Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
sehr blass um die Nase waren, und redete augenscheinlich beruhigend auf sie ein. Zwei Tatortfotografen der Spurensicherung erhellten den Waldschatten schlaglichtartig mit ihren Blitzgeräten und hielten die Szenerie aus allen nur denkbaren Blickwinkeln digital für die Nachwelt fest. Ein weiterer Mitarbeiter der Spurensicherung, den Mafro kannte, ein komplett kahlköpfiger Schlacks namens Raphaël, streifte sich drüben beim Van gerade den Overall und die Überschuhe aus leichtem weißen Kunststoff über, die eine Kontamination des Tatorts mit Fremdmaterial verhindern sollten.
Geza zückte ihr iPhone und machte selbst ein paar Schnappschüsse. Während sie sich der Leiche noch weiter näherte, kramte sie aus einer der vielen Taschen ihrer Lederjacke ein kleinformatiges schwarzes Moleskin heraus, an dem in einer Schlaufe ihr geliebtes Montblanc Masterpiece klemmte. Mafro sah ihr bewundernd nach, wie sie sich entschlossenen Schrittes dieser wirklich abscheulichen Leiche näherte. Dann riss er sich von dem Anblick los und schlenderte zu Clément und den beiden jungen Männern hinüber. Sie nickten ihm halbherzig zu, als er sich zu dem Trio gesellte. Der jüngere der beiden war leichenblass. Der Ältere sah aus, als habe er geweint. Ihr grausiger Fund hatte beide extrem mitgenommen.
Geza war derweil unter der Leiche angekommen und sah zu ihr hinauf. Ihre Knöchel – oder was davon übrig war – baumelten in etwa auf Kopfhöhe der Wölfin. Die Frau hatte dunkles Haar gehabt, so viel ließ sich erkennen. Man hatte sie erhängt; ihre Hände waren mit einem Stück desselben dicken Hanfseils, an dem sie hing, auf den Rücken gebunden. Geza sah Überreste eines geblümten Sommerkleids, dessen Farbe nicht mehr auszumachen war. Irgendwie hatte sie das Gefühl, die Überreste einer jungen Frau vor sich zu haben, wahrscheinlich sogar jünger als sie, auch wenn sie nicht hätte sagen können, was sie zu dieser Annahme veranlasste. Ansonsten war nicht viel zu erkennen. Wind, Wetter und Tierfraß hatten gemeinsam dafür gesorgt, dass diese Identifikation wahrscheinlich alles andere als einfach werden würde.
Sie sah hinüber zu Mafro, der mit den beiden jungen Männern sprach. Er trug einen grauen Wollwintermantel, für den er eigentlich zu jung war. Aber so frisch geduscht und rasiert, hoch aufgerichtet, mit klarem Blick und energischen Bewegungen, wie er da am Morgen in der Präfektur erschienen war, war er ein ganz anderer Mensch als das larmoyante, selbstmitleidige, sich in den Alkohol flüchtende Wrack, das sie kurz vor Weihnachten kennengelernt hatte. Sein Haar hatte er wieder wachsen lassen; Geza fand das schade, denn sie hatte den Crewcut gemocht. Sie ertappte sich dabei, wie sie Sympathie für den französischen Kollegen empfand. Sie mochte die Laissez-faire-Haltung, die er an den Tag legte ... außer wenn es um den Fall, wenn es um Kyls Tod ging. Nun hatte er offenbar genug gehört und kam zu ihr herüber. Sein Gesichtsausdruck war sorgfältig neutral – er ließ sich, was Emotionen anging, immer weniger in die Karten schauen, je stärker er in sein altes Leben zurückfand. Geza ging ihm ein paar Schritte entgegen; sie wollte nicht direkt unter der sanft im Wind schwingenden Leiche mit ihm reden müssen. Dann klingelte sein Handy, und er machte eine Geste, die ihr bedeutete, Abstand zu halten, bis er telefoniert hatte. Er fischte das Samsung aus der Tasche, nahm den Anruf entgegen und entfernte sich beim Reden wieder ein Stück.
Als er aufgelegt und das Telefon wieder in die Manteltasche gesteckt hatte, trafen sie sich ein Stück abseits auf einer schlammigen Wiese. Instinktiv achtete Geza darauf, etwas erhöht zu stehen, damit sie auf
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