Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
war.
Gerade als er an sie dachte, berührte jemand behutsam seinen Arm. Sein Blick folgte der Berührung und registrierte mit äußerstem Missfallen, dass er eines dieser lächerlichen blauen Krankenhaus-Flügelnachthemden trug. „Wie geht es Ihnen?“, fragte Geza, die an seinem Bett saß, sanft.
„Es geht so“, antwortet er wahrheitsgemäß.
Eine Weile lang waren das rhythmische, gleichförmige Tropfen der Infusion an seinem Bett und das leise Brummen des Heizkörpers das einzige Geräusch im Raum. Dann sagte die Wölfin unvermittelt:
„Man soll es in Stücke zerhauen, und der Priester soll sie samt dem Kopf und dem Fett auf das Holz und Feuer, das auf dem Altar ist, legen.“
„Wie bitte?“, fuhr Mafro auf.
„3. Mose 1, 12. Ich habe das gegoogelt.“ Sie zog ihr Smartphone aus der Tasche und schwenkte es. „Das Zitat ist Teil der sogenannten Ritual- und Opfergesetze, die Mose im Levitikus, seinem dritten Buch, dem Volk Israel mitgibt.“
„Wir haben es also mit einem durchgeknallten, bibelfesten Frauenhasser zu tun“, knurrte Mafro und sackte in seine Kissen zurück.
„Nicht unbedingt.“
„Wie meinen Sie das?“
„Vielleicht geht er auch nur gern ins Kino oder liest Krimis“, erläuterte die Wölfin. „Das Zitat ist nämlich nicht gerade originell.“
„Inwiefern?“
„Na ja, sagt Ihnen der Name Stieg Larsson etwas?“
„Ist das der dänische Koch aus der Muppets-Show?“, versuchte Mafro wenig inspiriert zu scherzen.
„Ach ja, ich vergaß – Sie lesen ja nur Stephen King“, spöttelte Geza. „Stieg Larsson, eigentlich Karl Stig-Erland Larsson, war ein schwedischer Journalist, Schriftsteller und Herausgeber des antirassistischen Magazins Expo, der durch die posthume Veröffentlichung dreier Kriminalromane, der sogenannten ‚Millennium-Trilogie‘, international bekannt wurde. Die Bücher sind inzwischen verfilmt, und Hollywood arbeitet gerade an einem Remake mit Daniel Craig. Darin mordet ein sexualpathologisch gestörter Neonazi reihenweise Frauen und hinterlässt Bibelzitate bei den Leichen.“
Mit hohler Stimme fragte Mafro: „Kommt darin auch 4. Mose 15, 36 vor?“
Die Wölfin bemühte erneut ihr Smartphone.
„Da führte die ganze Gemeinde ihn hinaus vor das Lager und steinigten ihn, dass er starb, wie der Herr dem Mose geboten hatte“
, murmelte sie nach einer Weile. Rasch überprüfte sie ein paar weitere Internet-Seiten. „Nein“, beschied sie ihn dann, „die Zitate bei Larsson sind alle aus dem Levitikus, während Ihres aus Numeri stammt, dem 4. Buch Mose. Wie kommen Sie auf dieses Zitat? Ist das die Bibelstelle, die auf der Frauenleiche in den Katakomben gefunden wurde?“
Seine Antwort war so leise, dass sie sie kaum verstehen konnte.
„Ja. Das war das Zitat, das ihr Mörder mit ihrem Blut auf ihren geschundenen Körper geschrieben hatte. Nur die Belegstelle ... er schreibt den Text nie aus.“ Bitter setzte er hinzu. „Dafür wäre auch gar kein Platz gewesen ... die Kleine war viel zierlicher als die Frau von gestern Abend.“
Wieder herrschte langes, drückendes Schweigen im Krankenzimmer. Mafro brach es schließlich mit der Frage, die ihn quälte, seit er in der Rue Maurice Ripoche den ersten Blick auf den Ausdruck mit der Bibelstelle geworfen hatte.
„Glauben Sie, das ist derselbe Typ? Der, der Nadine Weill zu Tode gesteinigt hat? Und hat er vielleicht auch Kyl erschossen, weil der ihm zu nahe gekommen war? Glauben Sie … glauben Sie, er ist zurück?“
„Ich bin nicht sicher, ob er je weg war. Aber dass es sich um denselben Täter handelt, davon würde ich fest ausgehen, ja, Commissaire Fronzac“.
„Commissaire Fronzac?“, wiederholte er. „Bleiben Sie doch bei Mafro ... ich mag es wie Sie das sagen“, murmelte er
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