Der Experte: Thriller (German Edition)
Neuausstattung, monatliche Betriebskosten. Er hatte sogar einen Preisvorschlag für ein Neonschild hinter der Theke eingeholt, und den neuen Namen wusste er schon, als er 2008 in den Einsatz ging. McFearless – von den Kings of Leon. Das wäre der erste Song, der am Eröffnungsabend aus den Lautsprechern kommen würde. »I roll my sleeves and make a better man of me.« Victor hatte versprochen, ihm einen, zwei Namen zu nennen, wenn er den Job solide beendete. Danach vier, fünf Aufträge, und er wäre, wo er hinwollte.
Er richtete sich auf, als er sah, wie Geiger, eine Sporttasche in der Hand, aus dem Hotelfoyer kam und unter dem Vordach des Eingangs stehen blieb. Dewey nahm das Gespräch an, ehe das Handy zum ersten Mal zu Ende geklingelt hatte.
»Ja, ich sehe ihn«, sagte er.
»Gut«, erwiderte Victor. Er stand am Zimmerfenster, das Kreuzworträtsel neben sich, und betrachtete Geiger durch den neondurchstrahlten Regen.
»Soll ich ihm nach?«, fragte Dewey.
Victor drehte sich um und ging an die Verbindungstür. Locker in einen Frotteebademantel gewickelt, saß Zanni mit untergeschlagenen Beinen auf dem Bett, das Haar noch feucht vom Duschen, die Zeitung vor sich ausgebreitet.
»Geiger ist draußen«, sagte er. Zanni sprang vom Bett und ging an das Fenster mit dem geschlossenen Vorhang. »Soll Dewey an ihm dranbleiben?«
Zanni zog den Vorhang ein paar Zentimeter beiseite. »Ja. Aber nur beobachten. Kein Kontakt.«
Victor hob das Handy ans Ohr. »Ja, verfolgen Sie ihn, Dewey – aber nehmen Sie keinen Kontakt auf. Ja?«
»Verstanden.«
»Gut.«
Victor trat an Zanni heran und lächelte. »Stets Lavendel. Haben Sie je überlegt, etwas anderes auszuprobieren – nur mal zur Abwechslung?«
Mit unbewegtem Gesicht wandte sie sich zu ihm um. »Wozu?«
Geiger wusste genau, wie spät es war, doch er blickte auf seine Armbanduhr. Egal, wie viele Augen ihn beobachteten, er wollte sicherstellen, dass jeder ihn gut sah. Monde umkreisten ihn, und die Umlaufbahnen verengten sich mit jeder Umdrehung. Jeder würde ihn zu einem präzisen Zeitpunkt berühren, und der kumulative Aufprall würde ein unermessliches Ausmaß haben – doch bis dahin musste er sie alle an Ort und Stelle halten.
Einige Sekunden lang sah er versonnen die Straße hinauf und hinunter, obwohl er genau wusste, wohin er gehen würde – nach Süden, an die Ecke –, dann setzte er sich in Bewegung.
Dewey stellte die Spiegel nach und ließ sich tief in den Sitz sinken. Er beobachtete Geigers Spiegelbild, das auf dem Bürgersteig gegenüber näher kam, und setzte sich wieder auf, als der Mann den Wagen passiert hatte. Geigers Gang war merkwürdig. Bei ihm war eindeutig nicht alles in Ordnung. Dewey fühlte sich an einen Sergeant aus seiner Einheit erinnert, der Granatsplitter in die Hüfte bekommen hatte. Nachdem der Unteroffizier zusammengeflickt worden war, hatte er nie wieder so gehen können wie zuvor. Als Geiger den Häuserblock zu zwei Dritteln hinter sich gebracht hatte, ließ Dewey den Wagen an.
»Die nächste Metrostation ist an der Kreuzung in der anderen Richtung«, sagte er ins Handy, »also geht er entweder zu Fuß oder sucht sich ein Taxi.«
»Das ist wahrscheinlich, ja«, meinte Victor.
»Kann ich mit ihr reden?«
Victor reichte Zanni das Handy.
»Was ist?«, fragte sie.
»Na ja«, antwortete Dewey. »Jetzt, wo er draußen ist, sehe ich keinen Grund, ihn uns nicht zu schnappen, falls wir die Gelegenheit bekommen. Ich wollt’s nur gesagt haben.«
Zanni starrte das Handy an, als wollte sie es ohrfeigen.
»Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen, Dewey. Erstens: Geiger ist weder Matheson noch Boddicker oder sonst jemand. Er ist einfallsreich, gefährlich und vollkommen unberechenbar. Mit dieser Mischung ist nicht zu spaßen. Wenn unser Versuch, ihn festzunehmen, fehlschlägt, taucht er vielleicht für immer unter. Zweitens: Geiger geht davon aus, dass er überwacht und verfolgt wird, also ist das sein Spiel und nicht unseres – stimmt’s? Geiger muss beobachtet werden, aber auf Distanz. Verstanden? Solange er nicht zu einem Bahnhof oder einem Flughafen geht, wird er nur beobachtet.«
»Ich hab’s kapiert. Aber das große Bild, das seh ich immer noch nicht.«
»Ich will’s mal so sagen, Dewey. Im Augenblick sind wir … Hirten, und Geiger unser kleines Lamm. Okay? Ich hoffe, meine Anweisungen sind klar.« Sie legte auf und sah Victor finster an.
Er zuckte mit den Schultern. »Er sagt nur, was er denkt, Zanni. Wir
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