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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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leichtes Beben lag in ihrer Stimme, und sie hatte die Arme fest um die Brust gelegt – als wäre ihr kalt, oder als könnte sie auseinanderbrechen.
    »Warum?«
    »Ich bin sehr traurig.«
    Geiger rutschte ein Stück nach links, und Christine setzte sich auf das Bett und legte sich langsam hin. Eine Handbreit blauer Tagesdecke blieb als Abstand zwischen ihnen. Wenn sie weinte, schnürte sich ihr die Brust ein, und ihre Atemzüge schienen unvollendet – daher faltete sie die Hände auf dem Bauch und versuchte, tief und langsam zu atmen.
    »Ich habe mir Bilder angesehen.«
    Er spürte, wie ihr Leib sich neben ihm hob und senkte, ein leichtes Beben in der Salve ihrer Atemzüge, als hätte sie noch vor kurzem heftig geschluchzt.
    »Ich habe sie geliebt – und ich liebte das Gefühl, dass sie mich liebten. Wissen Sie, was ich meine?«
    »Ich habe nie jemanden geliebt, Christine. Ich bin nicht so beschaffen.«
    »Was soll das heißen – nicht so beschaffen?«
    Mit den Fingerspitzen begann er, den Raum zwischen ihnen im Walzertakt zu beklopfen. Tapp – Tapp – Tapp … Tapp – Tapp – Tapp …
    Christine hatte den Kopf auf dem Kissen gedreht und musterte ihn. Seine Züge wirkten im Profil nicht so schroff – weniger fuchsartig.
    »Wenn das so ist, warum tun Sie das alles?«
    »Ich war – lange Zeit – ein Instrument des Leides, und nun müssen Harry und Matheson meinetwegen leiden. Und wenn sie sterben, leidet auch Ezra.« Er drehte ihr den Kopf zu. »Und ich habe weniger zu verlieren als sie.« Das Fingertrommeln hörte auf. »Ich muss schlafen.«
    Geiger schloss die Augen. Sein Atmen änderte sich innerhalb weniger Sekunden, ein Getriebe schaltete in den Leerlauf.
    Der gedankenlose, herzliche Teil in ihr wollte ihn berühren, ihm mit den Fingerspitzen gleich über der harten Grenze seines Barts über das Gesicht streifen. Nicht das Fleisch wollte sie, sondern das Gefühl der Verbindung … nur für einen Moment …
    Sie suchte auf der Tagesdecke, bis sie seine Hand fand. Als sie ihre Finger in seiner offenen Handfläche ruhen ließ, kam von ihm keine Reaktion. Sie konnte nicht sagen, ob er schon schlief – oder ob er einfach nur sich treu war und keine Verbindung einging. Mit einer winzigen Bewegung fand sie eine Stellung, die natürlich und bequem erschien, und sie schlang zwei Finger als Anker um seine. Dann schloss sie die Augen und hoffte auf Träume.
    Er hatte die wachende Welt hinter sich gelassen und lag in der Vorkammer zum Tiefschlaf, als er spürte, wie jemand seine Hand nahm – und ihn dorthin brachte, wo er sowohl anwesend war als auch ein Beoachter. Augenblicklich wurde ihm bewusst, dass seine Vision kein Traum war.
    Sein sechs Jahre alter Geist, barfuß in einer verschossenen Latzhose …
    Die Hütte war das Werk eines Meisterzimmermanns, die Wände und die Kathedralendecke bestanden aus massiven Balken, die Fenster waren so merkwürdig hoch gesetzt, dass man von der Welt nur grüne Baumwipfel und den weiten Himmel sah.
    Er saß in dem sonnendurchfluteten Raum neben einer wackeligen Pritsche, während seine Mutter unter einem abgewetzten Laken lag, den langen, dicken schwarzen Zopf auf dem Kissen ausgestreckt. Ihre bleiche Haut glänzte vor Schweiß, in ihren grauen, mandelförmigen Augen glitzerte ein warmes, aber verblassendes Licht, und der Duft ihres Lavendelwassers zog ihm in die Nase.
    Das Laken hob sich um ihren geschwollenen Bauch und glänzte feucht an ihren Schenkeln, der Beweis ihrer Not. Eine Hand lag flach und ruhig auf ihrer Brust, die andere an ihrer Seite, verflochten mit den Fingern ihres Sohnes. Ein Streichquartett rieselte von den Balken herunter, und für den Jungen schien die Musik mit dem langsamen Heben und Senken der Brust seiner Mutter die Stimmung zu ändern.
    »Geht es dir gut?«, fragte sie.
    »Ja, Ma. Mir geht es gut. Was soll ich machen?«
    »Du kannst nichts machen, Liebling«, sagte sie. »Es lässt sich nichts machen.« Mehr als ihre Worte gaben die verschwommene Mattigkeit ihrer Stimme und ihr pfeifender Atem durch die geöffneten Lippen dem Jungen eine Antwort.
    »Ma … ich könnte gehen und nach einem Doktor suchen.«
    »Du darfst den Berg nicht verlassen. Du weißt, Vater hat es so bestimmt.«
    »Aber das ist doch … anders.«
    »Nein. Keine Ärzte. Dadurch würde für dich alles nur schlimmer werden – später.«
    Tränen glänzten dem Jungen in den Augen und quollen unter den Lidern hervor.
    »Und wisch dir die Tränen ab, ehe dein

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