Der Fälscher aus dem Jenseits
Frankreichs, zu ihm gekommen war, um das Halsband für die Königin zu kaufen. Marie Antoinette tobte vor Wut.
»Wie konnten Sie so etwas glauben, wo doch jeder weiß, dass ich den Kardinal nicht sehen will?«
»Er hat Sie nur ein einziges Mal getroffen, Majestät, als Sie ihm die 35 000 Livres Zinsen ausgehändigt haben. Ansonsten hat die Gräfin de La Motte-Valois als Mittelsperson zwischen ihm und Ihnen gedient.«
»La Motte-Valois?«
»Eine Nachfahrin König Heinrichs II., Majestät, Ihre Vertraute.«
»Den Namen höre ich zum ersten Mal...«
Verdutzt über das, was sie einen »seltsamen Roman« nannte, bat Marie Antoinette Böhmer, alles in einer Denkschrift zusammenzufassen. Er brachte sie ihr am 12. August und sie überreichte das Papier sofort dem König. Damit war die Maschinerie in Gang gesetzt.
Sowohl die Umstände als auch die unglaubliche Naivität aller Beteiligten sicherten dem Skandal einen unerhörten Widerhall.
Am 15. August rief Ludwig XVI. den Minister für den königlichen Haushalt Breteuil, den Siegelbewahrer Miromesnil und die Königin zu einem geheimen Rat zusammen. In seiner Eigenschaft als Großalmosenier Frankreichs hatte Kardinal Rohan eben erst das Hochamt zu Mariä Himmelfahrt gefeiert und nun wartete er, noch im Ornat, zusammen mit dem ganzen Hofstaat in der Spiegelgalerie.
Marie Antoinette sprach zuerst. Sie verlangte, den Kardinal sofort wegen Meineids verhaften zu lassen, weil er nie gesehen haben konnte, wie sie das Geld nahm, um es ihm auszuhändigen. Breteuil, der Rohan hasste, war derselben Meinung. Miromesnil war dafür, Vorsicht walten zu lassen, Ludwig XVI. ebenso.
»Wäre es nicht ratsam, ein bisschen zu warten? Heute könnte das einen unerfreulichen Eindruck machen.« Doch Marie Antoinette war außer sich. Sie tobte, schrie und weinte. Der König hatte ihr noch nie widerstehen können, wenn sie sich so verhielt, und befahl: »Man lasse den Großalmosenier kommen!«
Es war elf Uhr. In seinen Prunkgewändern erschien Rohan im Kabinett des Königs. Dieser stellte ihn gleich zur Rede.
»Haben Sie von Böhmer Diamanten gekauft, mein Vetter?«
»Ja, Sire.«
»Was haben Sie mit ihnen gemacht?«
»Ich dachte, man habe sie der Königin übergeben.«
»Wer hat Sie damit beauftragt?«
»Eine Dame, die sich Gräfin de La Motte-Valois nennt.«
Die Königin erstickte fast vor Wut.
»Wie konnten Sie nur glauben, wo ich seit acht Jahren kein Wort an Sie gerichtet habe, dass ich gerade Ihnen eine solche Verhandlung anvertraue, und das auch noch durch die Vermittlung dieses Weibes?«
»Ich sehe ein, dass ich grausam getäuscht wurde. Mein Bestreben, Ihrer Majestät zu gefallen, hat mich geblendet, sodass ich den Betrug nicht bemerkt habe. Ich werde das Halsband bezahlen.«
Der König nahm das Verhör wieder auf.
»Wo ist diese Frau?«
»Das weiß ich nicht, Sire.«
»Wo ist das Halsband?«
»Es befindet sich in ihren Händen.«
»Und wo sind die Briefe, die die Königin angeblich geschrieben hat?«
»Die habe ich. Ich werde sie Ihrer Majestät aushändigen.«
Ludwig XVI. schwieg. Man spürte, dass er zögerte, dass er trotz allem geneigt war, lieber abzuwarten, doch Marie Antoinette tobte jetzt förmlich. Sie schrie, brüllte und jammerte, dass Gerechtigkeit geschehe. »Verhaften Sie ihn, Majestät. Seine scheußlichen Laster müssen entlarvt werden! Frankreich und ganz Europa sollen davon erfahren!«
Vom Hass verleitet rief die Königin in diesem Moment ihren eigenen Untergang herbei. Sie sollte nämlich selbst zum Gegenstand des Skandals werden, nicht der Kardinal, für den sich niemand interessierte. Wenn man es sich recht überlegt, war an der Sache auch etwas dran. Wenn der Großalmosenier auf den Gedanken kam, dass die Königin bereit sein könnte, ohne Wissen des Königs die öffentlichen Finanzen zu ruinieren und mit ihm einen unanständigen Briefwechsel zu führen, lag das doch bestimmt an all dem, was er über sie gehört hatte! Gewiss, in der Halsband-Affäre war Marie Antoinette unschuldig, doch sie hätte schuldig sein können. Genau das sagte sich auch die öffentliche Meinung.
Ludwig XVI. ahnte das vielleicht, aber er war schwach und ließ seiner Frau wieder einmal ihren Willen. Er wandte sich an den Kardinal.
»Monseigneur, man wird Sie verhaften.«
Rohan wurde bleich wie der Tod.
»Hoheit! Ersparen Sie mir die Schande, vor den Augen des ganzen Hofstaates im Ornat verhaftet zu werden.«
»Dennoch muss es geschehen.«
Der Kirchenfürst hatte
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