mir den Fraß aufzwingen können, den er und ihr als Nahrung bezeichnet.« Sie grinsten nachsichtig über meine altmodischen Ansichten. »Oder er hätte mich zum Tod verurteilen können.«
    »Sowas tut der Mensch nicht, Sir.«
    »Ich schätze, ihr kennt ihn besser als ich. Aber der Sheriff wies mich ausdrücklich darauf hin, dass eine solche Maßnahme durchaus in seiner Macht stünde.« Ich wedelte mit den Blättern meines Skriptums. »Aber kehren wir jetzt zu unserem Stoff zurück. Mal sehen, was ihr euch über das Trägheitsmoment J A gemerkt habt.«
    Es war ein schwieriger Abschnitt. Rotationskinematik lässt sich kaum mit Intuition erfassen. Ich erinnerte mich, wie sehr ich damals mit dieser Materie gekämpft hatte, so auf halber Strecke zwischen Newton und der Gegenwart. Die jungen Leute passten auf und schrieben mit, aber die meisten hatten diesen leeren Blick, als sei ihr Gehirn auf »Autopilot« geschaltet. Sie nahmen den Stoff mechanisch auf, in der Hoffnung, ihn später irgendwann zu kapieren. Einige würden damit ihre Probleme haben. (Drei der Kursteilnehmer tappten derart im Dunkel, dass ich wohl bald ein ernstes Wort mit ihnen reden musste.)
    Wir kämpften uns durch die Vorlesung. Als sie dann ihre Jacken und Mäntel anzogen, stellte Gol Pri die Frage, die offenbar alle beschäftigte: »Professor Mandella, wenn Ihnen der Mensch erlaubt, das Sternenschiff zu nehmen – wer unterrichtet uns dann in Theoretischer Physik?«
    Ich überlegte einen Moment lang und verwarf mehrere Namen. »Der Mensch wahrscheinlich, wenn es jemand aus Paxton sein soll.« Gols Miene verdüsterte sich. Er hatte bereits Unterricht bei meinem Bürokollegen genossen. »Ich würde allerdings vorher nach einem Ersatz suchen. In Centrus gäbe es sicher eine Menge Leute, die dazu in der Lage wären. Man müsste ihnen das Leben am Rande der Zivilisation allerdings in leuchtenden Farben schildern.«
    »Würden Sie uns auf dem Schiff unterrichten?«, fragte Pratha. »Wenn wir mitkämen?«
    Sie sagte das voller Eifer, aber ohne jeden Hintersinn. Langsam, alter Knabe! Sie ist kaum älter als deine Tochter. »Klar. Das ist so ziemlich alles, wozu ich tauge.«
    *
    Wenn ich Pech hatte, müsste ich an Bord der Time Warp Fische züchten. Fisch würde ein wichtiger Bestandteil unserer Kost sein und mit einem Hackbeil konnte ich hervorragend umgehen.
    Als ich nach dem Unterricht heimkam, ging ich nicht sofort zum Dock hinaus. Das hatte keine Eile. Der Tag war klar und kalt. Mizar verlieh dem Himmel ein hartes, energiegeladenes Blau, das an einen elektrischen Lichtbogen erinnerte. Ich beschloss, auf Bill zu warten.
    Inzwischen brühte ich Tee auf und überflog die Neuigkeiten. Da sich der Nachrichten-Service in Centrus befand, gab es einen Bericht über unsere Story, aber halb versteckt im Regionalteil, in einem Querverweis auf Veteranen und die Erde. Umso besser. Das ersparte uns eine Menge Fragen, auf die wir noch keine Antworten hatten.
    Ich forderte eine Beethoven-Auswahl an und lauschte der Musik, während ich auf den See und den Wald hinausstarrte. Es gab eine Zeit, da hätte ich jeden für verrückt erklärt, der den Wunsch äußerte, das hier gegen die Nüchternheit und Monotonie eines Sternenschiffs einzutauschen.
    Es gab auch eine Zeit, da fand ich – fanden wir – das Leben im Grenzland romantisch. Wir kamen hierher, als Marygay Bill erwartete. Aber inzwischen ist Paxton wie Centrus, nur ohne dessen Annehmlichkeiten. Und es lohnt sich nicht, noch tiefer in die Wildnis zu ziehen. Es gibt keinen nennenswerten Bevölkerungsdruck. Keinen kulturellen Auftrag, der uns zwingt, immer weiter vorzustoßen.
    Zu dem nutzlosen Wissen, das ich aus meiner Schulzeit behalten habe, gehört die Turner-These. Sie besagt, dass der

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