Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
verschlüsselt und zerstört hatte, war kein Geringerer als Macro, ihr nomineller Vorgesetzter, und er war unsagbar froh, dass sich seine Rolle im großen Plan allmählich herauskristallisierte.
Macros Einmischung erwies sich in der Tat als hilfreich – jedoch eher für Martys als für Gottes Plan –, weil er die Aufmerksamkeit von Amelias und Julians Verschwinden ablenkte. Er hatte Ingram den Auftrag erteilt, Amelia zu beseitigen, und ging davon aus, dass der Mann die Sache mit ihrem schwarzen Liebhaber gleich mit erledigte. Nicht schade um die beiden! Er hatte zwei gefälschte Kündigungsgesuche vorbereitet, nur für den Fall, dass jemand Näheres wissen wollte. Er hatte ihre Vorlesungen Leuten angeboten, die zu dankbar für den Job waren, um Fragen zu stellen. Und da es ohnehin genug Gerüchte um die beiden gab, musste er sich nicht die Mühe machen, eine Vertuschungsstory zu erfinden. Junger Schwarzer mit älterer weißen Geliebten. Wahrscheinlich hatten sie in den Staaten für immer ihre Zelte abgebrochen und waren nach Mexiko gegangen.
zum glück hatte ich noch einen Rohentwurf des Artikels in meinem Notebook. Amelia und ich konnten ihn in Ordnung bringen und verspätet absenden, sobald wir Guadalajara verlassen hatten. Ellie Morgan, die als Journalistin gearbeitet hatte, ehe sie zur Mörderin geworden war, bot an, eine vereinfachte Version für die allgemeine Veröffentlichung zu schreiben, dazu eine Fassung, die alles bis auf die Gleichungen enthielt und an eine populärwissenschaftliche Zeitschrift gehen sollte.
Das Bedienungspersonal räumte die Teller mit den Knochen und Fleischresten ab und tischte Desserts, Obst und Kuchen auf. Ich konnte keiner Kalorie mehr ins Auge sehen, aber Reza machte tapfer weiter.
»Da Reza den Mund voll hat«, sagte Asher, »will ich zur Abwechslung mal den Advocatus Diaboli spielen.
Angenommen, die Humanisierung ließe sich durch das Schlucken einer Pille erreichen. Die Regierung verkündet, dass auf diese Weise das Leben für alle leichter wird – oder dass die Menschheit dem Untergang geweiht ist, wenn nicht jeder mitmacht –, und stellt die Pillen kostenlos zur Verfügung. Sie erlässt ein Gesetz, demzufolge jedem, der die Pille nicht nimmt, lebenslänglich Gefängnis droht. Wie viele Leute würden es vermutlich dennoch schaffen, sich der Anordnung zu widersetzen?«
»Millionen«, sagte Marty. »Wer traut schon der Regierung?«
»Nun redet ihr aber nicht von einer schlichten Pille, sondern von einem komplexen chirurgischen Eingriff, der nur zu etwa neunzig Prozent klappt und im Falle des Versagens meist zum Tod oder zur geistigen Behinderung des Opfers führt. Die Leute werden in Scharen vor euch die Flucht ergreifen.«
»Das haben wir alles erörtert«, entgegnete Marty.
»Ich weiß. Die Diskussion tauchte in deinen Gedanken auf, als ich mit dir verbunden war. Außerdem führt ihr die Humanisierung nicht kostenlos durch – ihr lasst sie euch bezahlen und erhebt sie zu einem Statussymbol, zu einem Ausweis persönlicher Befähigung und Macht. Wie viele Endzeit-Anhänger wollt ihr damit ködern? Und was ist mit den Leuten, die bereits Macht und Status besitzen? Sie werden sagen: ›Himmel, was soll diese Gleichmacherei?‹«
»Die Humanisierung verleiht in der Tat Wissen und Macht«, sagte Mendez. »Wenn ich mit den Zwanzig verbunden bin, verstehe ich fünf Sprachen, besitze zwölf Diplome und habe eine Lebenserfahrung von über tausend Jahren.«
»Mit dem Status werden wir zunächst Propaganda betreiben«, erklärte Marty. »Aber wenn die Leute erst einmal merken, dass die Humanisierten alle wichtigen und interessanten Aufgaben erledigen, wird sich das rasch erübrigen.«
»Ich mache mir große Sorgen wegen dieser Endzeit-Sekte«, sagte Amelia. »Vermutlich werden wir nicht viele ihrer Anhänger bekehren können, und manche von ihnen halten die Ermordung von Ungläubigen für ein gottgefälliges Werk.«
Ich nickte. »Und selbst wenn es uns gelingt, einige ihrer Mitglieder wie Ingram umzudrehen, wird ihr Zellensystem verhindern, dass sich die Humanisierung ausbreitet.«
»Sie sind strikt gegen Anschlüsse«, sagte Asher. »Jedenfalls die Endies im Allgemeinen. Und Dinge wie Status oder Macht kommen bei ihnen kaum an.«
»Vielleicht helfen spirituelle Argumente«, sagte Ellie Morgan. Mit ihrem wallenden weißen Haar und dem losen weißen Gewand sah sie selbst fast wie eine Heilige aus. »Die Gläubigen unter uns spüren, wie sich ihre Beziehung zu Gott
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