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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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legte ein neues Album an, ordnete die Fotos in drei Reihen zu je drei Bildern und vergrößerte die Fahrzeuge so stark wie möglich, damit er sie bei Bedarf leichter wiedererkennen konnte.
    Vor den Operationen hatte er nie gern Spaziergänge gemacht. Generell hatte ihn körperliche Ertüchtigung nie sonderlich gereizt. Das lag nicht an der Verausgabung, sondern am Schwitzen. Schon als Kind hatte er die klamme Feuchte auf der Haut als unangenehm empfunden. Sie fühlte sich beinahe unnatürlich an, diese feuchte körperliche Absonderung … Nach den Operationen aber hatte Dr. Ling es vorgezogen, wenn sie ihre Gespräche bei Spaziergängen durch das Klinikgelände führten, und Dalton hatte schon bald herausgefunden, dass der gleichmäßige Schritt und die Gespräche günstig auf den Fluss seiner Gedanken wirkten.
    Während solch eines Spaziergangs hatte Dalton seine erste Halluzination gehabt. Er hatte gesehen, wie Dr. Lings Gesicht lautlos zerbarst, während er das Potenzial gewisser synthetischer Polymere bei der neuralen Transmission erklärte. Sie waren weitergegangen. Der gute Doktor hatte mit seiner hohen, nasalen Stimme weitergesprochen, den Kopf als Gewirr verdrehter, blutiger Fetzen auf den Schultern. Erst nach fünfzig Metern hatte Dalton das Hirngespinst bannen können.
    Er bog um die Ecke des Bauernhauses und ging nach hinten. Lavendel und Disteln, beides Eindringlinge, wuchsen wild zwischen den Reihen aus kahlen alten Weinstöcken, und jenseits des Feldes stieg der Wald an wie eine gerippte Palisade am Fuß des Berges. Dort lebten Tiere – er hatte Schreie und Gesang gehört –, aber er sah sie kaum jemals. Einen Fuchs ganz früh am Morgen, einige hungrige, verwilderte Hunde, ein Wildschwein …
    Dalton fühlte sich stark, ruhig, kontrolliert. Der Wahnsinn war zu einem Teil seiner selbst geworden und musste berücksichtigt und gehandhabt werden wie eine nichttödliche Krankheit. In der Geschichte wimmelte es von Männern, deren Wahnvorstellungen und Taumel ihnen kein Hemmschuh gewesen waren, sondern ihren Ehrgeiz befeuert und sie zu großen Taten geleitet hatten.
    Das Drama nahm nun seinen Lauf. Boddicker und Matheson gegenüber hegte er keine Feindschaft. Sie waren wie Nebenfiguren, die im ersten Akt benutzt wurden, um die Geschichte in Gang zu bringen oder das Publikum mit dem nötigen Wissen zu versorgen. Im weiteren Verlauf des Stücks war ihre Anwesenheit nicht mehr erforderlich. Shakespeare hätte sie mit einem Auftrag weit fortgeschickt – oder getötet …
    Er blickte nach Westen. Die Sonne war an der Mauer des Himmels so weit abgerutscht, dass sie sich auf die Bäume bettete. Er sah zu, wie die feurige Kugel sie in Brand setzte. Die Flammen tanzten, orangerot und hungrig, und griffen aus dem rauchenden Blätterdach hoch, um sich am Himmel zu nähren.
    Und Geiger kam. Mit brennenden Schwingen kreiste der Engelsfalke, jede Umdrehung enger und näher als die vorherige …
    »Harry …«
    Matheson starrte auf den reglosen Körper. Wegen des übergroßen Kittels ließ sich nicht sagen, ob er noch atmete, und das schwache Licht erschwerte es zusätzlich, etwas zu erkennen. »Harry!«
    Harrys melierter Kopf drehte sich ein halbes Grad, und selbst diese schwache Anstrengung ließ ihn zusammenzucken.
    »Ich bin nicht tot«, sagte er leise.
    In dem quadratischen Raum mit vier bis fünf Metern Seitenlänge saßen sie an entgegengesetzten Seiten auf dünnen Matratzen, den Rücken an der rauen Wand. Die rechten Fußgelenke hingen in einer Stahlschelle am Ende einer dicken Eisenkette, die an großen, in den Betonboden eingelassenen Augenschrauben befestigt waren. Die einen Meter achtzig langen Ketten gestatteten beiden Männern den Zugang zu einer eigenen Campingtoilette, aber nicht zu den beiden Fenstern, die von außen mit Brettern vernagelt waren, wobei in der Mitte eine zehn Zentimeter breite Öffnung blieb. Für jeden stand eine große Plastikflasche mit Wasser neben der Matratze.
    »Trink etwas Wasser, Harry.«
    Der Befehl ließ Harry unwillkürlich schlucken. »Zu schwierig.«
    »Tu es, Harry. Du musst etwas Wasser trinken.«
    »Nein, David. Ich muss etwas Bourbon trinken – aus einem Highballglas, während ich auf einer Chaiselounge sitze, an einem L-förmigen Pool, in dem Isabella Rossellini nackt schwimmt.«
    »Isabella Rossellini? Wirklich?«
    »Etwa 1985. Keine Frage.« Harry nahm die Flasche mit der rechten Hand, hob sie an seine geschwollenen Lippen, atmete durch und würgte zwei

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