Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
drückender, widerlicher Blutgeruch, der sich mit den modrigen Ausdünstungen des alten Gemäuers mischte.
Die Szenerie lief ab, wie in einem schlechten Film: Bavarois nahm Mafro wahr, der im Rahmen der Tür nach nebenan stand und auf einen der Männer des Sondereinsatzkommandos einredete. Er sprach hektisch und hatte rote Flecken am Hals und auf den Wangen. Von oben hörte er die Notärzte eintreffen, vernahm, wie sie sich schnell, aber professionell um den angeschossenen Fanon kümmerten.
Dann fiel sein Blick auf den Boden. Voller Entsetzen betrachtete er den geschundenen Leib Patricia Kaplans, des letzten Opfers des Monsters. Nackt war sie an ein Kreuz genagelt, das so groß war, dass Manet es diagonal in den Raum hatte legen müssen. Davor lagen ein paar zerschnittene, blutverschmierte, achtlos beiseite geworfene Seile. Augenscheinlich hatte Manet keinen Gedanken daran verschwendet, wie er das Kreuz wieder hier herausschaffen wollte. Patricia Kaplan hatte aus der Nase geblutet, Augen und Mund waren verquollen. Die linke Hand war noch frei; ein Druckluftnagler lag in Griffweite; offenbar hatten sie ihn diesmal bei der Durchführung seines perversen Strafrituals gestört.
Sein Blick schweifte über die Fotos und blieb an einem hängen. Es war hier, in diesem Raum aufgenommen, von der Tür her. Es zeigte eine junge Frau, die mit Klebeband an den abgewetzten Bürostuhl fixiert war, der jetzt wie ein zerbrochenes Ding aus einer anderen, albtraumhaften Welt in eine Ecke des Raumes gerollt stand. Manet musste das Bild mit Selbstauslöser aufgenommen haben, denn im Vordergrund sah man ihn selbst von hinten, den sehnigen Rücken unter einem dunkelgrünen Hemd gekrümmt, wie er sich mit irgendetwas, das nur verschwommen erkennbar war, an der gekreuzigten Patricia Kaplan zu schaffen machte. Das junge Mädchen auf dem Bürostuhl starrte mit angstgeweiteten Augen auf das Geschehen direkt zu ihren Füßen, auf das dämonische Treiben des Facebook-Killers, hinab.
Wie ein Schwall Eiswasser traf Bavarois die Erkenntnis, dass Manet die andere junge Frau, in der er Mafros Exfreundin zu erkennen glaubte, gezwungen hatte, Kaplans Martyrium mit anzusehen. Er wollte sich gerade abwenden, da bewegte sich die linke Hand Kaplans kaum merklich, zugeschwollene, aufgesprungene Lippen öffneten sich Bruchteile von Millimetern, und die junge Hotelfachfrau gab ein unartikuliertes, fast unhörbares Krächzen von sich.
Mit zwei weiten Schritten war Bavarois an der Tür zum Vorraum.
„Doktor, schnell! Sie lebt!“
Danach ging alles sehr schnell. Mit professioneller Effizienz nahmen die Notfallmediziner Patricia Kaplan vom Kreuz ab. Das ähnelte erschreckend einer modernen Pieta. Manet in seinem religiösen Wahn hätte vermutlich seine Freude gehabt. Sie wurde schließlich im selben Rettungshubschrauber ausgeflogen wie Franck Fanon.
Als alles vorbei war, als sich der Spuk gelegt und das Einsatzkommando das Sommerhäuschen verlassen hatte, ließ sich René Bavarois in den perversen Zuschauerstuhl des Facebook-Killers sacken. Er konnte sich nicht erinnern, sich je so erschöpft gefühlt zu haben wie in diesen Sekunden.
Erst dann entdeckte er den Laptop, der auf der Werkbank in Manets Folterkeller stand. Commandant Bavarois schloss kurz die Augen und holte tief Luft.
Er schaltete die Webcam aus.
Dann fuhr er den Laptop herunter und packte ihn als Beweismaterial ein.
Der Facebook-Killer war endlich offline.
17
Endspiel
21.3.2011, 14:22
Hôpital Bichat
46, Rue Henri Huchard
Paris
„Danke, Schwester“, lächelte Kris Manet. „Für Ihre sanften Hände hätten Sie wirklich einen Orden verdient.“
Die Schwester an seinem Bett war seit einem knappen
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