Der Fälscher aus dem Jenseits
kaufen. Sie braucht dazu einen Mittelsmann, und da hat sie an Sie gedacht.«
»An mich?«
»Sie würden ihr eine Freude machen, wenn Sie diesen Ankauf aushandeln würden.«
Mehr war nicht nötig, um Rohan zu überzeugen. Seine Leichtgläubigkeit mag unglaublich erscheinen, doch
lässt sie sich zum großen Teil durch den Ruf der Königin erklären. Allgemein war bekannt, dass sie leichtfertig und verschwendungssüchtig war und jederzeit die kostspieligsten Extravaganzen beging. Über sie kursierten die verrücktesten Gerüchte. Erzählte man sich nicht, dass ein ganzer Raum im Trianon, das der König für sie bauen ließ, mit Diamanten tapeziert sei? Dass sie Frankreich mehr gekostet habe als alle Favoritinnen Ludwigs XV. zusammen?
Am 21. Januar 1785 kehrte Madame de La Motte-Valois zu Böhmer zurück. Sie erklärte ihm, dass die Königin sein Halsband kaufen wolle, mit Kardinal Rohan als Mittelsmann. Man einigte sich auf die Summe von 1 600 000 Livres, zahlbar in vier Raten über zwei Jahre hinweg, wobei die erste am kommenden 1. August fällig war.
Anschließend ging alles glatt über die Bühne. Kardinal Rohan händigte Böhmer am 29. Januar einen eigenhändig geschriebenen Brief aus, in dem die Abmachung festgehalten war. Die Gräfin de La Motte-Valois nahm ihn entgegen und brachte ihn ein paar Tage später zurück mit der Notiz: »Einverstanden, Marie Antoinette, Königin von Frankreich«. Nun konnten die Juweliere das Halsband dem Kardinal aushändigen, der es wiederum der Gräfin de La Motte-Valois übergab. Diese erschien in Begleitung von Rétaux de Vilette, welcher einige Zeilen in der Handschrift der Königin überbrachte, die den Ankauf des Schmucks bestätigten. Kardinal Rohan erkannte den Mann wieder, der nachts im »Hain der Venus« aufgetaucht war. Wenn er noch einen letzten Zweifel gehegt hatte, so war dieser damit verflogen.
Nachdem die drei Komplizen wieder allein waren, kam der Moment des Triumphes. Rétaux, Jeanne und der Graf zerlegten das Halsband mit einem Messer und bewunderten ihre Beute. Die sechshundertsiebenundvierzig Steine, alle von außergewöhnlicher Qualität, lagen vor ihnen. Wahrscheinlich war das der größte Diamantendiebstahl aller Zeiten.
Monsieur de La Motte versuchte, die Diamanten an die Pariser Juweliere zu verkaufen, und genau dabei wäre es fast zur Katastrophe gekommen. Für solche Kostbarkeiten verlangte er nämlich so lächerliche Preise, dass die Händler die Polizei informierten, die ihn verhaftete. Da jedoch kein Schmuckdiebstahl gemeldet worden war, ließ man ihn wieder frei.
Daraufhin hielt er es für vorsichtiger, nach England zu fahren, um dort die Ware abzusetzen. Auf diese Weise veräußerte er für 240 000 Livres beschädigte Diamanten, die so aussahen, »als seien sie aus einem Schmuckstück herausgebrochen«. Auch hier meldeten das die Juweliere der französischen Botschaft, doch verfolgte man auch hier den Fall nicht weiter, weil kein Diebstahl angezeigt worden war.
So kehrte der Graf mit einem Vermögen in der Tasche nach Frankreich zurück. Jeanne de La Motte-Valois verließ Versailles und zog mit ihm in ihre Heimatstadt Bar-sur-Aube, wo sie ein fürstliches Leben führten. Sie kauften Karossen, Pferde und Möbel, die sie in zweiundvierzig Fuhrwerken aus Paris kommen ließen. Sie gaben märchenhafte, phänomenale Feste, die mit denen bei Hofe konkurrieren konnten, jedoch ohne dass irgendjemand den geringsten Verdacht schöpfte.
Bei Hofe ging das Leben weiter, nur wunderte sich der Juwelier Böhmer ein wenig darüber, dass Marie Antoinette sein Halsband nie trug. Als er ihr am 12. Juli 1785 ein Schmuckstück überbrachte, nutzte er das, um ihr ein paar Zeilen zu geben, in denen er auf ziemlich geschraubte Weise seiner Verwunderung Ausdruck gab. Die Königin nahm den Zettel zerstreut entgegen, las ihn jedoch erst, nachdem er gegangen war: »Madame, wir sind von Glück überwältigt, hoffen zu dürfen, dass die letzten Übereinkünfte, die uns unterbreitet wurden und denen wir voller Eifer und Respekt nachkamen, ein weiterer Beweis für unsere Ergebenheit und Unterwerfung unter die Befehle Ihrer Majestät sind. Und mit echter Befriedigung denken wir, dass der schönste Schmuck auf Erden der größten und herrlichsten aller Königinnen dient.«
Marie Antoinette begriff natürlich kein Wort davon und fragte ihre erste Kammerzofe, Vertraute und Freundin, Madame Campan, ob sie da vielleicht klarer sähe. Doch auch Madame Campan gestand ihre
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