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Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede

Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede

Titel: Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Haldeman
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Gedanken liest, obwohl sie keinen Anschluss besitzt.
    Was passiert, ist irgendwie paradox: Nach zwei bis drei Wochen in einem Soldierboy bist du als Soldat absolut untauglich.«
    »Weil du nicht mehr töten kannst?« fragte ich.
    »Du schaffst es nicht mal mehr, jemanden vorsätzlich zu verletzen – außer um dein Leben zu retten. Oder das Leben deiner Kameraden. Dein Denken, deine Gefühle sind für immer verändert, auch nachdem du dich ausgeklinkt hast. Du warst zu lange und zu eng mit der Gruppe verbunden, hast ihre Identität geteilt. Einem anderen Menschen weh zu tun, wäre so schmerzhaft, als würdest du dir selbst weh tun.«
    »Aber der reine Pazifismus ist das auch nicht«, meinte Reza. »Wenn der Selbsterhaltungstrieb über die Nächstenliebe siegt…«
    »Das hängt ganz von der Persönlichkeit ab. Manche verzichten auf Selbstverteidigung und sterben lieber, anstatt selbst zu töten.«
    »Geht das in Leuten wie Candi vor?« fragte ich.
    »Nein, eigentlich nicht. Leute wie sie werden wegen ihres Einfühlungsvermögens ausgewählt, wegen ihres liebenswerten Charakters. Man hofft, dass während des Kontakts etwas davon auf den Rest der Gruppe abfärbt.«
    »Wurden die Testpersonen nach dem Zufallsprinzip zusammengestellt?« wollte Reza wissen.
    Er nickte. »Bei der ersten Gruppe handelte es sich um Freiwillige, Soldaten, die dienstfrei hatten und sich zusätzlich etwas verdienen wollten. Anders sah die Sache bei der zweiten Gruppe aus.« Er beugte sich vor. »Die eine Hälfte gehörte einer Spezialeinheit an, die für politische Attentate ausgebildet war. Die andere Hälfte bestand aus Zivilisten, die Haftstrafen wegen Mordes absaßen.«
    »Und sie wurden alle… resozialisiert?« fragte Amelia.
    »Wir nennen es ›humanisiert‹«, erwiderte Marty.
    »Wenn also eine Jäger- und Killer-Einheit zwei Wochen lang in Kontakt bliebe«, sagte ich, »würden sich ihre Mitglieder in sanfte Lämmer verwandeln?«
    »Davon gehen wir aus. Natürlich fanden diese Experimente statt, bevor es Jäger und Killer gab – bevor wir Soldierboys im Nahkampf einsetzten.«
    Asher hatte sich bislang kaum an der Diskussion beteiligt. »Ich fände es absurd, wenn das Militär euer Experiment nicht längst dupliziert und einen Weg gefunden hätte, solche lästigen Verirrungen auszuschalten: Pazifismus! Humanisierung!«
    »Nicht unmöglich, Asher, aber eher unwahrscheinlich. Ich stehe einseitig in Kontakt mit Hunderten von Militärs, vom einfachen Soldaten bis hinauf zum General. Wenn jemand an einem derartigen Versuch teilgenommen oder davon gehört hätte, wüsste ich das.«
    »Nicht wenn die Verantwortlichen ebenfalls einseitig in Kontakt mit dir stehen. Und die Testpersonen wie bei eurem Versuch isoliert wurden – oder gar beseitigt.«
    Einen Moment lang breitete sich Stille aus. Würde das Militär so weit gehen, dass es unliebsame Zeugen seiner wissenschaftlichen Versuche töten ließ?
    »Ich kann die Möglichkeit nicht ganz ausschließen«, sagte Marty, »aber sie erscheint mir eher vage. Ray und ich koordinieren die gesamte Militärforschung auf dem Sektor der Soldierboys. Mag sein, dass so ein Projekt hinter unserem Rücken genehmigt, mit öffentlichen Geldern finanziert und mit Sachmitteln gefördert wird… Aber ebenso gut kann es vorkommen, dass du hundertmal nacheinander ein Münze hochwirfst und immer die gleiche Seite oben liegt.«
    »Interessant, dass du Zahlen ins Spiel bringst, Marty.« Reza schaute von der Serviette auf, die er vollgekritzelt hatte. »Nehmen wir einmal den günstigsten Fall an: Alle erklären sich freiwillig bereit, an dem Humanisierungsprojekt teilzunehmen, und bilden lange Warteschlangen, um sich einen Kontakt implantieren zu lassen.
    Dabei verliert einer von zehn oder zwölf Leuten den Verstand oder das Leben…«
    »Also, wir wissen nicht…«
    »Moment, ich bin noch nicht fertig. Wenn wir von zwölf ausgehen, müsstet ihr sechshundert Millionen Menschen umbringen, um sicherzugehen, dass der Rest nie wieder töten wird. Daneben sieht Hitler bereits jetzt wie ein lächerlicher Amateur aus.«
    »Kommt noch mehr?« fragte Marty.
    »Allerdings. Wie viele Soldierboys haben wir? Sechstausend? Angenommen, wir bauen hunderttausend. Jeder muss zwei Wochen lang in so einem Ding verbringen – nach den fünf Tagen, die es in der Regel dauert, bis man den Leuten das Gehirn aufgebohrt und den Kontakt eingesetzt hat und sie sich von diesem Eingriff erholt haben. Gehen wir mal von zwanzig Tagen pro Person aus.

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