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Der Facebook-Killer

Der Facebook-Killer

Titel: Der Facebook-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hoffmann , Thommy Mardo
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hinter Gittern kommt. Aber wir werden ihm vor allem eine gute Therapie besorgen und sicherstellen, dass er mit angemessenen Psychopharmaka versorgt ist.”
    Nadine Eude schüttelte den Kopf. Der Rest des Interviews, etwa drei Minuten allgemeines Blabla darüber, dass die gesamte Pariser Polizei natürlich mit allen verfügbaren Kräften an der Lösung des Falles arbeitete, das in einer fast schon euphorischen Verabschiedung Fronzacs gipfelte, rauschte an ihr vorbei, doch sie nahm es nicht mehr richtig wahr.
    Sie hatte selten eine falschere psychologische Einschätzung eines Täters gehört als die, die Fronzac da eben von sich gegeben hatte. Unwillkürlich fragte sie sich, wie Mafro wohl auf dieses schmale Brett kam. Von seiner hochgeschätzten Dr. Wolf konnte er diesen Quark jedenfalls nicht haben. Nadine mochte die deutsche Kollegin nicht und war nicht in allen fachlichen Details ihrer Meinung, anerkannte aber deren hohe Professionalität in ihrem Fach.
    Jedenfalls lag Mafro komplett daneben. Dass der Mann, den die Medien den Facebook-Killer nannten, überdurchschnittlich intelligent war, daran konnte es nach Dr. Eudes Einschätzung keinen Zweifel geben. Dafür sprachen schon sein umfassendes Wissen um Interna der Ermittlungsbehörden und die schlichte Tatsache, wie lange er schon unbehelligt in der Stadt sein Unwesen treiben konnte.
    Und ein armes Würstchen? Keineswegs. Nach Nadine Eudes Einschätzung war der Facebook-Killer eher ein wütender Stier.
    Und Mafro war der Torero, der durch seine herablassenden Worte im Fernsehen soeben mit einem roten Tuch vor seiner Nase herum gewedelt hatte.

    „Vielen Dank für dieses Gespräch, Commissaire Fronzac. Sie haben dazu beigetragen, dass Millionen Franzosen ruhiger schlafen können.”
    „Sehr gerne.“
    Das Kameraauge konzentrierte sich wieder ganz auf Claire Chazal, und Mafro erhob sich, um seitwärts aus dem sichtbaren Bereich des Nachrichtenstudios herauszutreten. Sofort war eine junge Tonassistentin da und half ihm, das winzige anclipbare Mikrofon vom Revers seines Jacketts zu lösen.
    „Das war ziemlich gute Arbeit”, sagte die Wölfin. Sie hatte in den dunklen Randbereichen des Studios auf ihn gewartet. Es war ihr wichtig gewesen, das Interview mit Claire Chazal nicht selbst zu führen. Solange ihr nicht klar war, warum der Mann, den sie jagten, am Telefon so unbedingt mit ihr hatte sprechen wollen, legte sie keinen gesteigerten Wert darauf, sich noch stärker in seine Schusslinie zu bugsieren.
    Mafro fuhr sich müde mit den Händen durchs Gesicht. „Danke. Ich bin trotzdem froh, dass es vorbei ist. Glauben Sie, er hat es gesehen?”
    „Ich denke schon.“
    Sie begleitete Mafro zur Garderobe, wo er neben seinem Mantel auch das Unterachselholster mit seiner Dienstwaffe ausgehändigt bekam. Fast schon automatisch zog er die Waffe, nachdem er das Holster wieder umgeschnallt hatte, und prüfte sie kurz, ehe er sie wieder wegsteckte. Er gedachte, sich erst wieder von ihr zu trennen, wenn dieser sogenannte Facebook-Killer hinter Gittern saß.

Zwischenspiel 3
    Die Schläge waren hart und unerbittlich. Der alte braune Ledergürtel traf seinen Rücken, seinen nackten Hintern, sandte Woge um Woge des Schmerzes durch seinen Körper.
    Seine eigenen Schreie hallten in seinen Ohren wider. Das Flehen seiner Mutter, vergeblich, weinerlich, nutzlos. Sie beschwor den Vater aufzuhören, ein ums andere Mal, versuchte, zu ihm durchzudringen, aber er reagierte nicht, er sagte kein einziges Wort.
    Er schlug und schlug und schlug.
    Die Wut glomm in ihm und nahm ihm die Sprache. Da war Bier in seinem Atem und Pastis und Hass, so viel Hass, und der Rauch der Kippen, natürlich, der allgegenwärtigen Kippen, aber keine Sprache, kein Wort, keine einzige Silbe.
    Eine Welt aus Schmerz. Der Gürtel tanzte eine Mazurka auf seinem Kinderrücken. Tanzte und sprang in seinem eigenen, knallenden Rhythmus. Ließ blutige Striemen blühen … und es gab kein Entkommen.
    Wieder und wieder traf ihn der Gürtel, die beißende Lederzunge, mit der der väterliche Zorn sprach.
    Irgendwann wollte er auch gar nicht mehr weglaufen.
    Seine Mutter sah schweigend zu.
    Später dann: der Vater am Küchentisch, Feinripp und Cordhosen, verschwitzt von den Mühen seiner Erziehung, verhüllt vor den Augen von Frau und Kind von den blauen Rauchschwaden der Gitanes Mais im Nachmittagslicht. Der Junge, verkrümmt und schluchzend, zusammengerollt in der Ecke auf dem fettfleckigen, braunen, abgetretenen

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