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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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Hals.
    »Hm … Roi Humbert  – ist sehr schön. Noire charbonneuse … «
    Ihr Fleisch war das weichste Fleisch, an dessen Berührung er sich erinnerte. Nicht dass es viele Fälle gegeben hatte. Die Finger der Ärzte, die vor Jahren sein Fleisch drückten und betasteten, gelegentlich Carmines riesige Hände, die voller Zuneigung seine Wangen tätschelten, und Ezra, wie er seine Hand hielt – doch die Haut in der Handfläche der alten Frau war so beruhigend, dass es Geiger vorkam, als verlangsame sich sein Herzschlag. Er steckte die andere Hälfte der Birnentomate in den Mund.
    »Beauté Blanche … Orange Bourgoin …« Während sie ihre Überlegungen anstellte, fuhr sie mit der Hand seinen Unterarm hinauf und hinunter, ein paar Zentimeter nach oben, ein paar Zentimeter nach unten. Es war die natürlichste aller Gesten, wie beim Streicheln einer kleinen Katze oder dem Haar eines schlafenden Kindes. Geiger war sich sicher, dass ihr gar nicht bewusst war, was sie tat, doch es ließ einen Laut in ihm aufsteigen, das Wispern eines Liedes, ihre Stimme, wie ein Windhauch, der durch ein offenes Fenster streicht und einen Vorhang rascheln lässt. Jetzt ist es Zeit, gute Nacht zu sagen …
    » Marmande ancienne. Mmm … immer gut.«
    Gute Nacht, schlaf gut …
    »So … was wünschen Sie, mon cher? «
    Wie in dem Taxi spürte er, wie das Außergewöhnliche näher kam – der erdige Kupfergeruch der Vergangenheit, das Unbeschreibliche, das Wunderbare, das Unerträgliche …
    »Ich muss los«, sagte er.
    Träum süß …
    Die alte Frau sah zu ihm hoch. »Los?«
    »Ja. Gehen. Jetzt.« Langsam drehte er den Kopf im Uhrzeigersinn, um die Dinge zu entsperren.
    Die feuchten alten Augen musterten ihn. »Sie sehen nicht … gut aus«, sagte die Frau.
    Er nahm einen Zehneuroschein aus der Tasche und drückte ihn ihr in die Hand. »Sie suchen aus.«
    »Oui?« Sie hob die schwachen Schultern. Mit einem Kräuseln der Lippen, das Zuneigung bedeutete, kehrte ihr Lächeln zurück, und sie tätschelte seinen Arm. »Sie sind ein … merkwürdiger Mann.«
    Er musste gehen. Allein sein. »Ja«, sagte er. »Das bin ich wohl.«
    Geiger ging rasch die Straße entlang, blieb an den Türen kleiner Apartment- und Bürohäuser sehen und drückte alle Klingelknöpfe in der Hoffnung, dass jemand ihn hereinließ, ohne seine Identität oder sein Anliegen über die Gegensprechanlage abzufragen. Als er endlich Erfolg hatte, trat er ein und stellte fest, dass es ein Gebäude mit Aufzug war. Dafür war er dankbar. Im obersten Stockwerk entriegelte er mit seinen Werkzeugen die Tür zum Dach, und als er hinaustrat, empfing ihn der Anblick des Eiffelturms, der sich über die Prärie der Hausdächer erhob. Er gönnte sich ein paar Augenblicke, in denen er nur dastand und seine Majestät betrachtete.
    Die Lichter waren eingeschaltet, und das strahlende Wunder verlieh der Pariser Abenddämmerung einen bronzefarbenen Glanz. Der Turm stand da wie ein kolossaler Wächter. Die Vermählung von Raum und Struktur, Leere und Eleganz, das eherne Bekenntnis des Entwurfs … Der Anblick schürte seinen ständigen Drang, etwas aus dem Schutt zu ziehen und mit Hand und Herz zu einem Werk voller Schönheit zu formen – zu versuchen, seine monströsen Taten eine nach der anderen auszulöschen und sich dabei neu zu erschaffen.
    Er konnte sich immer noch abwenden und durch die Tür zurückgehen, mit dem Aufzug nach unten fahren und einen Zug oder ein Flugzeug mit beliebigem Ziel besteigen. Die Welt war so klein – eine rotierende Kugel auf seiner Handfläche – und doch so unermesslich groß, dass sie ihn niemals finden würden.
    Unten auf der Straße gellten plötzlich Hupen – dann hörte Geiger zwei knirschende metallische Klacks. Er blickte in die Richtung, aus der der Lärm kam, als ein wütender französischer Wortschwall, von mehreren Kehlen laut und dramatisch ausgestoßen, zu ihm hinaufdrang. Das an- und abschwellende Wah-wah eines Polizeiwagens fiel in den Tumult ein. Das Chaos spielte wieder den sozialen Vermittler und machte Fremde zu Partnern. Geiger blickte ein letztes Mal auf den Eiffelturm, dann machte er sich auf den Weg über die Dächer.
    Die Sporttasche hing ihm wieder um den Hals und ruhte diesmal auf seinem Rücken. Er zog die Leiter zu voller Länge aus, verriegelte sie und ging damit zum Rand des Dachs. Er ließ sich auf die Knie nieder und schob die Leiter über den zweieinhalb Meter breiten Abgrund, bis das andere Ende auf dem

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