Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
im Bett lagen. Zu meinem Pech fiel einer aus der Rolle.
Ich schob das Fahrrad in den Ständer vor dem Getränkeladen und kämpfte mit dem widerspenstigen Schloss, das sich weigerte, meine Karte anzunehmen.
»Hey, Mann!« sagte eine tiefe Bassstimme hinter mir. »Haste vielleicht ’n Zehner für mich? Oder ’n Zwanziger?«
Ich drehte mich langsam um. Er war einen Kopf größer als ich, um die vierzig, schlank. Kräftige Muskeln unter den engen Klamotten. Gewichste Stiefel mit kniehohem Schaft und den fest geflochtenen Pferdeschwanz der Endzeit-Anhänger. Gott würde ihn daran in den Himmel ziehen. Hoffentlich bald.
»Ich dachte, ihr Typen braucht kein Geld.«
»Ich schon. Und zwar rasch.«
»Abhängig?« Ich stemmte die Rechte in die Hüfte. Weder lässig noch bequem, aber nahe an meinem Spachtelmesser. »Vielleicht hab ich was für dich.«
»Nicht das, was ich brauche. Das muss ich kaufen.« Er zog eine lange, wellig geschliffene Klinge aus dem Stiefel.
»Tu das Ding weg! Ich geb dir ’n Zehner.« Das lächerliche Stilett war kein ebenbürtiger Gegner für mein Messer, aber ich wollte auf dem Gehsteig kein Gemetzel anrichten.
»Ich bin sicher, dass du auch ’n Fuffziger hast.« Er kam einen Schritt auf mich zu.
Ich holte das Spachtelmesser hervor und schaltete es ein. Es summte und begann zu glühen. »Du hast in diesem Moment den Zehner verloren. Willst du noch mehr verlieren?«
Er starrte die pulsierende Klinge an. Der wabernde Nebel auf dem oberen Drittel war so heiß wie die Oberfläche der Sonne. »Du bist beim Militär? Als Operator?«
»Entweder das, oder ich habe einen umgelegt und ihm das Messer abgenommen. So oder so – willst du’s mit mir aufnehmen?«
»So’n Operator kocht auch bloß mit Wasser! Ich war selber bei der Army.«
»Dann weißt du ja super Bescheid.« Er tat einen halben Schritt nach rechts, vermutlich ein Täuschungsmanöver. Ich rührte mich nicht von der Stelle. »Du stirbst lieber jetzt schon, anstatt auf die Verklärung zu warten?«
Er musterte mich eine halbe Ewigkeit. In seinen Augen war Leere. »Hey, leck mich doch!« Er schob den Dolch wieder in den Stiefel, machte kehrt und trabte los, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen.
Ich schaltete das Spachtelmesser aus und blies auf die Klinge. Nachdem es einigermaßen abgekühlt war, steckte ich es in die Gürtelschlaufe und betrat den Getränkeladen.
Der Angestellte hielt ein chromblitzendes Remington-Airspray umklammert. »Scheiß-Endies! Aber ich hätte ihn glatt erwischt.«
»Danke.« Mit einem Airspray hätte er auch mich erwischt. »Sechs Dixies, wenn’s recht ist.«
»Klar.« Er öffnete die Vitrine hinter sich. »Auf Marken?«
»Army«, entgegnete ich knapp. Ich machte mir nicht die Mühe, ihm meinen Ausweis zu zeigen.
»Hab ich mir schon gedacht.« Er kramte in seinen Vorräten. »Wissen Sie, dass die mich per Gesetz zwingen, die verdammten Endies hier reinzulassen? Dabei kaufen die nix.«
»Warum sollten sie auch, wenn morgen oder übermorgen die Welt in Rauch und Flammen aufgeht?«
»Genau. Und inzwischen klauen sie alles, was ihnen unter die Finger kommt! Ich hab nur noch Dosen.«
»Passt schon.« Ich merkte, dass ich zu zittern begann. Zwischen dem Endzeit-Jünger und diesem schießwütigen Verkäufer war ich dem Tod vermutlich näher gewesen als jemals in Portobello.
Er stellte das Sixpack vor mich hin. »Sie würden mir das Messer nicht verkaufen?«
»Nein, das brauche ich noch. Zum Öffnen der Fan-Post.«
Das hätte ich nicht sagen sollen. »Offen gestanden, ich habe Sie noch nie gesehen. Ich guck hauptsächlich Einheit Vier und Sechzehn.«
»Ich bin bei Neun. Nur halb so aufregend.«
»Ablenkung und Störmanöver.« Er nickte. Vier und Sechzehn sind Jäger- und Killer-Gruppen und haben deshalb eine beachtliche Anhängerschar. Warboys – so nennen wir ihre Fangemeinden.
Er war ein wenig aufgeregt, obwohl ich nur zur Störmanöver-Einheit gehörte. Psychologische Kriegsführung. »Sie haben letzten Mittwoch nicht zufällig die Vier geguckt?«
»Hey, ich guck nicht mal mein eigenes Team! Außerdem war ich zu dem Zeitpunkt gerade im Käfig.«
Er stand einen Moment lang wie erstarrt da, meine Karte in der Hand. Der Gedanke, dass jemand neun Tage am Stück in einem Soldierboy verbrachte und dann nicht schnurstracks an den TV-Würfel stürzte, um sich die Kriegsereignisse reinzuziehen, war für ihn unfassbar.
Natürlich gibt es Leute, die sowas tun. Einmal traf ich Scoville außerhalb der
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