Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
Augenhöhe mit ihm reden konnte. „Bavarois?“, fragte sie.
„Ja. Er wollte sich erkundigen, ob wir schon etwas wissen.“
„Und was wissen wir?“
„Ich zumindest weiß jetzt, warum die Jungs in diesem gottverlassenen Winkel des Waldes herumgeturnt sind.“
„Verraten Sie’s mir?“
„Die beiden sind Geocacher. Sie wissen, was das ist?“
„Klar, habe ich selbst im Neckartal schon gemacht“, sagte Geza. „Geocaching ist eine moderne Form der Schatzsuche, so eine Art Schnitzeljagd. Ausgestattet mit einem GPS-Empfänger und den Koordinaten eines Caches, also eines Verstecks, aus dem Internet sucht man die Schätze, die jemand anderes an ungewöhnlichen Plätzen versteckt hat.“
„Genau. Die beiden – sie sind übrigens Kommilitonen, studieren beide BWL und Spanisch an der Sorbonne – betrieben das schon eine ganze Weile und dachten eigentlich, sie hätten alle Stashs – so nennen sie die Schätze – hier im Bois längst gefunden. Aber dann tauchte auf ihrer Stammwebsite, der sie normalerweise ihre Koordinaten entnehmen, gestern Abend dieser neue Cache auf. Er war als sogenannter Rätseltrail angepriesen, also als etwas anspruchsvollere Angelegenheit, bei der man oft mehrere dicht beieinander liegende Verstecke finden, zwischendurch für den nächsten Fundort Rätsel lösen muss und so weiter. Daraufhin sind sie heute Morgen direkt los.“
„Gestern Abend erst? Aber die Leiche hängt hier seit .... Monaten“, wandte Geza ein. „Was ergibt das denn für einen Sinn?“
„Wenn Sie mir diese Frage beantworten können, sind wir einen guten Schritt weiter, Frau Doktor“, sagte Mafro.
Geza wandte sich geistesabwesend von ihm ab und wieder der Leiche zu.
„Noch etwas“, sagte Mafro zu ihrem Rücken. „Aufgrund der Flut neuer Caches, die auftauchen, seit sich dieses Hobby immer größerer Beliebtheit erfreut, sind einige ambitioniertere Geocacher dazu übergegangen, ihren Caches Namen zu geben, um sie interessanter für andere Cacher zu machen, vor allem, wenn es sich um komplexere Caches handelt.“
Die Wölfin drehte sich halb zu ihm um.
„Lassen Sie mich raten – dieser hier hat einen Namen?“
„Auf Anhieb richtig.“
„Wie heißt er?“
Mafro zögerte. Dann sagte er düster:
„2. Samuel 21, 9.“
Zwischenspiel 1
Alle Rollläden waren heruntergelassen. Er allein bestimmte in seiner Wohnung, wann Tag und wann Nacht war.
Er polierte seine Brille und setzte sie akkurat auf seine Nase. Vor dem großen Spiegel im Bad fuhr er sich prüfend mit der Hand durchs Haar. In der Küche schenkte er sich ein Glas guten Rotweins ein, ging hinüber ins Wohnzimmer, setzte sich in seinen schwarzen Lieblingsledersessel und prostete seiner verstorbenen Frau Marie-Ange zu. Sieben Tage zuvor war sie ihm entkommen, war in ihren Wagen gesprungen und hatte versucht zu fliehen, doch er hatte mit seinem geliebten Peugeot 4007 die Verfolgung aufgenommen. Quer durch den Regionalpark Vexin hatte er sie gejagt. Mitten in der Nacht. Nach Paris hatte sie offenbar zurückgewollt, er vermutete, zur Polizei. Auf der Autobahnbrücke, wo die A 15 aus Osten kommend über die Seine führte, waren Bauarbeiten gewesen … er hatte sie durchs provisorische Geländer gedrängt. Sie hatte es nicht anders verdient. Die Hure. Die Dreckfotze. Warum hatte sie ihn auch betrügen müssen? Sie war doch seine Frau, und er war ihr Mann. Du sollst nicht ehebrechen – so stand es geschrieben. Er hatte sie so sehr geliebt, sie vergöttert wie seine Mutter, die in seiner Kindheit immer zu ihm gehalten hatte, wenn sein betrunkener Vater ihn schlug. Mit der Faust. Mit dem Gürtel.
Vor ziemlich genau fünf Jahren hatte er Marie-Ange geheiratet. Er wusste es noch wie heute … ein
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