Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
wirkenden altertümlichen Schreibtisch aus dunklem Holz Platz zu nehmen. Kaum hatte Mafro die Tür hinter den dreien geschlossen, bückte Bavarois sich zu einer abgeschabten, altmodischen Lederaktenmappe, die an dem wuchtigen Schreibmöbel lehnte, und entnahm ihr einen aus vier Schnellheftern bestehenden Unterlagenstapel. Drei davon reichte er Geza, den vierten, schmalsten, der offenbar mit einem aus Gezas Packen identisch war, Mafro.
„Das sind für Sie, Doktor Wolf, die Fallakten Weill und Brousse, und dazu in doppelter Ausführung das, was wir zu der Flugbegleiterin von gestern Nacht bisher haben.“
Mafro nickte; Geza antwortete: „Ich schaue mir die Sachen gleich an.“
„Das wird warten müssen“, sagte Bavarois. „Sie setzen sich jetzt in einen Dienstwagen und fahren raus in den Bois de Boulogne. Dort haben zwei junge Leute vor drei Stunden eine stark verweste weibliche Leiche gefunden. Erhängt. Die Spurensicherung ist vor Ort. Kümmern Sie sich darum.“
Als Bavarois aufsah, begegnete er den fragenden Blicken Gezas und Mafros.
„Es gibt ein Bibelzitat“, setzte er hinzu. „Damit haben wir einen Serientäter, nicht mehr nur persönliches Interesse.“
Geza sah ihn mit leicht schief gelegtem Kopf an. „Wissen wir schon, welches Zitat es diesmal ist?“
„Nein, ich habe nur kurz mit dem leitenden Kriminaltechniker dort telefoniert. Aber jetzt haben wir drei tote Frauen mit frommen Sprüchen, davon zwei innerhalb von 24 Stunden ... ich denke, das rechtfertigt jeden Aufwand, den die DSCS treiben kann.“
„Haben wir das?“, fragte Geza. „Sicher, das Zitat bei allen Leichen legt das nahe, aber wir haben drei unterschiedliche Tötungsarten. Das sollten wir nicht außer Acht lassen, Monsieur le Commandant.“
„Sie haben natürlich recht“, räumte Bavarois ein und nahm nun doch hinter seinem Schreibtischmonster Platz. „Üblicherweise variieren Serienmörder ihre Tötungsmethode nicht.“
„Genau, denn das Töten kommt in ihrer verdrehten Weltsicht zumeist einer rituellen Handlung gleich, hat also etwas Quasireligiöses an sich“, nickte Geza. „Mir scheint es etwas voreilig, ausschließlich anhand der Zitatfunde auf einen Serientäter zu schließen.“
„Sehen Sie es sich an und setzen Sie sich dann mit den Akten der zurückliegenden Fälle auseinander“, beendete Bavarois das Gespräch. „Dann hätte ich gerne Ihre abschließende Einschätzung zu dieser Frage. Worauf warten Sie? Hopp, hopp.“
Die beiden beeilten sich, sein Büro zu verlassen. Als Geza gerade mit Mafro hinaus wollte, rief René Bavarois sie nochmals zurück. „Das mit Mafro ... dass er wieder da ist“, sagte er leise, „das war gute Arbeit. Ich danke Ihnen.“
Während der Dienstrenault von der Ile de la Cité ans Südufer hinüber rumpelte, beglückwünschte sich Geza innerlich selbst dazu, an diesem Tag praktischere Kleidung gewählt zu haben. Sie trug schwarze Jeans, eine schwarze Lederjacke und darunter eine alte, kuschlige, steingraue Söhne-Mannheims-Kapuzenjacke, die sie in einem Anfall von Lokalpatriotismus eingepackt hatte und die ihr am Morgen ideal zu dem launischen Wetter passend erschienen war. Allerdings hatte sie bei einem kritischen Blick in den Spiegel eingestehen müssen, dass sie rein optisch durchaus auch auf der anderen Seite des Gesetzes hätte stehen können.
Auf der weiteren Fahrt in den Bois de Boulogne blätterte Geza in den Akten. Mafro steuerte derweil konzentriert auf dem Quai Voltaire westwärts durch den dichten Pariser Mittagsverkehr. Sie hielt im Aktenstudium inne, klappte die Sonnenblende herunter und musterte ihr Gesicht in dem kleinen Kosmetikspiegel, der dort integriert war. Offenbar ging man bei zahlreichen großen
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