Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
In einer Sekunde hatte sich mein Weltbild grundlegend verändert.
Die Dakota-Explosion war manipuliert gewesen. Man hatte die Nanoschmiede im Geheimen getestet und für sicher befunden. Aber die Allianz-Staaten, die sie entwickelt hatten, wollten aussichtsreiche Forschungsvorhaben auf ähnlichen Gebieten ein für allemal abwürgen. Also evakuierten sie nach ein paar sorgfältig zurecht gefeilten Arbeiten – top secret, aber raffiniert unters Volk gestreut – North Dakota und Montana, weil sie angeblich aus ein paar Kilogramm einen Riesendiamanten herstellen wollten.
Doch am Ort des Experiments gab es an Stelle einer Nanoschmiede nur eine beträchtliche Menge Deuterium und Tritium sowie einen Zündmechanismus. Die gewaltige H-Bombe wurde vergraben; sie war so gestaltet, dass sie die Umgebung nur minimal verseuchen konnte, während sie ein glasiges rundes Seebett aushöhlte – groß genug, um als gutes Argument gegen das Selberbasteln einer Nanoschmiede aus diesen und jenen Rohstoffen zu dienen.
»Sind Sie absolut sicher, dass das stimmt?«
Er runzelte die Stirn. »Vielleicht… vielleicht ist es nur ein Märchen. Es gibt niemanden mehr, dem man Fragen stellten könnte. Der Mann, der die Geschichte in Umlauf brachte, ein gewisser Julio Negroni, starb zwei Wochen nach dem Experiment. Und der Mann, von dem er sie hatte, ein Zellengenosse in Raiford, wurde schon vor langer Zeit hingerichtet.«
»Dieser Zellengenosse war Wissenschaftler?«
»Er behauptete es. Soll seine Frau und seine Kinder kaltblütig umgebracht haben. Das zumindest lässt sich in den Nachrichten-Archiven überprüfen. Muss ’22 oder ’23 gewesen sein.«
»Ja. Ich kann das heute Abend mal versuchen.« Ich trat an den Tisch mit den Getränken und rührte einen ordentlichen Schuss Rum in meinen Kaffee. Der Rum war eigentlich zu kostbar, um auf diese Weise verplempert zu werden, aber harte Zeiten erfordern harte Maßnahmen. Ich erinnere mich genau, dass mir diese Phrase durch den Kopf ging. Dabei ahnte ich noch nicht, wie hart die Zeiten werden sollten.
»Prost!« Mendez hob seine Tasse, als ich wieder Platz nahm. Ich stieß mit ihm an.
Eine untersetzte Frau mit lang wallendem grauem Haar kam mit einem Handy auf uns zu. »Dr. Class?« Ich nickte, und sie drückte mir das Telefon in die Hand. »Eine Dr. Harding.«
»Meine Lebensgefährtin«, erklärte ich Mendez. »Sie will sicher nur wissen, ob ich heil angekommen bin.«
Ihr Gesicht auf dem Bildschirm war kaum größer als ein Daumennagel, aber ich konnte deutlich erkennen, dass sie aufgeregt war. »Julian – da ist irgend etwas passiert!«
»Noch etwas?« Ich bemühte mich um einen lässigen Tonfall, merkte aber selbst, dass meine Stimme zitterte.
»Das Journal-Gremium hat den Artikel zurückgewiesen.«
»Heiland! Aus welchem Grund denn?«
»Nach Auskunft des Chefredakteurs bestehen sie darauf, die Arbeit mit Peter zu diskutieren.«
»Und was sagt Peter…«
»Er ist nicht angekommen!« Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Er stand auf keiner Passagierliste. Und auf St. Thomas hieß es, er sei gestern Abend abgereist. Irgendwo zwischen Ferien-Bungalow und Flughafen ist er… ich weiß auch nicht…«
»Hast du schon Kontakt mit der Inselpolizei aufgenommen?«
»Nein… nein. Das ist natürlich der nächste Schritt. Ich gerate allmählich in Panik. Ich wollte nur… ich hatte gehofft, du wüsstest vielleicht, wo er sich befindet.«
»Soll ich die Polizei anrufen?«
»Nein, das erledige ich schon. Auch bei den Fluglinien frage ich zur Sicherheit noch einmal nach. Ich melde mich später wieder.«
»In Ordnung. Ich denke an dich.«
»Und ich an dich.« Sie unterbrach die Verbindung.
Mendez hatte sich inzwischen Kaffee nachgeschenkt. »Was hat es mit diesem Gremium auf sich? Ist Ihre Bekannte in Schwierigkeiten?«
»Wir sind beide in Schwierigkeiten. Es handelt sich um eine Art akademische Jury, die bestimmt, welche Artikel veröffentlicht werden.«
»Das klingt, als würde eine Menge von dieser Arbeit abhängen. Für Sie beide.«
»Für uns beide und für den Rest der Welt.« Ich nahm den roten Stecker in die Hand. »Der Transfer erfolgt automatisch in einer Richtung?«
»Ja.« Ich wartete, bis er den Kontakt hergestellt hatte, und tat dann das Gleiche.
Ich konnte meine Gedanken nicht so gut übermitteln wie er, obwohl ich zehn Tage im Monat voll eingeklinkt war. Das hatte ich schon am Vortag bei der Sitzung mit Marty bemerkt. Wenn man den Transfer in beide
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