Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
wunderbarer Frühlingstag war es gewesen. Wie aus dem Bilderbuch. Sie hatte eine romantische Ader, was ihm sehr gefiel, und so hatte sie auf dieses besondere Datum bestanden. Der Dritte Dritte Drei. Das war typisch für Marie-Ange. Er hätte sie auch an jedem anderen Tag geheiratet, aber wann immer er ihr einen Wunsch von den Lippen ablesen konnte, hatte er ihr diesen erfüllt, und offensichtlichen Wünschen seiner Frau hätte er niemals widersprochen. Niemals. Sie war sein Augenstern gewesen. Er war gut sechs Jahre älter als Marie-Ange, und beide hatten sie schon gemeinsam das Lycée Henri IV im Quartier Latin besucht und einander dort auch kennen gelernt. Nie würde er den Tag vergessen, als sie ihm das erste Mal auf dem Pausenhof zugezwinkert hatte. Er war in der Oberprima gewesen und sie in der siebten Klasse. Er hatte hinterher nächtelang nicht geschlafen und … und sich angefasst im Bett.
Nachdem er sein Abitur mit Bravour bestanden hatte und die Schule verlassen musste, hatten sie den Kontakt verloren, doch wenige Jahre später hatten sie einander zufällig auf der Geburtstagsfeier eines gemeinsamen Bekannten wieder getroffen. Karim, der damals Oberstufensprecher gewesen war. Seine jüngere Schwester war in Marie-Anges Klasse gegangen, und er war mit Karim im selben Fitness-Studio gewesen. Von da an hatten sie viel und regelmäßig Kontakt gehabt, und bald war auch schon die Liebe zwischen den beiden erwacht. Ihm war es immer egal gewesen, dass Marie-Ange so viel jünger war als er, und sie hatte gesagt, mit jungen Typen ihres Alters könne sie nichts anfangen. Eigentlich war sie seine erste große Liebe gewesen, obwohl er schon für viele andere Mädchen und Frauen geschwärmt hatte, und schnell war ihm klar geworden, dass er sie nie wieder hergeben wollte. Das hatte er ihr auch gesagt. Er hatte Angst gehabt, sie könne ihn auslachen, aber sie hatte nur genickt, auf ihre ganz eigene, ernsthafte Art.
Nach einiger Zeit waren sie in ihre erste gemeinsame Wohnung gezogen und hatten von Kindern geträumt, doch dieser Wunsch sollte ihnen verwehrt bleiben. Sie hatten sich beide untersuchen lassen, waren von Arzt zu Arzt gezogen, aber bei beiden gab es keine physischen Ursachen für die Kinderlosigkeit. Sie hatten es weiter versucht, bis es krampfhaft geworden war, bis sich ihr ganzes Leben irgendwann nach Marie-Anges fruchtbaren Tagen gerichtet hatte, aber ohne Erfolg. Marie-Ange hatte sehr unter dieser Tatsache gelitten, doch für ihn war es das Wichtigste gewesen, mit ihr zusammen zu sein, und so hatte er sich relativ bald mit den Umständen abgefunden. Ganz anders Marie-Ange. Sie hatte angefangen, im Bett experimentieren zu wollen.
Seine verklemmte Sexualität, die er wohl seiner verkorksten Kindheit verdankte, führte von Zeit zu Zeit zu Spannungen, aber ansonsten hatte es nie nennenswerte Probleme gegeben. Klar, sie hatte damals schon von offener Beziehung geredet, aber das hatte er einfach höflich, aber bestimmt abgelehnt. Dann hatte er ihr seinen Antrag gemacht, so richtig schön altmodisch mit Rose und Niederknien und Ringüberreichen. Nach der Hochzeit waren sie in ein schönes Häuschen in der Nähe des Jardin du Luxembourg gezogen und hatten ein unbeschwertes Leben geführt. Es hatte ihnen an nichts gefehlt. Zwei Autos, im Sommer Flugreisen, im Winter Skiurlaub in der Schweiz.
Er war selbstständiger Programmierer gewesen und seine geliebte Frau mittlerweile Lehrerin an ihrer alten Schule. Gleich nach dem Eintritt ins Lehrerkollegium war sie Vertrauenslehrerin geworden. Sie hatte damit geliebäugelt, den stellvertretenden Direktor in seinem Posten zu beerben, der nur
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